Peugeot XP400: Maxi-Scooter im Offroad-Look

Der Peugeot XP400 ist ein Crossover-Maxi-Scooter, der Rollertechnik und Endurooptik vereint. Das hat Vor- und Nachteile. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preise.
Tadelloser Motor
Geringer Verbrauch
Hochwertige Verarbeitung
Zweiradhersteller Peugeot bringt mit dem XP400 das erste europäische Crossover-Modell im Rollersegment an den Start. Die Franzosen kreuzen mit ihrem ersten Großroller seit langer Zeit die Technikbasis eines Mittelklasse-Scooters mit der Optik eines geländegängigen Zweirads. Abgesehen vom Antrieb, der dem Dreiradler Metropolis entstammt, sind der XP400 Allure und sein aufgepeppter Bruder mit dem Zusatz GT eine komplette Neukonstruktion mit unzähligen speziell konzipierten Komponenten und Detaillösungen.
Polarisierendes Design

Dabei ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, ob einem die extrem kantigen Kunststoffteile und die sehr luftige Silhouette mit dem kupierten Heck zusagen. Polarisieren dürfte auch die Front mit dem angedeuteten Enduro-Schnabel unter der gewölbten Scheinwerferpartie, über der sich ein rauchgrau getöntes kurzes Windschild reckt. Die Tagfahrlichter ähneln dem typischen Peugeot-Pkw-Stil, auch das Heck zeigt die drei markanten Peugeot-Krallen.
Dabei hat der Rollerproduzent mit der Automobilmarke nicht mehr viel zu tun: Nachdem zuletzt der indische Mobilitätsgigant Mahindra die Mehrheit von Peugeot Motocycles hielt, befindet sich das Unternehmen seit Februar 2023 in deutscher Hand und gehört dem Investitionsspezialisten Mutares.
Beim XP400 macht die verwindungssteife Rahmenkonstruktion den rollertypischen Durchstieg zunichte, zum Aufsteigen muss wie beim Motorrad das Bein übers hohe Heck geschwungen werden. Das Polster ist knackig straff und bringt viel Stabilität über die Lehne zum Soziusplatz. Die breite, von zwei hohen Lenkerböcken geführte Lenkstange liegt gut in den Händen. Das bringt viel Geräumigkeit für den Oberkörper, während der knappe Abstand zwischen dem schmalen Trittbrett und der Sitzbank die Kniewinkel so gerade noch erträglich macht.
Bilder: Peugeot XP400





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Im Test: 36-PS-Motor

Wie in der gehobenen Mittelklasse mittlerweile üblich, verfügt der XP über einen zentralen Bedienknopf für Lenkschloss und Zündung, Tankdeckel und Sitzbankschloss besitzen eigene Tasten zur elektrischen Öffnung. Ein Druck auf den Anlasser erweckt die Kraftquelle zum Leben, mit 36 PS und 38 Newtonmeter Drehmoment ist der kurzhubige, 399-ccm-große Vierventil-Einzylinder nominell einer der stärksten Mittelklasse-Antriebe.
Dafür fällt die Startperformance ernüchternd aus – neue Homologationsvorschriften haben die Entwickler dazu gezwungen, den Antrieb im ersten Drehzahlviertel stärker an die Kandare zu nehmen. Nach der wenig spritzigen Anfahr-Vorstellung legt der Franzose durchzugsstark und nachdrücklich an Schub und Tempo zu. Tadellose Motormanieren wie die exakte Umsetzung von Gasgriffbefehlen und das Fehlen von Lastwechseln oder Vibrationen adeln ihn zum Feingeist. Die im WMTC-Zyklus ermittelten 3,8 Durchschnittsliter auf 100 Kilometer sind voll akzeptabel.
Sehr stabile Fahrdynamik
Eine echte Neuerung im Rollerbereich beschert dem XP eine besondere Fahrdynamik: Vorne rotiert ein großer Siebzehnzöller, wie er im Motorradbereich gang und gäbe ist. Hinten assistiert ein breiter 160er-Pneu, beide beim XP400 GT auf schicken Kreuzspeichenrädern aufgezogen – mit den grobstolligen Pirelli Scorpion Rally STR echte Hingucker.
Vorn übernimmt eine mächtige Upside-Down-Gabel mit goldenen Standrohren (GT-Variante) die Radführung, hinten kommt eine richtig aufwändige Konstruktion zum Einsatz: Die Zweiarm-Triebsatzschwinge ist über ein u-förmiges Gestänge mit einer Querstrebe verbunden, die das hinter der rechten Seitenverkleidung verborgene Federbein beaufschlagt.
Diese Bauweise verleiht dem Roller eine außergewöhnliche Stabilität bei Geradeaus- und Kurvenfahrt, ohne das Gefährt besonders störrisch zu machen. Obwohl der XP mit 231 Kilo deutlich weniger Speck auf den Rippen trägt als der Metropolis, verlangt Einlenken eine klare Hand und Wechselkurven benötigen etwas Körpereinsatz. Dann eilt der 400er selbst bei dynamischen Fahreinlagen neutral und mit hoher Präzision ums Eck.
Gute Bremsen, geringer Fahrkomfort

Sportsfreunde genießen auch das famose Stoppvergnügen mit höchster Effizienz und ausgezeichneter Dosierbarkeit, das die radial angeschlagenen Vierkolbenzangen an den beiden 295-mm-Bremsscheiben vorn zu bieten haben. Den Fahrkomfort schreibt der Franzose dagegen ziemlich klein, denn die Gabel ist sehr straff abgestimmt und das hintere Federbein leitet Stöße unnachgiebig ans Rückgrat. Immerhin gewährt die knappe Scheibe zusammen mit serienmäßigen Handprotektoren einen angenehmen Windschutz.
Im Cockpit prangt ein vernetzter 5-Zoll-TFT-Farbbildschirm, der eine Turn-by-Turn-Navigation ermöglicht, ein USB-Anschluss erlaubt das Anschließen oder Aufladen des Smartphones. Unter der zweigeteilten Sitzbank befinden sich gleich zwei separate Staufächer, deren vorderes einen Demi-Jethelm aufnimmt.
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Technische Daten Peugeot XP400
Herstellerangaben | |
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Motor | Flüssigkeitsgekühlter Einzylinder, 399 ccm Hubraum, 26,5 kW/36 PS bei 8150 U/min, 38,1 Nm bei 5400 U/min; vier Ventile/Zylinder, ohc, Einspritzung, CVT-Automatik, Fliehkraft-Trockenkupplung, Riemen-Sekundärantrieb |
Fahrleistungen und Verbrauch | Höchstgeschwindigkeit 137 km/h, 3,8 l/100 km |
Fahrwerk | Stahlrohrrahmen; 38 mm USD-Telegabel vorne (nicht einstellbar), 140 mm Federweg; Triebsatz-Zweiarmschwinge hinten, ein Federbein (Vorspannung einstellbar), 140 mm Federweg; Kreuzspeichenräder; Reifen 110/70-17 (vorne) und 160/60-15 (hinten). 295 mm Zweischeibenbremse vorne, 240 mm Einscheibenbremse hinten |
Assistenzsysteme | ABS, Traktionskontrolle |
Maße und Gewichte | Radstand 1545 mm, Sitzhöhe 815 mm, Gewicht fahrfertig 231 kg, Zuladung 179 kg; Tankinhalt 13,5 l |
Preis | 7985 Euro zuzügl. NK, GT-Variante: 8385 Euro zuzügl. NK |
Fazit: Hochpreisig und ungewöhnlich
So viele ungewöhnliche Lösungen und die sehr manierliche Verarbeitung haben ihren Preis, der mit 7985 Euro für die Allure-Einstiegsversion Sportsgeist im Duett mit einem Hang zur Individualität verlangt. Für die GT Version werden sogar knapp 8400 Euro aufgerufen.
Text: Thilo Kozik/SP-X