KTM 890 SMT: Neuer Sport-Tourer im Fahrbericht

Die KTM 890 SMT stammt von der Reiseenduro 890 Adventure R ab. Entwickelt wurde eine Art Supermoto-Tourer, der auch auf kurvenreichen Landstraßen erstklassig ist, aber kleine Ausstattungsmängel hat. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preis.
Beeindruckender Motor
Auch für Touren geeignet
Assistenzsysteme nicht inklusive
KTM macht mit der neuen 890 SMT zwei Schritte gleichzeitig: Einerseits stellt der österreichische Hersteller auf bewährter Plattform ein neues Motorrad vor. Andererseits orientiert sich die Marke mit diesem Modell an vergangenen Zeiten. Denn eine KTM mit dem Modellzusatz SMT gab es schon einmal: Die 990 SM T war von 2009 bis 2013 im Programm.
Sie wurde von ihren Besitzern für die gelungene Verbindung sportlicher Eigenschaften und praktisch-touristischer Qualitäten geschätzt. Diesen Ansatz haben die Entwickler in Mattighofen erneut in die Tat umgesetzt: Aus der Reiseenduro 890 Adventure R wurde die 890 SMT geschnitzt und bietet sie für knapp 15.000 Euro an.
Im Test: 105-PS-Motor

Es ist ein schon ein Kunststück, einen dermaßen großen Spagat zu vollbringen: Hier der Minimalismus eines Supermoto-Konzepts, das den puren Fahrspaß fokussiert. Und dort das Vorwärtskommen mit offenen Augen für anderes als nur Kurven, nämlich für Landschaften, Menschen, Situationen. Mal zügiger, mal beschaulicher und mit mehr als nur einem Minimum an Komfort. Gemeinhin gelten diese Ziele als so gut wie unvereinbar.
Eine der wenigen Ausnahmen war die genannte KTM 990 SM T (Einliter-V2, 115 PS, 97 Nm, knapp 210 kg). Nahezu dieselben technischen Eckdaten weist die neue 890 SMT auf: 889 ccm großer Reihenzweizylinder, 77 kW/105 PS, 206 Kilogramm fahrfertig und vollgetankt. Radstand, Reifengrößen und einige andere Daten der beiden SMT-Generationen unterscheiden sich teils gar nicht, teils nur geringfügig. Und so gut wie identisch ist auch der Fahrspaß, den sie im Kurvengewürm kleiner und kleinster Land- und Bergstraßen hervorrufen.
Die rund 100 Kubikzentimeter weniger Hubraum und das Minus von 11 PS spielen in der Praxis nicht die geringste Rolle. Denn die neueste KTM darf man getrost als Durchzugshammer bezeichnen: 100 Nm maximales Drehmoment bei bescheidenen 6500 U/min aus knapp 900 Kubikzentimetern Hubraum stellen im Bau von Motorradmotoren die Vollfettstufe dar.
Kraft ist bei jeder Drehzahl oberhalb von 2000 Touren gegeben, und die Drehzahlgierigkeit der KTM-Triebwerke ist ohnehin legendär. Dass die 890 SMT die Disziplin Straßensport beherrscht, ist angesichts der "Ready-to-Race"-Philosophie der Orangenen ohnehin klar.
Bilder: KTM 890 SMT im Detail





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Bremsen mit Supermoto-ABS
Das Fahrwerk mit seinen 18 Zentimetern Federweg vorne und hinten sowie guten Komponenten ist nicht nur präzise, sondern agiert auch verständnis- und rücksichtsvoll auf grobe Fahrbahnunebenheiten und schont so die Bandscheiben. Insofern hat die Umrüstung von 21/18 Zoll Radgröße bei der Adventure-Version auf nunmehr 17 Zoll vorne und hinten keine negativen Auswirkungen.
Die zur Verfügung stehende Schräglagenfreiheit reicht trotz reduzierten Federwegs selbst für verschärftes Kurvenfräsen aus. Bestens in Form zeigt sich auch die Bremsanlage; bei engagierter Fahrt zeigt sich nur geringfügig spürbar eine Aufstellneigung beim Verzögern in Kurven. Dass sogar ein spezielles Supermoto-ABS drin ist, werden die besonders aktiven Schluchtenflitzer zu schätzen wissen. Dass der knapp 16 Liter große Tank selbst bei üblen Räubereien für knapp 250 Kilometer Reichweite sorgt, spricht ebenfalls für die 890er.
Einfach im Handling

Insbesondere für die Touring-Aspekte wichtig sind der reichlich zur Verfügung stehende Platz im Sattel; auch ein Mitfahrer wird weder im Kniewinkel noch in der Sitzbanklänge knappgehalten. Zwar ist der Windschutz ob des kurzen Flyscreens nicht gerade üppig, aber wenigstens sind am Helm keine Turbulenzen zu verzeichnen. Gut handhabbar ist der in das Fünfzoll-TFT-Display integrierte Bordcomputer: Mit Hilfe der Vierknöpfe-Tastatur lassen sich nach relativ kurzer Eingewöhnungsphase alle wichtigen Parameter präzise einstellen. Auch die Wahl des gewünschten Fahrmodus’ erfolgt auf diesem Weg.
Assistenzsysteme gegen Aufpreis
Ausgeliefert wird auch diese KTM mit der vollen Fahrassistenz-Schüttung; kostenlos nutzbar ist sie aber nur auf den ersten 1500 Kilometern. Wer sich an die kleinen Helferlein (Tempomat, Quickshifter, Track-Modus, Motorschleppmomentregelung) gewöhnt hat und sie dauerhaft nutzen will, muss sie dann beim ersten Service vom Händler gegen üppige Gebühren freischalten lassen. Laut Aussage von KTM kaufen etwa 80 Prozent der Kunden mindestens eines der angebotenen Systeme dazu.
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Weil zum touristischen Motorradfahren auch die Mitnahme von Gepäck gehört, hat der Hersteller von vorneherein die Montage von Seitenkoffern und Topcase vorgesehen. Der unveränderte Adventure-Rahmen macht das einfach. Ein kleiner Gepäckträger ist serienmäßig; er kann durch eine Trägerplatte für die Topbox ergänzt werden.
Technische Daten KTM 890 SMT
Herstellerangaben | |
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Motor/Getriebe | Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Reihenmotor, 889 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder, DOHC, 77 kW/105 PS bei 8000 U/min., 100 Nm bei 6500 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette |
Fahrleistungen und Verbrauch | Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h, Normverbrauch 4,6 l/100 km, Testverbrauch 5,1–5,5 l/100 km |
Fahrwerk | Stahl-Gitterrohrrahmen, 43 mm ø USD-Telegabel vorne, 180 mm Federweg, Zug- und Druckstufendämpfung einstellbar; Aluminiumguss-Schwinge hinten, Zentralfederbein, Druckstufendämpfung und Vorspannung einstellbar, 180 mm Federweg; Aluminiumgussräder; Reifen vorne 120/70 ZR 17, hinten 180/55 ZR 17; 320 mm ø Doppelscheibenbremse vorne, 260 mm ø Einscheibenbremse hinten |
Maße und Gewichte | Radstand 1502 mm, Sitzhöhe 860 mm, Gewicht fahrfertig vollgetankt 206 kg, Bodenfreiheit 227 mm, Standgeräusch 95 dB(A). Tankinhalt 15,8 l |
Assistenzsysteme | Drei Fahrmodi, Kurven-ABS mit Supermoto-Einstellung, schräglagenfähige Traktionskontrolle; Zweiwege-Quickshifter, Tempomat, Motorschleppmomentregelung, Track-Fahrmodus a.W. |
Preis | 14.449 Euro zuzügl. NK |
Suboptimale Ausstattung
Keine Blöße gibt sich die KTM zudem bei Kleinigkeiten wie Licht, Spiegel, Seitenständer, Handschützer und Tankverschluss. Schade ist allerdings, dass ein paar weitere Kleinigkeiten weder gegen Geld noch gute Worte erhältlich sind: Wir denken da an selbsttätig rückstellende Blinker, ein schlüsselloses Startsystem oder einen Direktzugang per Taster zum Wechsel des Fahrmodus oder das Aktivieren der Griffheizung. Der Preis erscheint nicht gerade knauserig kalkuliert. Voll ausstaffiert, kommen schnell 16.000 Euro plus X zusammen. Noch ohne optische Beigaben.
Ebenfalls akzeptieren müssen Interessenten, dass das Outfit dieses scharfen und doch so zugänglichen Motorrads typisch KTM ist: Bar jeder Eleganz postet die SMT ihr dreist-aggressives Statement von der steten Sportdominanz der Österreicher in die Welt. Der eine mag’s, der andere nicht. Aber vielleicht erbarmt sich ja demnächst Husqvarna der letztgenannten Klientel.
Ulf Böhringer/SP-X