BMW R 1300 GS: So fährt sich das meistverkaufte Motorrad der Welt

Eine BMW R1300 GS fährt auf einer Straße
Die neue GS ist zwölf Kilo leichter geworden© BMW

Größer, stärker, digitaler: Mit der neuen R 1300 GS beschenkt sich BMW selbst zum 100. Geburtstag. Und die Fans. Fahrbericht, Bilder, Preis und technische Daten zum Nachfolger des Top-Sellers R 1250 GS.

  • Neu entwickelter Motor

  • Vier unterschiedliche Varianten

  • Viele serienmäßige Assistenzsysteme

Ein Tastendruck genügt – und der Windschild fährt nach oben. Während der Fahrt. Ziemlich praktisch – und typisch BMW GS. Seit Jahrzehnten ist die BMW GS in vielen Ländern weltweit das meistverkaufte Motorrad über 500 cm³ Hubraum. Die große Reiseenduro genießt bei Motorradfans einen ähnlichen Kultstatus wie ein Ford Mustang oder der Porsche 911 bei Automobil-Enthusiasten. Das gelingt nur wenigen Herstellern. Mit der neuen R 1300 GS soll der Mythos der erfolgreichen Reiseenduro weiter gefestigt werden. Spoiler: Sie hat das Zeug dazu.

Im Test: 145-PS-Motor

Seitenansicht einer stehenden BMW R1300 GS
Der neue Motor hat neun PS mehr als sein Vorgänger© BMW

Das Herzstück bildet ein neuer Boxermotor mit einem vergrößerten Hubraum und einem neuen Motorgehäuse mit Halbtrockensumpf-Schmierung. Das soll bei hohen Drehzahlen die Schaumbildung im Öl minimieren und für eine bessere Schmierung sorgen. Statt wie bisher auf eine primäre Luftkühlung der Zylinder setzt BMW beim neuen Motor auf eine Flüssigkeitskühlung. Dadurch lässt sich bei Einhaltung aktueller Emissionsgesetze die Leistung steigern.

Der neu entwickelte 1,3-Liter-Zweizylinder-Boxermotor leistet damit 107 kW/145 PS bei 7750 U/min und 149 Nm Drehmoment bei 6500 U/min. Damit ist er der leistungsstärkste Boxermotor aller Zeiten. Von 0 auf 100 km/h vergehen rund 3,4 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 225 km/h. Dank dem nun unter dem Motor platzierten Getriebe ist der Antrieb schlanker, kürzer und leichter. Auch der Hauptrahmen aus Blechschalen minimiert das Gewicht.

Bilder: Die BMW R 1300 GS im Detail

Aufsteigen auf den gut gepolsterten Sitz. Der Funkschlüssel bleibt in der Jackentasche, über den Knopf am rechten Griff erwacht die GS zum Leben, das 6,5-Zoll-TFT-Display blinkt kurz durch. Startknopf drücken, und der Boxer schüttelt sich wie eh und je, verfällt aber nach wenigen Sekunden in ein wohliges Schnurren. Über die Mode-Taste wird das Fahrprogramm "Road" ausgewählt. Zur Wahl stehen außerdem "Rain", "Eco", "Enduro" und "Enduro+" (optional).

Aufrecht und bequem sitzt man hinterm Lenker, schaltet zügig die sechs Gänge durch. Der letzte Gang rastet schon bei 50 km/h und rund 2000 Umdrehungen ein. So lässt es sich entspannt cruisen, ohne auf satten Durchzug zu verzichten: Ab 2500 Touren liegen knapp 120 Newtonmeter an. Damit rollt die GS ruhig über Landstraßen und schluckt unangestrengt Kilometer.

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Doch die GS kann auch anders. Einmal auf Dynamic oder Dynamic Pro umgestellt und das Display auf "Sport" geändert – und schon wird die GS zum Sportler. Wer es darauf anlegt, kann mit der Reiseenduro auf kurvigen Landstraßen Sportmotorräder das Fürchten lehren. Die GS hängt dann gierig am Gas, dreht willig bis zu 9000 Touren hoch, kitzelt dabei leicht an den Innenschenkeln, während der Lenker keine Vibrationen an die Hände weitergibt.

Einmal im Fluss, gleicht der Ritt auf der GS einer flüssigen Ski-Abfahrt. Erstaunlich, wie leichtfüßig sich ein rund 250 Kilogramm schweres Bike bewegen lässt. Einzig das harte Schleppmoment des Motors ist auf den ersten Kilometern gewöhnungsbedürftig, das abrupte Bremsen irritiert anfangs.

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Neues Fahrwerk

Eine BMW R1300 GS fährt auf einer Straße
Das Bike lässt sich in jeder Situation präzise lenken© BMW

Viel Hirnschmalz hat BMW ins Fahrwerk gesteckt. An der Vordergabel kommt der Evo Telelever zum Einsatz, am Heck die neue Hinterradführung Evo Paralever. Sie sorgen für präzises Lenken und Fahrstabilität. Eine neue Generation des elektronisch gesteuerten Fahrwerks DSA mit je zwei Federn pro Federbein variiert innerhalb weniger Millisekunden automatisch Dämpfung und Federvorspannung in Abhängigkeit vom gewählten Fahrmodus "Road" oder "Dynamic".

Die GS bügelt Unebenheiten von schlechten Straßen mühelos aus, schlägt nie durch und wirkt dabei komfortabel statt sportlich-straff. In Schräglagen folgt sie der anvisierten Linie fast automatisch und muss nicht ständig korrigiert werden. Auf der Autobahn spurt die GS stur ihre Bahn ab, ohne nervös Rillen nachzulaufen. Selbst bei starkem Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten taucht die Gabel nicht übermäßig stark ein. Die Doppelscheibenbremse mit zwei neuen, radial montierten Vierkolbenfestsätteln vorn und die Einzelscheibenbremse mit Zweikolbenschwimmsattel hinten helfen dabei.

Selbst im leichten Gelände kommt die GS Adventure erstaunlich gut durch Schotter und Sand – wenn der Fahrende keine Angst vor dem Gewicht hat. Einfach laufen lassen, und die GS findet ihren Weg. Geländefahrer und -fahrerinnen können eine sportlich-straffere Abstimmung inklusive 20 Millimeter Federweg wählen.

Jede Menge optionale Assistenzsysteme

Seitenansicht einer stehenden BMW R1300 GS
Die neue BMW kann mit vielen Extras individualisiert werden© BMW

Bei den Assistenzsystemen legt BMW ebenso nach. Mit an Bord können optional sein: adaptiver Tempomat mit Bremseingriff und Totwinkelassistent mit integriertem Heckradar. Das Totwinkelsymbol erscheint dann im jeweiligen Außenspiegel. In den Griffschaltern sind nun die Blinker integriert, das vollintegrale ABS Pro zählt ebenso zur Serie wie die Berganfahrhilfe, dynamische Traktionskontrolle und der dynamische Bremsassistent.

Praktisch für kleinere Fahrer und Fahrerinnen: Beim höhenverstellbaren adaptiven Fahrwerk fährt die GS innerhalb von 1,5 Sekunden hoch und innerhalb drei Sekunden bei unter 50 km/h wieder runter.

Kritik? Nicht bei Motor, Fahrwerk, Ergonomie und dem geänderten Design mit dem schmalen Heck, dafür bei der Menüführung. GS-Piloten und -Pilotinnen sollten sich schon vor der Fahrt intensiv mit den Verstellmöglichkeiten auseinandersetzen. Die Menüs und Untermenüs lassen sich zwar einfach über die Schalter und Dreh-drück-Wippe am linken Griff verstellen, lenken aber vom Verkehr ab – eine blinde Bedienung ist bis auf Blinker, Hupe und Lichthupe nicht möglich.

Die Geschichte der BMW G/S

Als BMW 1980 die R 80 G/S (Gelände und Straße) vorstellt, kann keiner ahnen, was sich aus dieser Maschine alles entwickelt. Die G/S begründet vor über 40 Jahren das Segment der Reiseenduros: mit langen Federwegen, Kardanantrieb, Einarmschwinge, großen Rädern, großem Tank und viel Bodenfreiheit.

Dazu bietet sie Platz für zwei Personen oder sehr viel Gepäck und ausreichend Fahrkomfort – quasi das SUV unter den Motorrädern. Mit ähnlichen Vorteilen: hoch und bequem sitzen, dazu variabel und für viele Einsatzzwecke geeignet. Damit avanciert sie zum idealen Touring-Bike.

Über 40 Jahre nach der Premiere der R 80 G/S setzt BMW immer noch auf einen Zweizylinder-Boxermotor. Nur dass der nicht mehr 800 cm³ misst und 50 PS leistet, sondern 1300 cm³ und 145 PS. Auch sonst hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten viel getan.

Vier unterschiedliche Varianten

Zum Markstart bietet BMW die Varianten R 1300 GS, Option 719 Tramuntana, Triple Black und GS Trophy an. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen in den Farben und Ausstattungen. Neben den oben erwähnten Assistenten zählen unter anderem Heizgriffe und schlüssellose Zündung zur Serienausstattung.

Die Optionsliste ist bei BMW traditionell lang: Neben den vier Varianten bietet BMW die Technikpakete Innovation, Dynamic, Touring und Comfort, für die GS Adventure das Enduro Package Pro, dazu Smartphone-Connectivity, verschiedene Lenker, vier Fahrersitze und drei Soziussitze in drei Höhen.

Lenker, Sitzbank und Soziussitzbank lassen sich beheizen, eine integrierte Lampe im Topcase hilft bei der Suche nach Kleinkram in der Dunkelheit. Ein Fach auf dem Tank nimmt ein Smartphone auf und lädt es, eine Zentralverriegelung öffnet und schließt alle Koffer. Die hellen LED-Scheinwerfer gibt es mit 21 LEDs oder 47 LEDs inklusive Kurvenlicht.

BMW R 1300 GS: Technische Daten, Preis

Herstellerangaben

Motor

2 Zylinder, Boxer, 1300 ccm Hubraum, 107 kW/145 PS bei 7750/min, max. Drehmoment 149 bei 6500 U/min, 4 Ventile/Zylinder, Einspritzanlage, Luft-/Flüssigkeitskühlung

Fahrleistungen und Verbrauch

0 – 100 km/h in 3,39 s, Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, 4,8 l/100 km, 110 CO₂

Fahrwerk

Zweiteiliges Rahmenkonzept aus Haupt- und daran angeschraubtem Heckrahmen, Motor mittragend, Evo-Telelever mit 190 mm Federweg vorn; Paralever hinten mit 200 mm Federweg, Doppelscheibenbremsen vorn, 310 mm Durchmesser, Vier-Kolben-Radialbremssättel, Einscheibenbremse hinten, 285 mm Durchmesser, Doppelkolben-Schwimmsattel

Maße & Gewicht

Leergewicht 237 kg, zul. Gesamtgewicht 465 kg; Länge 2212 mm, Breite 1000 mm, Sitzhöhe Standard 850 mm; Tankinhalt 19,0 l

Assistenzsysteme

ABS, ABS Pro (kurventaugl. ABS), Berganfahrhilfe, adaptiver Tempomat mit Bremseingriff und Totwinkelassistent mit integriertem Heckradar

Preis

19.100 Euro

Das macht sich in den Preisen bemerkbar. Es war noch nie günstig, eine GS zu besitzen – da bleibt sich BMW treu. Während das Vorgängermodell R 1250 GS bisher mindestens 18.300 Euro kostet, schlägt das neue Modell mit mindestens 19.100 Euro zu Buche, die GS Trophy kostet mindestens 19.930 Euro, die Triple Black mindestens 19.905 Euro und die Option 719 mindestens 21.840 Euro. Vollausgestattet überspringt die neue GS die 30.000-Euro-Grenze locker.

GS-Fans scheint das nicht zu schocken. Kurz nach Öffnung des Online-Konfigurators haben sich weltweit schon über 400.000 Interessierte ihre GS individuell zusammengestellt.

Text: Fabian Hoberg