BMW F 900 GS: Ist das die bessere GS?

Seitenansicht einer BMW F 900 GS die durch Wasser fährt
Aus BMWs Mittelklasse-Reiseenduro F 850 GS ist die F 900 GS (im Bild) geworden© BMW

BMW erneuert seine F 900 GS. Die Reiseenduro wird kräftiger, leichter und handlicher – und fährt damit der Reiseenduro R 1300 GS nicht mehr hinterher. Fahrbericht, Bilder, technische Daten, Preis.

  • Top Motorleistungen

  • Aufwendiges Fahrwerk

  • Stark individualisierbar

Seit Jahrzehnten dominiert die große BMW GS weltweit die Zulassungszahlen. In der aktuellen Version als R 1300 GS ist die Reiseenduro seit Dezember auf dem Markt und verkauft sich wie immer gut. In ihrem Schatten fährt seit Jahren die Mittelklasse-Variante. Zu Unrecht. Aus der bisherigen F 850 GS modelliert BMW jetzt die Nachfolgerin F 900 GS. Vorab: Sie fährt agiler und leichter als zuvor. Doch nicht nur das.

F 900 GS: Neues Design

Seitenansicht einer stehenden BMW F 900 GS
Das Bike ist wesentlich schlanker geworden und hat ein deutlich kürzeres Heck© BMW

Neue Front, neues Heck: Sportlich steht sie da, die neue F 900 GS. BMW ändert zum Modellwechsel Scheinwerfer, Frontschnabel und das Tail End. Damit wirkt die GS direkt schmaler, sportlicher und nicht mehr so wuchtig wie ihre Vorgängerin. Doch verändern die besseren Proportionen auch das Fahrverhalten? Draufsetzen, Seitenständer einklappen und die Maschine aktivieren. Dank schlüssellosem Zugang (Option) bleibt der Zündschlüssel in der Tasche.

Startknopf drücken, und der neu entwickelte Reihenzweizylinder dreht kurz hoch, um dann im Leerlauf dumpf und voll zu verschnaufen. Kaum Vibrationen, kaum Geräusche, trotz Akropovic-Endschalldämpfer. Klingt gut, ohne aufdringlich zu sein. Auf der bequemen Sitzbank hinter dem schmaleren 14,5-Liter-Tank lässt sich schnell die richtige Sitzposition finden. Dank einer neuen Ergonomie fühlen sich rund 1,80 Meter große Piloten auf der 870 Millimeter hohen Sitzbank direkt wohl – das GS-Gefühl tritt sofort ein (BMW bietet auch tiefere und höhere Sitzbänke an).

BMW F 900 GS: Einfach zu bedienen

Display der BMW F 900 GS
Das Display ist gut ablesbar, die Menüführung einleuchtend© BMW

Die Lenkerenden mit den Bedienelementen liegen gut in der Hand, die Menüführung ist leicht zu verstehen und weniger überfrachtet als bei der R 1300 GS. Während an der linken Seite durch das Untermenü gescrollt werden kann, lassen sich auf der rechten Seite die Fahrmodi per Tastenknopf schnell wechseln – auch während der Fahrt. Klar und deutlich zeigt das blendfreie TFT-Display die Daten an. Daneben liegen USB-Anschluss und 12-Volt-Steckdose – praktisch für externes Navi oder Smartphone.

Im Test: 105-PS-Motor

Motor der BMW F 900 GS
Der hubraum- und leistungsverstärkte Paralleltwin liefert jetzt 10 PS mehr© BMW

Der Zweizylinder mit 895 Kubikzentimeter leistet nun 77 kW/105 PS, eine Steigerung von 10 PS gegenüber dem Vorgängermodell. Schon kurz über 2000 Umdrehungen fällt der Twin in einen weichen Lauf, fühlt sich bis 4500 Touren wohl, um bis 5500 Umdrehungen hart an der Kette zu reißen. Für entspanntes Cruisen reichen die mittleren Drehzahlen. Der dritte Gang liegt schon ab 30 km/h ruckelfrei an, der vierte ab 40, der fünfte ab 50 km/h. Bei 100 km/h liegen im sechsten Gang 4000 Touren an.

Der Twin brummt dann vor sich hin, und die Kette schnurrt über die Ritzel. Vor Überholmanövern muss man dank einem Drehmoment von 93 Nm bei 6750 Umdrehungen nicht extra zurückschalten. Und falls es doch schneller gehen soll: Ein Tritt auf die linke Raste, und der nächste Gang liegt direkt an. Bis 9000 Touren dreht der Twin hoch, wenn man ihn lässt.

Wer den linken Fuß schnell nach oben ziehen kann, beschleunigt von 0 auf 100 km/h in 3,8 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei rund 200 km/h. Optional bleibt mit dem Schaltassistent Pro die Kupplung unberührt, dafür muss aber die Schaltung härter getreten werden. Erfreulich: ein Verbrauch nach WMTC von 4,4 Liter auf 100 Kilometer und bei realer Fahrt um die 5 Liter auf 100 Kilometer.

Neues Fahrwerk mit vielen Fahrmodi

Seitenansicht einer stehenden BMW F 900 GS
Wer fahrwerksseitig zusätzliche Reserven schätzt, sollte das Enduro-Pro-Paket ordern© BMW

Viel Arbeit steckten die Entwickler ins neue Fahrwerk. Vorn kommt eine voll einstellbare Upside-down-Telegabel von Showa zum Einsatz, am Hinterrad ein verstellbares Zentralfederbein, je nach Option von ZF. BMW integriert wie bei anderen Modellen verschiedene Fahrmodi, die neben der Gasannahme unter anderem auch das Ansprechverhalten von ABS Pro und DTC ändern. Rain und Road zählen dabei zur Serienausstattung, optional bietet BMW Fahrmodi-Pro mit den zusätzlichen Modi Dynamic, Enduro und Enduro Pro an.

Die Kombination arbeitet sehr präzise und deutlich agiler als noch beim Vorgänger. Dazu kommt ein Gewichtsverlust von 14 Kilogramm, den Pilotinnen und Piloten bei jeder, wirklich jeder Kurve spüren. Damit ist die F 900 GS die sportlichste GS überhaupt. Kaum zu glauben, wie leicht und einfach sich das 219 Kilogramm schwere Motorrad fährt.

Im Modus Road lenkt die GS zielgenau in Kurven ein und zirkelt mit wenig Gas sauber durch. Bodenwellen und leichte Schlaglöcher schluckt das Fahrwerk entspannt weg. Nur bei ganz üblen Wellen und sehr flotter Fahrt schwingt das Heck leicht nach und fängt an zu pumpen. Mit Regulierung am Zentralfederbein lässt sich das zwar minimieren, aber die Grundabstimmung am Heck bleibt eher soft.

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Road eignet sich ideal für den Ritt über Landstraßen. Die Gasannahme ist direkt, aber nicht brutal. Wer es sportlicher mag, schaltet auf Dynamic, bei dem sich die Gasannahme deutlich verkürzt und die GS schon bei der kleinsten Handumdrehung nach vorne springt. Für Sicherheit sorgen die serienmäßige dynamische Traktionskontrolle DTC und das Kurven-ABS (getrennt arbeitend).

Zudem beißen die Vierkolbenzangen gut dosierbar und kräftig zu. Dank ausreichender Federrate geht die Vordergabel bei einer Vollbremsung auch nicht auf Block. Falls es doch mal eng werden sollte: Bei einer Notbremsung warnt das serienmäßige Dynamic Braking Light nachfolgende Verkehrsteilnehmer über einen Blitzlicht-Modus der zwei Rückleuchten und je nach Bremsstärke über Warnblinker.

Bilder: Die BMW F 900 GS im Detail

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Perfekt fürs Gelände

Frontansicht einer BMW F 900 GS die durch Wasser fährt
Mit entsprechenden Extras mutiert die Reise- zur Hardenduro© BMW

Neben Landstraßen und Autobahnen kann die GS auch Gelände. BMW bietet die F 900 GS mit drei verschiedenen Paketen an. Neben der Basis-Straßenversion gibt es das Dynamic-Paket sowie das Enduro-Offroad-Paket Pro für 1475 Euro mit Enduro-Fußrasten, Lenkererhöhung, Alu-Seitenständer, höherwertiger Vordergabel und Hinterradfeder von ZF, optional mit einem Sportsitz. Doch wer mit der GS ins Gelände geht, steht sowieso lieber auf den grobgezackten Fußrasten, hält sein Gewicht weit nach vorne und lässt das Hinterrad im Modus Enduro oder Enduro Pro arbeiten.

Erstaunlich, wie die GS auch auf Schotter, Sand und Geröll leicht und präzise zu fahren ist – auch für ungeübte Endurofahrer und -fahrerinnen. Selbst in langsamen Passagen kommt die BMW nicht ins Straucheln und sucht sich ihren Weg. Die Gabel steckt tiefe Löcher locker weg, der Motor brabbelt entspannt untertourig vor sich hin, und die Knie am Tank jonglieren durch den Schlamm. Dank ausreichendem Drehmoment bleibt permanentes Schalten unnötig. Wer ab und zu abseits befestigter Straßen solo unterwegs sein will, kommt mit der GS gut zurecht.

BMW F 900 GS: Technische Daten, Preis

HerstellerangabenBMW F 900 GS
Motor2 Zylinder, Reihenmotor, 853 ccm Hubraum, 77,0 kW bei 8500/min, max.Drehmoment 93,0 bei 6750 U/min, 4 Ventile/Zylinder, Einspritzanlage, Flüssigkeitskühlung
AssistenzsystemeABS abschaltbar, ASC, eCall, Tieferlegung möglich
FahrwerkBrückenrahmen/Stahl; 43 mm Up-Side-Down-Telegabel, 230 mm Federweg; Zweiarmschwinge hinten, 215 mm Federweg;
MaßeLeergewicht ca. 220 kg, zul. Gesamtgewicht 445 kg; Länge/Breite/Höhe 2270 / 943 / 1393 mm, Sitzhöhe 815/835/870/890 mm; Tankinhalt 14,5 l
Bremseneinzeln betätigt, vorne Scheibe, 305 mm, hinten Scheibe, 265 mm
Fahrleistungen / VerbrauchHöchstgeschwindigkeit über 200 km/h, 4,4 l/100 km
Preis13750 Euro

Für extrem hartes Gelände ist die GS natürlich nicht gemacht, allein schon wegen ihres Preises. Der beginnt in der Basisausstattung Base bei 13.750 Euro. Die Variante GS Trophy in BMW-Motorsport-Farben mit weißem Heckrahmen, goldenen Felgen, getöntem Windschild, Alu-Motorschutz und stabileren Enduro-Handschützern mit Aluminium-Bügel kostet 450 Euro extra. Wer seine F 900 GS mit ein paar Extras ausstatten will, landet schnell bei 15.000 Euro und mehr – und bleibt damit immer noch unter der R 1300 GS.

Text: Fabian Hoberg

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