Nissan Micra: Flotter Dreier unter der Haube
Der Nissan Micra wurde 2022 eingestellt. Bis ein elektrischer Nachfolger kommt, müssen Interessenten also gebraucht zugreifen. So fährt sich der Kleinwagen.
Effizientere Verbrennung durch neue Technologien
Am Schluss war nur noch eine Motorvariante zu haben
Ab 19.790 Euro war der Kleinwagen zu haben
Irgendwie scheint selbst Nissan mit seinen Motoren nicht ganz zufrieden gewesen zu sein. Denn beim Micra hat sich so einiges geändert im Laufe der Lebenszeit des letzten, mittlerweile eingestellten Modells. Nicht nur, dass die Preise im Laufe der Zeit kräftig erhöht wurden. Schon kurz nach Markteinführung ist der Basismotor des Nissan Micra aus dem Programm geflogen. Das war allerdings kein Schaden, denn der 0,9-Liter-Motor mit 90 PS war kein besonders angenehmer Partner: schlecht anzufahren, schwachbrüstig, unharmonisch in der Kraftentfaltung.
Ersetzt wurde der Motor durch einen 1,0-Liter-Dreizylinder. Der soll laut Nissan mehr Druck von unten heraus, eine elastischere Leistungsentfaltung, höhere Laufkultur und weniger Verbrauch bieten. Und der Micra 1.0 IG-T hält diese Versprechen tatsächlich.
Nissan Micra mit 1,0-Liter-Motor
Spurt- und durchzugsstark pusht er sich durch den Großstadtverkehr und besteht sogar die Autobahnprüfung mit großer Lässigkeit. Er klingt unangestrengt und fühlt sich auch so an. Den typischen Dreizylinderklang kann er nicht ganz ablegen und rasselt kernig, aber leise vor sich hin. Auch bei höherem Tempo bewährt sich der Dreizylinder-Benziner, nimmt jederzeit willig Gasbefehle an und wirkt deutlich temperamentvoller als es die inzwischen 92 PS vermuten lassen. Ursprünglich hatte der Motor mal 100 PS. Acht Pferdchen blieben bei der Abgassäuberung auf der Strecke, dafür erfüllt der 1,0-Liter-Turbomotor jetzt die aktuelle Abgasnorm.
Als Durchschnittsverbrauch über unterschiedliche Einsatzgebiete hinweg (Stadt, Landstraße, Autobahn) konnten wir rund 5,6 Liter pro 100 Kilometer ermitteln – kein schlechter Wert.
Wer leistungshungriger war, hatte mit dem DIG-T 117 eine Alternative – doch die ist schon länger aus dem Programm geflogen. Zwar bot dieser Motor bessere Fahrleistungen als der schwächere Dreizylinder. Doch Ansprechverhalten und Leistungsentfaltung zeigten sich unterhalb von rund 2000 Umdrehungen eher träge und beim Durcheilen des Drehzahlbandes traten immer wieder kleine Drehmomentlöcher bzw. Ruckler auf. Also auch hier war es gut, dass Nissan diesen Motor zum Altmetall erklärt hat.
Sicherer dank überarbeitetem Fahrwerk
Das Fahrwerk des Micra fällt recht straff aus. Nur kurze Fahrbahnstöße gehen relativ direkt an die Bandscheiben. Trotzdem ist man alles in allem mit dem Japaner sehr flink und ausreichend komfortabel unterwegs – selbst auf der Langstrecke. Der Japaner erweist sich als flotter Kurvenflitzer, wozu auch die feinfühlig abgestimmte Lenkung ihren Teil beiträgt. Das Lenkrad liegt sehr gut in der Hand, Material und Form fühlen sich gut an. Die Fünf-Gang-Handschaltung ist sehr knackig mit kurzen, exakten Wegen.
Nissan hat nach dem schlechten Abschneiden des ersten Micra im ADAC Ausweichtest (2017) das Fahrwerk modifiziert. Später waren alle Micra mit der Chassis Control Technologie (CCT) ausgestattet, die ein situationsabhängiges Abbremsen einzelner Räder während der Kurvenfahrt ermöglicht. Im Ausweichtest zeigte sich, dass die Maßnahme Früchte trägt, da sich der Micra nicht mehr so kritisch verhält. Seine Tendenz zum Übersteuern ist zwar geblieben, das Stabilitätsprogramm setzt aber früher und vehementer ein, um das Fahrzeug abzubremsen bzw. wieder zu stabilisieren.
Viel Platz vorn, hinten ist es eng
Die Platzverhältnisse sind vorn sehr gut, ausreichend selbst für zwei Meter lange Passagiere. Die Sitze geben angenehmen Halt. Die Sicht nach vorn ist an sich gut, allerdings schränken massive und recht schräge A-Säulen manchmal den Blick schräg zur Seite ein.
Hinten geht's für Mitfahrer leider eng zu: Höchstens für urbane Kurzstrecken ist der Micra mit voller Erwachsenen-Besatzung geeignet – und die Sicht nach draußen ist eingeschränkt. Eine abfallende Dachlinie, die aufsteigende Fensterlinie und breite Dachsäulen machen sich hier negativ bemerkbar. Das Format des Kleinwagen-Kofferraums (laut Hersteller 300 bis maximal 1004 Liter, nach ADAC Messung 265 bis 950 Liter) ist in diesem Segment durchaus üblich.
Der Innenraum wirkt modern und hochwertig
In Sachen Infotainment kommt der Kleinwagen schon in der Ausstattungslinie Acenta recht erwachsen daher. Dann sind neben vielen weiteren Annehmlichkeiten Android Auto und Apple CarPlay an Bord. Ein Navi kann man sich also schon mal sparen, weil via Smartphone über den Auto-Bildschirm navigiert werden kann. Die Connectivity funktioniert tadellos, die Anzeigen auf dem 7-Zoll-Bildschirm sind sehr übersichtlich und gut bedienbar. Einzig die teils deutlichen Spiegelungen stören bei hellem Außenlicht – trotz matter Oberfläche.
Über die Sicherheitsausstattung muss man sich beim Micra keine Sorgen machen. Ab der Basisvariante ist serienmäßig AEB (Autonomous Emergency Braking) an Bord: ein hervorragend funktionierender Notbremsassistent mit Kollisionswarnsystem und Fußgängererkennung. Auch eine Verkehrszeichenerkennung und der Fernlicht-Assistent gehören zur Serienausstattung. In der Version Tekna kommen noch die 360-Grad-Rundumsicht, ein Regensensor und ein Totwinkel-Assistent dazu.
Testfahrt-Fazit
Wer mit den engen Platzverhältnissen und der eingeschränkten Übersicht im Fond leben kann, kommt mit dem Nissan Micra 1.0 IG-T gut zurecht. Der Stadtflitzer ist munter und dennoch genügsam im Verbrauch. Ausflüge übers Land oder auf die Autobahn sind ebenfalls kein Problem – der flotte Dreier unter der Motorhaube macht's möglich. Der Wegfall der stärkeren Variante ist kein großer Verlust.
Nissan Micra: Technische Daten, Preis
Technische Daten (Herstellerangaben) | Nissan Micra IG-T 92 Acenta (10/20 - 03/23) |
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Motorart | Otto |
Hubraum (Verbrennungsmotor) | 999 ccm |
Leistung maximal in kW (Systemleistung) | 68 |
Leistung maximal in PS (Systemleistung) | 92 |
Drehmoment (Systemleistung) | 160 Nm |
Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor) | 5.000 U/min |
Antriebsart | Vorderrad |
Beschleunigung 0-100km/h | 11,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 178 km/h |
Verbrauch Gesamt (NEFZ) | 4,5 l/100 km |
Kofferraumvolumen normal | 300 l |
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank | 1.004 l |
Leergewicht (EU) | 1.116 kg |
Zuladung | 414 kg |
Anhängelast ungebremst | 555 kg |
Anhängelast gebremst 12% | 1.200 kg |
Garantie (Fahrzeug) | 3 Jahre oder 100.000 km |
Länge x Breite x Höhe | 3.999 mm x 1.743 mm x 1.455 mm |
Grundpreis | 19.790 Euro |
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Text: Ralf Schütze, Rudolf Huber