Mercedes-Benz eSprinter: Im Flüsterton zur Paketauslieferung

Ein Mercedes e-Sprinter steht an einer Ladesäule
Der Ladeanschluss des eSprinter steckt hinter dem Mercedes-Stern im Kühlergrill© Mercedes

Mercedes-Benz elektrifiziert seinen Transporter Sprinter neu. Der eSprinter setzt auf unterschiedlich große Akkus, zwei Motorvarianten und zwei verschiedene Radstände.

  • Drei Akku-Größen

  • Zwei Radstände und vier Aufbauten

  • Hoher Basispreis

Kraftvoller Antritt, leise und lokal emissionsfrei: Mit dem aktuellen eSprinter bietet Mercedes eine neue Transporter-Version an. Ungewöhnlich, denn erst vor rund drei Jahren war der Sprinter als rein elektrische Variante vorgestellt worden. Nun präsentiert Mercedes ein neues Konzept mit einer modularen Plattform für mehr Vielfalt und mehr Möglichkeiten.

Effizienter durch neuen Hinterachsantrieb

Motor des Mercedes e-Sprinter
Den Motor sucht man unter der Haube des eSprinter vergeblich – er sitzt an der Hinterachse© Mercedes

Bei der aktuellen Generation VS30 konzipieren die Ingenieure den Antrieb neu. Unter der Motorhaube liegen Steuereinheit, Hochvoltkomponenten und die Schaltzentrale. Nun treibt der E-Motor direkt die Hinterachse an, und der Akku sitzt unterm Fahrzeugboden. Dank der neuen Hinterachse mit integriertem E-Motor soll der Antrieb bis zu 18 Prozent effizienter sein als das bisherige Modell mit Frontmotor.

Und wie fährt sich der elektrische Transporter? So, wie es sich Monteure und Kuriere wünschen: sehr einfach. Einsteigen, Tür schließen, anschnallen und Start-Kopf drücken – sofort erwacht das Armaturenbrett zum Leben und bestätigt die Einsatzbereitschaft. Wie vom Automatik-Getriebe gewohnt, muss der Fahrer oder die Fahrerin den Wählhebel hinterm Lenkrad auf D ziehen und los geht's.

Bei 120 km/h ist Schluss

Frontansicht von zwei Mercedes e-Sprinter die auf einer Autobahn fahren
Mercedes gibt die Höchstgeschwindigkeit des eSprinter mit 120 km/h an© Mercedes

Leise und kraftvoll fährt der Sprinter mit der 150-kW-Maschine los, ganz ohne Heulen oder Sirren des Antriebs. Mit vollem Schub drückt der Transporter nach vorne, die Lenkung bleibt dabei ruhig, die Federung bügelt mit rund 200 Kilogramm Zuladung die meisten Bodenwellen spielend weg.

Etwas mehr Punch könnte der E-Motor ruhig abgeben, dafür arbeitet er allerdings ohne Vibrationen und Ruckeln. Im Stadtverkehr reicht die Leistung für ein zügiges Mitschwimmen, auf dem Beschleunigungsstreifen wird die Höchstgeschwindigkeit von bis zu 120 km/h zügig erreicht. In Deutschland wird es die E-Variante außerdem mit 100 kW/136 PS Leistung geben.

Drei Fahrprogramme mit Rekuperation

Displaydetail des Mercedes e-Sprinter
Der große Touchscreen über der Mittelkonsole ist die Schaltzentrale des eSprinter© Mercedes

Vor der nächsten Ampel lässt sich die Energie in fünf möglichen Rekuperationsstufen zurückgewinnen. In der höchsten Stufe kann man schon nach wenigen Minuten den Sprinter mit dem Gaspedal steuern. Die Stufe "One-pedal-Driving" schont die Bremse und rekuperiert am stärksten – sehr effektiv für eine effiziente Fahrt. Die Rekuperation lässt sich übrigens noch mit "Maximum Range" von den insgesamt drei Fahrprogrammen mit "Comfort" und "Eco" steigern.

Bei der automatischen Rekuperation "D Auto" passt das System die Stärke der Rekuperation mithilfe von Radar-, Kamera- und Navigationsdaten situationsspezifisch und in Echtzeit automatisch an. Besonders in unbekannten Gegenden eine einfache Lösung, um die Reichweite zu verlängern.

Praktisch für den Alltag: Der 10,25 Zoll große und leicht zu bedienende Touchscreen dient als Kommando-Zentrale. Er überzeugt wie beim Pkw mit guter Sprachsteuerung, einfacher Bedienung und unterstützt durch viele Funktionen bei Routenplanung und Suchen von Ladesäulen. Für viele Befehle können die Hände am Lenkrad bleiben. Die Touchflächen und Regler fühlen sich gut an, hinter dem Lenkrad liegen die Schaltwippen zur Verstellung der Rekuperation. Fahrer und Fahrerinnen werden sich innerhalb von wenigen Minuten im Auto zurechtfinden.

Schnellladen mit bis zu 150 kW

Mehrere Mercedes e-Sprinter stehen nebeneinander
An der Schnellladesäule "tankt" der eSprinter serienmäßig nur mit 50 kW© Mercedes

Transporter und Nutzfahrzeuge sind Arbeitstiere, die bewegt werden müssen – sonst lässt sich damit kein Geld verdienen. Langes Laden ist da eher kontraproduktiv. Mercedes gibt an, dass mit dem größten Akku (113 kWh) eine Reichweite von bis zu 440 Kilometern möglich ist. Beim 56-kWh-Akku liegt die WLTP-Reichweite bei nur 220 Kilometern, beim 81-kWh-Energiespeicher bei bis zu 310 Kilometern. Nachladen am DC-Schnelllader funktioniert mit 50 kW oder optional 150 kW. Einfach die als großer Mercedes-Stern getarnte Ladeklappe öffnen – dahinter verbergen sich die Anschlüsse.

Wer den eSprinter auf Kurzstrecken einsetzt, wird mit der 50-kW-Variante auskommen und das Fahrzeug nachts mit 11 kW AC laden. Der kleine 56-kWh-Akku benötigt in der AC-Ladung bis zu fünf Stunden und 30 Minuten, der mittlere Akku mit 81 kWh weitere zwei Stunden und 30 Minuten von 0 auf 100 Prozent. Bis der große 113-kW-Akku voll ist, vergehen rund elf Stunden. Die Garantie für den Akku liegt übrigens bei acht Jahren oder 160.000 Kilometer, lässt sich aber optional auf 300.000 Kilometer erweitern.

Zwei Radstände: Bis zu 14 m³ Laderaum

Ladefläche des Mercedes e-Sprinter
Lademeister: Je nach Radstand bietet der eSprinter bis zu 14 Kubikmeter Platz© Mercedes

Zuladung bedeutet bei Transportern alles: Die "kurze" Variante misst 5,93 Meter Länge bei 3,67 Meter Radstand, die "lange" Variante 6,97 Meter und 4,33 Meter. Mit Hochdach kommt der Sprinter auf 2,71 Meter. Die maximale Nutzlast (bei kleinstem Akku) liegt bei 1725 Kilogramm, die maximale Anhängelast (neu) bei 2 Tonnen, das maximale Ladevolumen bei 14 Kubikmeter. Allerdings darf das Fahrzeuggewicht des Gespanns 5 Tonnen nicht überschreiten.

Der Sprinter mit kurzem Radstand schluckt noch 11 Kubikmeter Ladung. Das liegt primär am Gewicht des Akkus. Kommt der kleine 56-kWh-Akku auf 457 Kilogramm, wiegt der 81-kWh-Akku 650 Kilogramm, die große Batterie sogar 871 Kilogramm.

Basispreisnetto: Mindestens 60.000 Euro

Cockpit des Mercedes e-Sprinter
Für 59.990 Euro bekommen Gewerbetreibende ein modernes Cockpit mit Nutzfahrzeug-DNA© Mercedes

Für die meisten Einsatzzwecke wird der eSprinter eine gute Alternative zum Verbrenner sein, wenn nicht sogar die bessere Wahl. Nicht nur, weil der Antrieb lokal emissionsfrei fährt, sondern weil die Wartungskosten niedriger liegen werden. Dank des offenen Baumusters können Aufbauhersteller ihren Aufbau auf die Basis des Sprinters setzen, wie beispielsweise Pritsche, Kühlkoffer oder Wohnmobilkabine. Ab April stehen die ersten Fahrzeuge beim Händler, vorerst allerdings nur in der Kastenwagen-Version und in verschiedenen Längen, die Pritsche folgt im Sommer.

Allerdings, und das ist der große Nachteil des elektrischen Sprinters, ist er sehr teuer. Mindestens 59.990 Euro netto (71.388 Euro brutto) kostet der eSprinter in der Basis-Ausstattung mit kurzem Radstand und kleinem 56-kWh-Akku. Zum Vergleich: Ein Kastenwagen mit 5,93 Meter Länge und 2,64 Meter hohem Dach kostet in der 110 kW/150 PS-Variante rund 33.200 Euro ohne Mehrwertsteuer.

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Mercedes eSprinter: Technische Daten, Preis

Für die neue Variante mit großem 113-kWh-Akku, dann mit langem Radstand, müssen Kunden 27.150 Euro netto Aufpreis zahlen. Als Leasing-Fahrzeug beginnt der große Stromer bei 690 Euro mit vier Jahren Laufzeit und maximal 80.000 Kilometern Laufleistung. So gut, leise und sauber der eSprinter auch fährt: Am Ende werden Gewerbetreibende über den Preis entscheiden – und da hat der elektrische Benz die Haube nicht vorne. Ab 2026 plant Mercedes-Benz mit der neuen Van-Plattform Van EA, die dann vorerst parallel zu dem bisherigen Modell angeboten werden soll – vielleicht purzeln bis dahin auch die Preise.

Herstellerangaben

Motor

Permanentmagnet-Synchronmotor (PSM) 100 kW/136 PS oder 150 kW/204 PS, Drehmoment 400 Nm

Akkukapazität netto

56 / 81 / 113 kWh

Fahrleistungen und Verbrauch

0 - 100 km/h, k.A., Höchstgeschwindigkeit 120 km/h, Verbrauch (WLTP) 24 kWh/100 km, 0 g CO₂/km

Maße und Gewichte

Leergewicht 3100 kg (je nach Akku), max. Zuladung 1150 bis 1725 kg (je nach Akku); Länge 5,93 bis 6,97 m, Höhe 2,71 m (Hochdach), Radstand 3,67 m bis 4,33 m

Preis

ab 59.990 Euro netto (71.388,10 Euro) für 56-kWh-Batterie

Text: Fabian Hoberg