Firefly: Wie Nio mit seiner Preiswert-Marke punkten will

Mit seiner neuen Marke Firefly startet Nio bald auch in Europa. Erstes Modell ist ein stylischer City-Stromer mit smarten Features, viel Platz – und noch erschwinglichem Preis. Erste Testfahrt in China.
Firefly kommt als Submarke von Nio
Erstes Modell: Ein Kleinwagen mit 330 km Reichweite
Preis: ab circa 30.000 Euro
Nio nimmt für den Flirt mit den Europäern einen neuen Anlauf. Denn nachdem die Chinesen uns zwar bislang mit ihrer Technik fasziniert und vor allem mit dem Batteriewechsel beeindruckt haben, preislich aber in einer noblen Nische gefangen sind, starten sie jetzt eine Charmeoffensive. Und rollen gegen Mini & Co den Firefly ins Rennen.
30.000 Euro für den Elektro-Kleinwagen

Ziemlich genau vier Meter kurz und innen trotzdem geräumig wie ein Großer, soll er mit einem charakterstarken Design überzeugen, das knuffig ist, ohne niedlich zu sein, frisch, aber nicht futuristisch – und mit den drei Punkleuchten vor allem unverwechselbar ist. Und dass die Silhouette ein bisschen an den eingestellten Honda E erinnert, ist kein Schaden.
Mit einem Grundpreis, der wohl bei 30.000 Euro und damit beim Doppelten der China-Tarife liegen wird, ist zwar auch der Firefly kein Schnäppchen. Aber dafür bietet er auch deutlich mehr als die aktuelle, aber teils auch günstigere Konkurrenz. Neben Citroën C3 oder Hyundai Inster und erst recht neben dem Leapmotor T03 glänzt das Glühwürmchen (engl. "Firefly") mit einer üppigen Ausstattung bis hin zu den klimatisierten Sitzen oder der elektrischen Heckklappe, mit der üblichen Assistenz und allem, was es für Euro-NCAP-Sterne braucht.
Viel Platz in Kofferraum und Frunk

Viel Platz gibt es obendrein: Bei 2,62 Metern Radstand fährt man vorne wie in der Mittelklasse, und weil die beiden Sitze durch die Konsole dazwischen komplett miteinander verbunden sind, fühlt sich das wie ein Sofa und deshalb noch bequemer an. Aber auch hinten reicht es für mehr als zwei Grundschüler, selbst Erwachsene halten es dort länger aus als nur bis in die Stadtmitte.
Wer beim Shoppen über sich hinaus gewachsen ist, muss keinen Lieferdienst beauftragen. Der Kofferraum fasst 404 Liter und lässt sich auf 1235 Liter erweitern. Der Frunk ist – dem Heckantrieb sei Dank – mit 92 Litern größer als bei den allermeisten Mittelklassemodellen. Darüber hinaus gibt es im Innenraum zwei Dutzend Ablagen, von denen die pfiffigsten unter dem Beifahrersitz und der größeren Hälfte der Rückbank versteckt sind. Beide groß genug für eine Hand- oder Einkaufstasche oder eine Tüte Schmutzwäsche nach dem Gym.

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Gute Fahrleistungen, mini Wendekreis

Selbstredend sparen die Chinesen nicht an Elektronik-Funktionen und Unterhaltungselementen. Das Display hinter dem Lenkrad ist zwar kleiner als ein Smartphone, aber daneben prangt ein großes Tablet, auf dem hübsch sortiert und gut zu bedienen alle wichtigen Apps und die Navigation samt intelligenter Ladeplanung liegen.
Wer sich da nicht zurechtfindet, dem hilft Lumo, die jugendliche Schwester von Nios digitaler Copilotin Nomi. Die klimpert einen nicht wie im Nio ET7 mit Kulleraugen aus der Kugel neben dem Cockpit an, ist aber genauso freundlich und hilfsbereit und dank ChatGPT ein kleines Sprachgenie, das einem auch zu Fragen weit außerhalb des Autos Rede und Antwort steht. Apple CarPlay und Android Auto gibt es bei Firefly obendrein.
Dass der Firefly, wenn schon nicht billig, dann doch zumindest bezahlbar sein soll, merkt man allerdings beim Antrieb. Die 143 PS Motorleistung gehen für einen Kleinwagen noch vollkommen in Ordnung. Zumal er mit 200 Newtonmetern in 8,1 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt und immerhin mit 150 Sachen über die Landstraßen fahren darf. Und was ihm am letzten Biss fehlt, macht er mit seiner Wendigkeit wieder wett. Weil der Motor die Hinterachse dreht, ist vorne Platz für einen großen Lenkeinschlag und gerade mal 9,40 Meter Straße reichen ihm für den U-Turn.
Firefly mit 330 Kilometer Reichweite

Der aus Kostengründen mit LFP-Zellen bestückte Akku dagegen bewegt sich am unteren Rand der Toleranzgrenze. Er hat gerade mal 41,2 kWh und reicht deshalb im WLTP für 330 europäische Norm-Kilometer. Auf dem Papier ist das vielleicht sogar noch genug für einen Stadt- und Zweitwagen. In der Praxis könnte das allerdings knapp werden, vor allem bei tiefen Temperaturen und Autobahntempo. Zumal der Firefly auch beim Laden keine neuen Maßstäbe setzt: Am Wechselstrom liegen 11 KW an, am Gleichstrom fürs schnelle Laden sind es nur 100 und damit auch nicht mehr als bei einem elektrischen Opel Corsa oder Peugeot 208. Das Batteriewechselsystem der übrigen Nio-Modelle kann der kleinere Firefly leider nicht nutzen.
Fazit
Er sieht gut aus, fährt toll und hat für seinen nicht ganz so kleinen Preis erfreulich viel Substanz – dass Nio diesmal guter Dinge ist, den Geschmack der Europäer zu treffen, liegt aber nicht nur am handlichen Format, dem vergleichsweise bürgerlichen Preis und der knuffigen Gestalt, sondern auch an der Entstehungsgeschichte. Denn auch wenn er in Hefei drei Zugstunden nordwestlich von Shanghai gebaut wird, reichen seine Wurzeln nach Westen: Erdacht und konzipiert wurden Marke und Modell vom europäischen Team in München.
Firefly: Daten und Abmessungen
Firefly technische Daten / Maße | |||
---|---|---|---|
Länge / Breite / Höhe | 4,00 / 1,86 / 1,56 m | ||
Kofferraumgröße / Frunk | 404 / 92 l | ||
Motorleistung | 105 kW/143 PS | ||
max. Drehmoment | 200 Nm | ||
Beschleunigung 0- 100 km/h | 8,1 s | ||
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h | ||
Normverbrauch nach WLTP | 14,5 kWh/100 km | ||
Reichweite nach WLTP | 330 km | ||
Akkukapazität brutto / netto | 42, 1 / 41,2 kWh | ||
Ladeleistung AC / DC | 11 kW / 100 KW | ||
Preis | ca. 30.000 Euro |
Text: Thomas Geiger
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