Die Verteilung macht's: Warum man auf die Achslast achten sollte
Das zulässige Gesamtgewicht darf bei einem Fahrzeug nicht überschritten werden, so viel ist klar. Doch auch die schlaue Verteilung der Zuladung im und am Fahrzeug ist extrem wichtig. Sonst ist schnell die Achlast überschritten. Alle Infos zur Achslast und welche Strafen beim Überladen drohen.
Ladung belastet Vorder- und Hinterachse oft ungleichmäßig
Unsicheres Fahrverhalten und Materialschäden sind die Folge
Mit den ADAC Tipps geht es sicher bepackt in den Urlaub
Das erlösende "Rumms" des ins Schloss gestemmten Kofferraumdeckels ist für viele das Startsignal für den Urlaub. Denn ob nun mit Kindern, Skiausrüstung, Surfboard oder einem Mix aus allem: Platz für Gepäck und Ladung ist auch in größeren Autos notorisch knapp, weswegen Dachbox, Anhänger und Kofferraum oft bis auf den letzten Zentimeter vollgepackt werden.
Nur ist die Freude über gelungene Stapelmanöver oft trügerisch: Die Achslast ist eine selten beachtete Größe, doch für die sichere und materialschonende Zuladung absolut elementar. Aber was genau ist bei der Achslast zu beachten? Und wie gelingt eine fröhliche und sichere Urlaubsfahrt? Der ADAC hat die Antworten.
Gewichtsprobleme erkennen
Das vom Hersteller angegebene Leergewicht ist oft nur die halbe Wahrheit. Im ADAC Autotest wird daher das tatsächliche Leergewicht ermittelt, woraus sich ergibt, wie viel Gepäck man zuladen darf, bis das zulässige Gesamtgewicht überschritten ist.
Ein Beispiel: In den aktuellen Golf passen 494 Kilo Ladung zusätzlich. Das entspräche fünf Babyelefanten und somit einer ganz ordentlichen Menge an Gepäck. Doch nur vermeintlich, denn im Alltag geht es oft beschränkter zu: Die Masse von Sonderausstattung und Passagieren ist ohnehin schon verbucht und Fahrradträger und Dachboxen tragen genauso zum Gesamtgewicht bei wie Gegenstände im Fahrzeuginneren. Dazu kommen Koffer, Kühlbox und Co. und ehe man sich versieht, ist das Urlaubsgefährt überladen.
Bei E-Autos lohnt es sich, noch genauer hinzusehen. Mit ihrer schweren Antriebsbatterie wiegen sie per se schon einmal mehr, wodurch die maximale Zuladung noch einmal niedriger ausfallen kann.
Achslast: Zuladung ist oft ungleich verteilt
Ein Blick auf die Achslast verkompliziert die Lage weiter: Sie gibt an, wie stark Hinter- und Vorderachse jeweils belastet werden dürfen. In der Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) findet man die zulässige Achslast unter Ziffer 8.1 (Vorderachse) und 8.2 (Hinterachse). Da sich das Gewicht von Passagieren und Gepäck nicht gleichmäßig auf beide Achsen verteilt, sind diese Werte entscheidend. Das zeigt folgende Grafik:
Zur Erklärung: Zu sehen ist, dass sich die Zuladung nicht gleichmäßig auf beide Achsen auswirkt, sondern vor allem die Hinterachse betroffen ist. Sogar die Masse des Beifahrers oder der Beifahrerin lastet zu 55 Prozent auf der Hinter- und nur nur zu 45 Prozent auf der Vorderachse. Das Gewicht einer Dachbox liegt gar zu 85 Prozent auf der Hinterachse, und je weiter man am Heck zurückgeht, fällt auf, dass die Vorderachse ab einer gewissen Zuladung (Wert über 100 Prozent) sogar wieder entlastet wird: Der Schwerpunkt des ganzen Pkw verändert sich.
Befüllt man den Kofferraum zum Beispiel mit Zementsäcken aus dem Baumarkt, kann die Hinterachse hoffnungslos überladen sein – und die entlasteten Vorderräder die Spurführung einschränken.
Zu viel auf Achse?
Nur das Gesamtgewicht beim Packen zu beachten, kann also in die Irre führen. So könnte ein vollbepacktes Auto, selbst wenn das zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten wurde, dennoch an einer Achse überladen und somit gesetzeswidrig beladen sein. Wie schnell das geht, zeigt diese beispielhafte Beladung eines durchschnittlichen Pkw der Mittelklasse. Das zulässige Gesamtgewicht wird zwar noch um 75 Kilogramm unterschritten, hier wäre also noch vermeintlich Luft. Doch die Hinterachse ist längst überladen.
Gewicht in kg | Vorderachse | Hinterachse | Gesamt |
---|---|---|---|
Leerfahrzeug (mit Fahrerin) | 744 | 496 | 1240 |
Klimaanlage | 20 | 0 | 20 |
Anhängerkupplung | -4 | 24 | 20 |
Beifahrer | 34 | 41 | 75 |
2 Kinder im Kindersitz | 13 | 77 | 90 |
Heckträger mit 4 Bikes | -34 | 109 | 75 |
Gepäck | -12 | 132 | 120 |
Summe | 761 | 879 | 1640 |
Limit | 875 | 860 | 1715 |
Reserve | 114 | -19 | 75 |
Während also etwa auf dem Armaturenbrett auch noch der angesprochene Babyelefant bequem Platz nehmen könnte, ist die Hinterachse um 19 Kilo überlastet. Das Rechenbeispiel zeigt auch: Die oftmals bemühte Formel, nach der sich die Achslast durch Leergewicht plus Zuladung dividiert durch die Anzahl der Achsen berechnen lasse, ist also nicht korrekt. Denn sie lässt außer Acht, dass das Gewicht eben nicht immer symmetrisch auf beide Achsen verteilt ist. Nur der Blick in den Fahrzeugschein bringt hier wirklich Gewissheit. Und erspart einem nebenbei auch noch den Griff zum Taschenrechner.
Kritische Folgen der Überladung
Eine überschrittene Achslast stört aber nicht nur die eigene Paragrafentreue. Tatsächlich hat zu viel Ladegewicht einen gravierenden Einfluss auf die Fahrdynamik: Nicht nur verlängert sich der Bremsweg, auch Ausweichmanöver verlaufen träger und benötigen mehr Raum. Und obwohl das ESP ein Schleudern in vielen Fällen verhindern kann, fühlt sich eine einstmals straffe Lenkung nun schwammig und ungenau an.
Besonders große Lasten auf dem Dach verschlechtern die Fahrdynamik erheblich. Die vom Hersteller angegebene maximale Dachlast (beim Golf 75 Kilo) sollte also auf keinen Fall überschritten werden und schweres Gepäck eher im Innenraum Platz finden.
Und auch wenn Achsen nicht mehr im herkömmlichen Sinne brechen können, da horizontal tragende Längsachsen heutzutage nur noch bei Transportern verbaut werden, kann es sehr wohl zu anderen schweren Schäden am Fahrzeug kommen: Radaufhängung, Querlenker, Federung und Spurstange können brechen, Reifen und Felgen kaputtgehen. Je nach Schwere des Schadens sollte dann unverzüglich die nächste Werkstatt angesteuert werden – die eigene Sicherheit und auch die der anderen Verkehrsteilnehmenden steht auf dem Spiel.
Achslast überschritten?
Je nachdem wie sehr die Achslast überschritten wurde, kann eine maßlose Beladung zudem teuer werden: Bei einer Überschreitung um bis zu 5 Prozent kommt man noch mit 30 Euro Bußgeld davon, überlädt man noch mehr, werden bis zu 235 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig. In anderen Ländern können die Strafen sogar noch strenger ausfallen, gerade im Auslandsurlaub ist also Vorsicht geboten.
Eine Autowaage bringt Gewissheit
Auch wenn man durch grobes Schätzen einen gewissen Überblick über die zulässige Beladung behalten kann, erreicht man Gewissheit nur auf einer Pkw-Waage. Sie werden teils von der Gemeinde oder Stadt angeboten oder sind auf Schrottplätzen, Bau- und Recyclinghöfen oder natürlich in ADAC Prüfzentren zu finden. Für den Heimgebrauch bietet sich eine Radlastwaage an, mit der das jeweilige Gewicht auf den Achsen bestimmt werden kann.
ADAC Tipps fürs Packen
Damit man sich nur mit Gepäck und nicht mit Sorgen belädt, hier die besten Tipps für eine sichere und praktische Lastverteilung:
Augen auf schon beim Autokauf – plant man regelmäßig mit viel Gepäck, sollte die Wahl auf ein Modell mit reichlich Kapazität an der Hinterachse fallen. Kombis bieten hier oft mehr als etwa Limousinen.
Schweres Gepäck sollte möglich weit unten und möglichst nah an der Rückenlehne verstaut werden. Das entlastet auch die Hinterachse, besonders wenn der Raum direkt hinter den Vordersitzen genutzt wird.
Die Ladung sollte gut gegen Verrutschen gesichert werden, damit Insassen auch bei einem Crash nicht gefährdet werden.
Entfernen Sie unnötigen Ballast, auch die seit Wochen umhergefahrenen leeren Pfandkästen zahlen auf das Gesamtgewicht ein.
Beladen Sie im Zweifel lieber einen Lastenanhänger anstatt das Fahrzeug bis zum Anschlag.
Der Reifendruck muss unbedingt der Beladung angepasst werden. Angaben befinden sich im Türrahmen oder im Tankdeckel und in der Betriebsanleitung.
Technische Beratung: Burkhard Böttcher, Technik Zentrum