Durch die Rettungsgasse zur Toilette: Darf man das?

Ein Auto fährt auf einer Autobahn durch die Rettungsgasse
Die Rettungsgasse ist nur für die Polizei und Einsatzkräfte da© dpa/Matthias Balk

Darf man am Stau vorbei durch die Rettungsgasse zur nächsten Toilette fahren, wenn man sich dringend erleichtern muss? Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm.

Der Fall: Ein Autofahrer stand auf der Autobahn im Stau. Wegen der Einnahme von Medikamenten musste er dringend zur Toilette. Weil er glaubte, der Verkehr sei wieder freigegeben, fuhr er durch die Rettungsgasse, um schneller zum nächsten WC zu kommen. Dabei wurde er von der Polizei erwischt.

Dringendes Bedürfnis: Fahrverbot ja oder nein?

Das Amtsgericht verhängte ein Bußgeld von 240 Euro, sah aber von einem Fahrverbot ab. Der Grund: Der Autofahrer sei in einer notstandsähnlichen Situation gewesen. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Rechtsbeschwerde ein. Sie argumentierte, ein Fahrverbot sei wegen einer groben Pflichtverletzung des Autofahrers zwingend notwendig.

Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Ob eine grobe Pflichtverletzung vorliege, sei anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Der Autofahrer habe sich in einer notstandsähnlichen Situation befunden, führten die Richter aus. Denn wegen seiner Medikamente habe er unter vermehrtem Harndrang gelitten, aufgrund des Staus aber nicht rechtzeitig eine Toilette aufsuchen können. Die Situation sei vergleichbar mit einem rechtfertigenden Notstand, ein Fahrverbot sei deshalb ausnahmsweise nicht angemessen, so das Gericht.

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Aussteigen im Stau nicht zumutbar

Die Richter führten weiter aus, der Autofahrer habe in der irrigen Annahme gehandelt, die Rettungsgasse dürfe wieder befahren werden, weil sich die Fahrzeuge wieder in Bewegung setzten. Außerdem sei es ihm nicht zumutbar gewesen, sein Auto auf der Autobahn zu verlassen, um seine Notdurft zu verrichten. Das Betreten der Autobahn sei grundsätzlich nicht erlaubt, so das Gericht. Außerdem hätte sich der Autofahrer ansonsten selbst gefährdet. Es blieb dabei: Der Autofahrer musste die Geldbuße zahlen, ein Fahrverbot bekam er aber nicht.

OLG Hamm, Beschluss vom 28.3.2024, Az.: 5 ORbs 35/24