Frankreich: Mit dem Motorrad schneller durch den Stau

Motorradfahrer und -fahrerinnen schlängeln sich gerne bei Stau auf Autobahnen an den stehenden Autos vorbei. Das ist in Deutschland verboten. In Frankreich wurde es jetzt legalisiert – unter bestimmten Voraussetzungen.
Erlaubt auf Straßen mit mehreren Fahrspuren je Richtung und geteilter Fahrbahn
Durchschlängeln mit max. 30 bzw. 50 km/h
Strafen für Motorrad-Staudurchfahren in Deutschland
Anders als in Deutschland dürfen Motorrad- und Motorrollerfahrer- bzw. fahrerinnen in Frankreich auf Autobahnen mit mindestens zwei Fahrstreifen pro Richtung, bei der beide Fahrtrichtungen baulich getrennt sind, die stockenden Autoschlangen überholen. Was jahrelang In 21 Departements einschließlich des Großraums Paris erprobt wurde, mündete in einem Gesetz, das das Durchschlängeln durch den Stau seit 11. Januar 2025 erlaubt.
Durchschlängeln mit dem Motorrad im Stau
Sich bei Stau oder stockendem Verkehr zwischen den Autokolonnen durchzuschlängeln, ist unter folgenden Bedingungen erlaubt:
Berechtigt sind nur motorisierte Zwei- und Dreiräder mit einer maximalen Breite von einem Meter.
Freie Fahrt haben Bikerinnen und Biker nur auf Autobahnen und (Schnell-)Straßen mit mindestens zwei Fahrbahnen in jede Richtung, die durch einen Mittelstreifen getrennt sind und auf denen eine zulässige Höchstgeschwindigkeit zwischen 70 und 130 km/h gilt.
Durchschlängeln ist erst dann erlaubt, wenn sich auf allen Fahrspuren in ununterbrochener Linie Stau gebildet hat.
Durchschlängeln ist auf zweispurigen Fahrbahnen nur zwischen den beiden Fahrspuren erlaubt, bei mehrspurigen zwischen den beiden am weitesten links gelegenen.
Bei stehendem Verkehr (auch wenn das nur eine Spur betrifft) beträgt die Höchstgeschwindigkeit 30 km/h. Wenn der übrige Verkehr langsam fährt, beträgt die Höchstgeschwindigkeit 50 km/h.
In Baustellen oder auf ganz oder teilweise vereisten oder schneebedeckten Fahrbahnen ist das Durchschlängeln verboten.
Die Absicht des Vorbeischlängelns muss den anderen Verkehrsteilnehmern angekündigt werden.
Die Durchfahrt darf nicht erzwungen und nicht versucht werden, wenn der Abstand zwischen den Fahrzeugen nicht ausreicht.
Andere sich durchschlängelnde Zwei- oder Dreiräder dürfen nicht überholt werden.
Sobald sich der Verkehr wieder verflüssigt und zumindest auf einer Fahrspur 50 km/h erreicht, muss man die Durchfahrt abbrechen und sich wieder in die Fahrspuren einreihen.
Strafen bei Verstößen in Frankreich
Motorrad- und Rollerfahrenden, die gegen diese Vorschriften verstoßen, droht ein Bußgeld von 135 Euro. Wer in Frankreich oder einem anderen Land der EU in eine Radarfalle fährt oder sich einen Strafzettel einhandelt, muss damit rechnen, dass der Bußgeldbescheid auch in Deutschland vollstreckt wird.
Motorrad-Staudurchfahren in Deutschland
Motorradfahrende in Deutschland dürfen sich nicht zwischen den Fahrzeugen hindurchschlängeln. Das ist unzulässiges Rechtsüberholen und wird mit einer Geldbuße von 100 Euro und einem Punkt geahndet.
Wer sich unerlaubt in der Rettungsgasse nach vorne durchschlängelt, der bekommt ein Bußgeld von mindestens 240 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat. Links zu überholen ist bei ausreichendem Seitenabstand zwar erlaubt, in der Praxis aus Platzgründen aber äußerst selten überhaupt möglich.
Staudurchfahren erlauben? Das sagt der ADAC
Der Automobilclub vertritt die Ansicht, dass die Rettungsgasse und der Standstreifen jederzeit tabu bleiben müssen. Ermöglicht man Motorradfahrenden im Stau, hier auf Autobahnen und mehrspurigen Landstraßen vorbei zu fahren, besteht die Gefahr, dass sie sich vor Unfallstellen oder Abfahrten selbst stauen und Einsatzkräften den Weg versperren.
Zudem würde die Erlaubnis, Rettungsgasse oder Standstreifen zu benutzen, Autofahrerinnen und Autofahrer vor Abfahrten verlocken, dem Beispiel der Motorräder zu folgen. Rettungsgasse und Standstreifen würden ihre Verkehrssicherheitsfunktion einbüßen.
Sollte eine Vorbeifahrt wie in Frankreich sogar im fließenden Verkehr erlaubt sein, erhöht das die Komplexität für alle Verkehrsteilnehmenden in der jeweiligen Situation. Konflikte sind dann programmiert. Eine Duldung von Vorbeifahrten im Stau, gerade an heißen Sommertagen oder Starkregen ist demgegenüber vertretbar. Es wirkt dann wie eine Ausnahme und ist nicht die Regel. Die Akzeptanz und Rücksicht der anderen Verkehrsteilnehmenden ist dann auch nachvollziehbar stark ausgeprägt.
Rettungsgasse in Frankreich
Übrigens: Eine Pflicht zur Bildung der Rettungsgasse besteht in Frankreich nicht, allerdings müssen Einsatzfahrzeuge an den anderen Verkehrsteilnehmern vorbeifahren können. Kann ein Einsatzfahrzeug nicht durchfahren, sind 135 Euro fällig.