PFAS: Wie giftig ist der Schaum an Ost- und Nordsee?

Greenpeace hat den Meeresschaum an deutschen Nord- und Ostseestränden untersucht und darin hohe Konzentrationen an schädlichen Ewigkeitschemikalien (PFAS) gefunden.
In Deutschland aktuell keine Warnhinweise für Strandbesucher
PFAS stecken in Lebensmitteln, Textilien, Böden und Gewässern
Chemikalien sind möglicherweise gesundheitsgefährdend
In der Regenjacke, auf dem Backpapier, in Lebensmitteln und Trinkwasser – Ewigkeitschemikalien, kurz PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), sind mittlerweile fast überall zu finden. Dazu zählen mehr als 10.000 verschiedene künstliche Stoffe, die sich nur sehr langsam abbauen.
PFAS im Meeresschaum
Über industrielles Abwasser und Flüsse gelangen PFAS in die Meere. In der Gischt sammeln sie sich und werden zurück an Land gespült. Wie Studien aus den Niederlanden, Dänemark und Belgien zeigen, befinden sich besonders im Meeresschaum hohe Konzentrationen an Ewigkeitschemikalien. Stellenweise wird in diesen Ländern auch bereits an Badestränden vor dem Kontakt mit dem Schaum gewarnt. In Deutschland gibt es bislang noch keine Gesundheitshinweise.
Die Chemikalien können sich im menschlichen Organismus ansammeln. "Sie haben ein gesundheitsgefährdendes Potential für den Menschen", sagt Prof. Dr. Dennis Nowak, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am LMU Klinikum in München und Mitglied im ADAC Ärztekollegium. Schon seit längerem werden deshalb auch EU-weite Verbote bestimmter PFAS diskutiert.
Schaumproben an Nord- und Ostsee
An beliebten deutschen Ost- und Nordseestränden hat nun Greenpeace den Schaum stichprobenartig untersucht. Er wurde dafür direkt vom Sand abgeschöpft und in einem PFAS-freien Ziplock-Beutel ins Labor gebracht. Dort wurde jede Schaumprobe, beziehungsweise das Wasser aus dem Zerfall des Schaums, auf 31 verschiedene PFAS untersucht.
In allen Schaumproben konnten hauptsächlich Chemikalien aus der PFAS-4-Gruppe (PFOA, PFOS, PFHxS, PFNA) nachgewiesen werden. Insbesondere die mittlerweile verbotenen oder stark regulierten PFOS und PFOA. Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA) wurden vormals unter anderem für Feuerlöschschäume, Fotolacke, Textilien und Antihaft-Geschirr verwendet.
PFAS-Höchstwert an der Ostsee
Der Meeresschaum wurde an folgenden Orten abgeschöpft: Norderney, Sankt Peter-Ording, Sylt Westerland, Sylt Nord, Boltenhagen und Kühlungsborn. Die höchsten PFAS-Werte entnahm das Greenpeace-Team in bereits länger liegendem Altschaum aus der Ostsee bei Kühlungsborn: 161.349 ng/l (Gesamt-PFAS) mit 159.799 ng/l (PFAS-20) und 151.100 ng/l (PFAS-4).
Die Vermutung der Expertinnen und Experten: Da PFAS schaumbildende Eigenschaften besitzen, fördern sie vermutlich die Stabilität von Meeresschaum. Das könnte erklären, warum die Altschaum-Probe die höchsten Werte zeigt. Im frisch gebildeten Schaum aus Sylt Nord fand man 96.362 ng/l Gesamt-PFAS, davon 96.201 ng/l von PFAS-20 sowie 89.080 ng/l PFAS-4. Eine Schaumprobe aus Westerland hatte mit 12.327 ng/l die niedrigste PFAS-Belastung.
Hinweise für Strandbesucher
Laut Greenpeace seien die Zahlen mit vorangegangenen Tests aus den Nachbarländern Dänemark und den Niederlanden vergleichbar. Dort werden Strandbesucher vor PFAS im Meeresschaum gewarnt. So empfiehlt beispielsweise die niederländische Provinz Zeeland, Kinder und Hunde nicht darin spielen zu lassen. Für die Ferienstrände an der deutschen Ost- und Nordsee gibt es so etwas nicht, ebenso wie konkrete Verhaltensempfehlungen.
"Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, können sie sich nach dem Strandspaziergang einfach mit klarem Süßwasser abduschen", rät Umweltmediziner Dennis Nowak. "Kinder sollten nicht mit dem Schaum spielen und ihn nicht essen. Wer beim Schwimmen etwas Wasser verschluckt, muss sich keine Sorgen machen. Kleine Mengen haben keinen Effekt."
Fachliche Beratung: Prof. Dr. Dennis Nowak, Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am LMU-Klinikum in München und Mitglied im ADAC Ärztekollegium
Greenpeace, PFAS im Meeresschaum, https://www.greenpeace.de/publikationen/pfas-im-meeresschaum
Umweltbundesamt, Perfluoroctansäure (PFOA), https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/persistente-organische-schadstoffe-pop/perfluoroctansaeure-pfoa
Umweltbundesamt, Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), https://www.umweltbundesamt.de/perfluoroctansulfonsaeure-pfos