Krank am Wochenende: Wie gut hilft der ärztliche Bereitschaftsdienst?

Der ärztliche Bereitschaftsdienst (116 117) soll helfen, wenn Arztpraxen geschlossen sind. Aber wie bekannt und hilfreich ist dieser Dienst? Der ADAC hat 2023 insgesamt 2000 Besucherinnen und Besucher von Bereitschaftspraxen befragt.

  • Nur im akuten Notfall 112 anrufen

  • Wo Patienten passende Hilfe finden

  • Problem: Wartezeiten in Bereitschaftspraxen

Wann ist welcher Notdienst zuständig?

Was tun, wenn man am Wochenende, Feiertag oder abends krank wird? Wenn es sich um einen akuten Notfall (zum Beispiel Herzinfarkt oder starke Atemnot) handelt, muss der Notruf 112 gerufen werden.

Doch auch mit Erkrankungen, die nicht lebensbedrohlich sind (etwa hohes Fieber), können Patientinnen und Patienten oft nicht warten, bis die Arztpraxen wieder öffnen. Dann ist der ärztliche Bereitschaftsdienst zuständig, organisiert von den Kassenärztlichen Vereinigungen.

Über die bundesweit einheitliche Hotline 116 117 (ohne Vorwahl, kostenlos im Festnetz und per Handy, rund um die Uhr) und die Website 116117.de sind rund 800 Bereitschaftspraxen in ganz Deutschland zu finden.

Das Angebot der Bereitschaftspraxen soll verhindern, dass die Notaufnahmen der Krankenhäuser überlastet werden mit Patientinnen und Patienten, bei denen kein echter Notfall vorliegt. Dieses Konzept funktioniert allerdings nur, wenn die Menschen den Bereitschaftsdienst kennen und von diesem nach einer zumutbaren Wartezeit gut versorgt werden.

Tipps für Patienten: Wann 116 117 rufen?

  • Wer außerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen medizinische Hilfe braucht, sollte sich in eine ärztliche Bereitschaftspraxis begeben – und nur in akuten/lebensbedrohlichen Notfällen in eine Notaufnahme, um dort eine Überlastung durch Patienten mit leichteren Erkrankungen zu vermeiden.

  • Zunächst anrufen unter der Nummer 116 117 sollte, wer vorab Fragen hat (etwa zur Dringlichkeit) oder spezielle Anforderungen: Bei stark eingeschränkter Mobilität ist zum Beispiel auch ein Hausbesuch durch den fahrenden Bereitschaftsdienst möglich.

  • Auf der Website des Bereitschaftsdienstes 116117.de kann man unter "Bereitschaftspraxen suchen" eine geeignete Praxis ausfindig machen und dabei neben Allgemeinärztinnen und -ärzten auch gezielt filtern nach Fachrichtungen wie zum Beispiel Kinderärztinnen oder Orthopäden.

  • Ein sehr dringliches Anliegen (zum Beispiel Kind mit hohem Fieber) sollte man an der Rezeption der Bereitschaftspraxis klar äußern, um schneller behandelt zu werden – sofern möglich.

  • Wer lediglich ein Attest oder regelmäßig ein bestimmtes Rezept benötigt, sollte dies nach Möglichkeit rechtzeitig über die Hausarztpraxis abwickeln und den ärztlichen Bereitschaftsdienst meiden.

Telemedizinische Beratung über die ADAC Medical App

Sie sind erkrankt oder verletzt und benötigen schnellen ärztlichen Rat? Über die Medical App können ADAC Mitglieder eine telemedizinische Beratung einholen – und das weltweit. Den Termin für eine Online-Sprechstunde erhalten Sie in der Regel innerhalb von drei Stunden.

Ergebnisse der ADAC Studie

In einer Studie des ADAC aus dem Jahr 2023 wurden 2000 Erwachsene zu ihren Erfahrungen befragt. Teilgenommen haben Menschen, die im Jahr 2022 in einer ärztlichen Bereitschaftspraxis behandelt wurden, oder ein Kind bzw. eine ältere Person dorthin begleiteten.

Unter den Befragten gab noch knapp jeder Vierte (23 Prozent) an, den Gang in eine Notaufnahme zu erwägen, wenn es sich nicht um ein akutes oder gar lebensbedrohliches medizinisches Problem handelt.

In die Bereitschaftspraxis würden 48 Prozent erneut gehen. Nur 38 Prozent wollen vorher bei der 116 117 anrufen, 34 Prozent im privaten Umfeld um Rat fragen und 31 Prozent eine Apotheke ansteuern. Einen Anruf in der Hausarztpraxis würden 19 Prozent versuchen (zum Beispiel, um Anweisungen über die Bandansage zu erhalten). 13 Prozent wollen die Notrufnummer 112 wählen.

Hotline 116 117 zu unbekannt

In der ADAC Studie wurde auch untersucht, wie bekannt die Rufnummer des Bereitschaftsdienstes ist. Dazu wurden 1015 Personen aus der gesamten Bevölkerung in Deutschland befragt. Ergebnis: Nur ein knappes Drittel (31 Prozent) kann die bundesweit einheitliche Telefonnummer 116 117 korrekt nennen. Gestützt gefragt, also unter Nennung der Nummer, können sich immerhin zwei Drittel daran erinnern.

Die meisten gehen direkt in die Praxen: Von den Besucherinnen und Besuchern in ärztlichen Bereitschaftspraxen haben nur 22 Prozent zuvor bei der 116 117 angerufen. Dieses Telefongespräch fanden dann aber zwei Drittel (sehr) hilfreich.

Noch weniger Befragte kennen die Website 116117.de (neun Prozent) sowie die 116117-App (vier Prozent), wobei die Bekanntheitswerte in jüngeren Altersgruppen und in Haushalten mit Kindern höher liegen.

Zufrieden mit Hilfe, Kritik an Wartezeit

Von den Besucherinnen und Besuchern der ärztlichen Bereitschaftspraxen war insgesamt mehr als die Hälfte (59 Prozent) zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) haben den Eindruck, dass ihnen (sehr) gut geholfen wurde. Die Zufriedenheit steigt mit zunehmendem Alter der Befragten an.

Für Unmut sorgen jedoch die manchmal sehr vollen Wartezimmer. Zwar warteten 37 Prozent der Befragten nur bis zu 15 Minuten in der Praxis. Im Schnitt betrug die Wartezeit 30 Minuten zumindest für Menschen mit dringenden Problemen wie zum Beispiel hohem Fieber oder starken Schmerzen eine lange Zeit.

Zu Stoßzeiten kann es noch deutlich länger dauern: 11 Prozent warteten über eine Stunde. Einzelne Betroffene berichteten sogar von vier Stunden Wartezeit mit dem 85-jährigen Vater mitten in einer Großstadt oder über zwei Stunden mit der hoch fiebernden Tochter. Die Ergebnisse zeigen: je länger die Wartezeit, desto unzufriedener die Patienten.

Lange Warteschleifen werden auch beim telefonischen Service unter der 116 117 mit Abstand am häufigsten moniert: 57 Prozent der Anruferinnen und Anrufer sahen hier Verbesserungspotenzial gegenüber nur 23 Prozent bei der Kompetenz des Ansprechpartners am Telefon und 15 Prozent bei dessen Freundlichkeit.

Praxis im Schnitt 10 Kilometer entfernt

Die Strecke, die Patientinnen und Patienten zur Bereitschaftspraxis zurücklegen, beträgt im Schnitt rund zehn Kilometer. Mehr als 20 Kilometer fahren müssen 12 Prozent. 39 Prozent finden eine Bereitschaftspraxis nur bis zu 5 Kilometer entfernt. Mehr als drei Viertel der Befragten (78 Prozent) sind mit dem Auto zur Bereitschaftspraxis gefahren.

In ländlichen Gegenden (Wohnorte unter 5000 Einwohner) sind es im Durchschnitt 14 Kilometer Strecke. Die Entfernung in Kilometern ist umso größer, je ländlicher die Gegend – allerdings dauert die Anfahrt auf dem Land nicht länger als in der Stadt und auch bei der Wartezeit gibt es kaum Unterschiede.

Mehr Info, bessere Patientensteuerung

Grundsätzlich sollten Patientinnen und Patienten noch besser informiert werden, wann der Bereitschaftsdienst (Telefon 116 117) und wann die Notaufnahme (Telefon 112) die richtige Adresse ist, um falsche Zuordnung aufgrund von Unwissenheit zu vermeiden.

Mittelfristig ist nach Ansicht des ADAC Studienteams ein integriertes System die bessere Alternative, bei dem die Patienten – egal, welche Nummer sie wählen – zum richtigen Ansprechpartner geleitet und adäquat versorgt werden. Weiter verfolgt werden sollte daher das Konzept eines gemeinsamen Notfallleitsystems (GNL), um über eine zentrale Anlaufstelle eine effektive Patientensteuerung zu gewährleisten.

Telemedizin ausbauen

Digitale Hilfsangebote könnten laut ADAC Studie künftig Bereitschaftspraxen und damit indirekt Notaufnahmen entlasten. Sinnvoll sei eine Stärkung der Telemedizin, bei der zum Beispiel für die ärztliche Fernuntersuchung das Smartphone genutzt wird, um per Bild und Ton die Symptome einschätzen zu können.

Die Studie zeigte, dass 14 Prozent der Deutschen bereits Erfahrung mit Telemedizin haben. Jüngere Altersgruppen können sich eine zukünftige Nutzung eher vorstellen: 40 Prozent der Befragten unter 35 Jahren halten es für (sehr) wahrscheinlich, Telemedizin in den nächsten Jahren zu nutzen, aber nur 16 Prozent in der Altersgruppe 65 und älter.

Trotz des bekannten Personalmangels sollte nach Ansicht des ADAC Studienteams versucht werden, möglichst mehr Kräfte in den Stoßzeiten für die 116 117 Hotline und in den Bereitschaftspraxen einzusetzen, um Wartezeiten zu reduzieren, die Erreichbarkeit zu erhöhen und dadurch ein Ausweichen von Patienten auf die Telefonnummer 112 oder in Notaufnahmen zu vermeiden.

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So wurde die ADAC Studie durchgeführt

Mit der Untersuchung und Auswertung beauftragte der ADAC die komma Forschungs- und Beratungsgesellschaft mit Sitz in München. Einen Online-Fragebogen ausgefüllt haben im Januar und Februar 2023 dafür 1015 Personen ab 18 Jahren aus der Gesamtbevölkerung in Deutschland sowie 2000 Personen ab 18 Jahren, die im Jahr 2022 in einer ärztlichen Bereitschaftspraxis behandelt wurden oder eine hilfsbedürftige Person begleitet haben.