Kraftstoffe der Zukunft im Test: Sind E-Fuels wirklich umweltfreundlich?

Im Video: So hat der ADAC E-Fuels-Benzin und HVO-Diesel getestet ∙ Bild: © ADAC/Test und Technik, Video: © ADAC e.V.

E-Fuels und HVO-Diesel gelten als klimafreundliche Kraftstoffe. Doch könnten Verbrennerfahrzeuge sie heute schon nutzen? Und erhöht sich dann der Verbrauch, oder werden sogar mehr Schadstoffe ausgestoßen? Der ADAC hat das jetzt gemessen.

  • Mit E-Fuels: Gebrauchter Golf VII fährt problemlos

  • E-Fuels halten die gültigen Kraftstoffnormen ein

  • Schadstoffausstoß weit unter den Grenzwerten

Auch wenn die Elektromobilität ins Rollen kommt: Wenn es um den Bestand an Fahrzeugen mit einem Diesel- oder Benzinmotor geht, sind CO₂-neutrale Kraftstoffe mehr oder weniger unabdingbar. Denn selbst wenn im Jahr 2030 das politische Ziel von 15 Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen erreicht sein sollte, fahren hierzulande immer noch ungefähr 30 Millionen Pkw mit herkömmlichem fossilem Kraftstoff, dessen Verbrennung das Klima belastet.

Kraftstoffe der Zukunft: Stand der Technik

Eine Glasflasche mit E-Fuels Kraftstoff Synfuel
Der eFuel-Kraftstoff der Firma CAC, im Foto ohne Beimischung von Bioethanol© Synfuel

Von der Theorie her bieten sich vor allem E-Fuels als Problemlösung an. Denn zur Herstellung von E-Fuels braucht man "nur" Strom, Wasser – und CO₂, den Stoff, der die Erdatmosphäre bedrohlich erwärmt. Der Clou der Technologie: Bei der Herstellung von E-Fuels kann CO₂ der Atmosphäre entzogen werden. Geschieht der Prozess mithilfe von regenerativem Strom aus Wind und Sonne, sind E-Fuels als klimaneutraler Energieträger nicht zu schlagen.

Nachteil von E-Fuels: Der schlechte Wirkungsgrad in der Energiekette© ADAC e.V.

Allerdings: Aufgrund der zahlreichen einzelnen Schritte fallen bei der Herstellung von E-Fuels hohe Wirkungsverluste an. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben in der "Well to Wheel"-Betrachtung am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig. Zum Vergleich: Im Elektroauto kommen 70 bis 80 Prozent der Ausgangsenergie am Rad an. Außerdem fehlt es bisher an den Produktionsanlagen. Die aufzubauen kostet neben dem technologischen Know-how viel Zeit, Fläche und immens viel Geld.

Daher kommt es darauf an, E-Fuels in Weltregionen zu erzeugen, in denen Sonne und Wind kontinuierlicher und intensiver zur Verfügung stehen als etwa in Mitteleuropa.

Die durch Sonne, Wind und Wasser in Deutschland erzeugte Strommenge schwankt stark – unter idealen Bedingungen wird schon jetzt mehr erneuerbare Energie erzeugt, als gerade verbraucht werden kann.

In diesen Situationen ist die Effizienz weniger entscheidend, Hauptsache, die Energie bleibt nicht ungenutzt. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang, bei welchen Einsatzzwecken (stationäre) Batterien, gasförmiger Wasserstoff oder ein flüssiger Energieträger als Speicher sinnvoll sind. Beim Transport über weite Strecken haben flüssige Energieträger eindeutig Vorteile.

Weniger Zukunftsmusik ist sogenannter HVO-Kraftstoff (HVO = Hydrogenated Vegetable Oils). Solche hydrierten Pflanzenöle, die zu den paraffinischen Kraftstoffen gehören, werden aktuell schon als Ersatz für Diesel produziert. In Skandinavien zum Beispiel ist HVO-Kraftstoff an Tankstellen zum Verkauf freigegeben, in Deutschland leider noch nicht. Als Ausgangsstoff wird Biomasse (darunter auch Rest- und Abfallstoffe) genutzt, wodurch diese Kraftstoffe nachhaltiger sind. Beispiele: C.A.R.E. Diesel oder NExtBTL von Neste.

Da aktuell E-Fuels und HVO-Kraftstoffe als Energieträger im zukünftigen Verkehr gehandelt werden, hat der ADAC gemessen, ob sich ihre Verwendung aufseiten der Verträglichkeit, der Schadstoffe oder beim Verbrauch negativ auswirkt. Bisher sind von herstellerunabhängiger Seite praktisch keine Messergebnisse bekannt.

Keine Probleme: E-Fuel-Praxistest erfolgreich

Frontansicht des VW Golf 7
VW Golf VII der "Autodoktoren" im Fernsehen: Alles im grünen Bereich© ADAC/Test und Technik

Beim Projekt im Rahmen einer Kooperation mit dem ZDK (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe) und der Fernsehsendung "Die Autodoktoren" wurde im Zeitraum von Juni bis August 2022 ein gebrauchter VW Golf VII 1,4 TSI mit einem aktuell erhältlichen E-Fuel betankt und getestet. UNITI stellte den in einer Versuchsanlage der Chemieanlagenbau Chemnitz (CAC GmbH) hergestellten synthetischen Kraftstoff zur Verfügung.

Das Ergebnis des Praxistests: Beim technisch unveränderten Golf, der über mehrere Tausend Kilometer mit E-Fuels betrieben wurde, waren bei den technischen Eigenschaften, der Leistung und dem Fahrverhalten keine Unterschiede spürbar.

Ein VW T1 auf dem Testgelände in Penzing
VW Bus T1 der ADAC Oldtimer-Abteilung: Langzeittest über viele Tausend Kilometer© ADAC/Test und Technik

In einem Langzeitprojekt der ADAC Klassik-Abteilung soll in einem zweiten Schritt herausgefunden werden, ob sich synthetischer Kraftstoff prinzipiell auch in einem Oldtimer wie dem VW Bus T1 einsetzen lässt, ohne dass es zu Schädigungen am Motor, den Dichtungen, der Kraftstoffleitung oder der -pumpe kommt. Getestet wird ein für den Motorsport entwickelter Kraftstoff ohne Ethanolanteil. Der ist besonders geeignet, weil Oldtimer Ethanol meist nicht vertragen.

Schadstoffmessungen auf dem Prüfstand

Die Kraftstoffe wurden in fünf Fahrzeugmodellen auf dem ADAC Prüfstand untersucht. In über 100 Messungen – am Stück würde das über zwei Monate durchgehendes Messen bedeuten – wurden die Abgasemissionen und die Verbräuche exakt bestimmt und miteinander verglichen. Alle Fahrzeuge mussten die bewährten Zyklen des ADAC Ecotest durchlaufen, also die für das jeweilige Auto gültigen Zulassungszyklen unter verschiedenen Bedingungen wie auch den anspruchsvollen Autobahntest.

Im Test mit E-Fuel-Benzin:

Im Test mit HVO-Diesel:

E-Fuel-Benzin: Schadstoffmessungen

VW Golf VIII

Der VW Golf 8 auf dem PRüfstand
VW Golf 2.0 TSI, Baujahr 2022: Mit eFuel 40 Prozent weniger Stickoxide© ADAC/Test und Technik

Der getestete Golf 2.0 TSI gehört zur aktuellen Benzinergeneration mit Turboaufladung, Direkteinspritzung und Ottopartikelfilter. Er erfüllt die finale Euro-6d-Abgasnorm. Alle Messergebnisse bestätigen die sehr geringen Schadstoffemissionen des Motors. In allen Zyklen werden die Grenzwerte weit unterschritten, selbst im sehr anspruchsvollen Autobahnzyklus des ADAC Ecotest. Die Partikelemissionen sind mit beiden Kraftstoffen ausgesprochen niedrig. Der NOₓ-Ausstoß sinkt durch den strombasierten Kraftstoff sogar um etwa 40 Prozent.

Ford Fiesta

Seitenansicht eines stehenden Ford Fiesta
Der Ford Fiesta aus dem Jahr 2016 hält die Grenzwerte mit beiden Kraftstoffen ein, wenn auch längst nicht so gut wie der aktuelle VW Golf© ADAC/Test und Technik

Der 1.0-EcoBoost-Motor im Ford Fiesta war einer der ersten Euro-6-Motoren im Modell. Er ist mit Direkteinspritzung und Turbolader ausgestattet. Ford hat den Motor auf möglichst günstige Verbrauchswerte ausgelegt, nach NEFZ wurde ein Herstellerverbrauch von 4,3 l/100 km bzw. 99 g/km CO₂ versprochen. Im Test bewegen sich die Schadstoffemissionen teilweise im Bereich der Grenzwerte. Mit dem E-Fuel von CAC ergibt sich bei den Stickoxiden zwar eine leichte Verschlechterung, doch die prozentuale Differenz ist so marginal (in absoluten Werten), dass sie auch auf Messtoleranzen zurückzuführen sein könnte.

VW Golf VII

Auch der im Dauertest gefahrene VW Golf VII mit dem 1,4-Liter-Turbobenziner wurde auf dem Prüfstand gemessen. Er verfügt noch nicht über einen Partikelfilter, gehört aber zu den technisch aufwendigeren Direkteinspritzern, bei denen die Partikelemissionen durch innermotorische Maßnahmen reduziert werden. Ergebnis der ADAC Messungen: Mit dem E10-E-Fuel der Firma CAC ändern sich die Emissionen nur geringfügig. Trotz leicht erhöhter Stickoxide und einer erhöhten Anzahl von Partikeln im Abgas bleiben die Werte gesetzeskonform.

HVO-Diesel: Schadstoffmessungen

BMW 320d

Front und Seite des 3er BMW
BMW 320d, Baujahr 2013: Kein Anstieg bei den Schadstoffemissionen© ADAC/Test und Technik

Da BMW seine komplette Dieselflotte, auch ältere Bestandsfahrzeuge, für paraffinische Kraftstoffe wie HVO freigegeben hat, konnte ein BMW 320d Touring aus dem Jahr 2013 zum Test genutzt werden. Das Fahrzeug hatte bei den Messungen schon eine Laufleistung von 280.000 Kilometer – umso erstaunlicher sind die Ergebnisse: Sowohl mit mineralischem als auch mit paraffinischem Diesel hält der BMW die gesetzlichen Grenzwerte im Prüfzyklus ein. Aufgrund der niedrigeren Energiedichte von HVO steigt der Verbrauch etwas an, die CO₂-Emissionen bleiben aber gleich.

VW Touran TDI

Seitenansicht eines fahrenden VW Touran
VW Touran TDI, Baujahr 2022: Alle Werte auch mit HVO-Diesel weit unter den gesetzlichen Limits© ADAC/Test und Technik

Auch VW hat seine Dieselmodelle nun für paraffinische Kraftstoffe freigegeben – allerdings nicht rückwirkend wie BMW. Die neueste Vierzylinder-Dieselgeneration verfügt unter anderem über ein doppeltes SCR-System mit AdBlue-Einspritzung. Damit sind die Schadstoffemissionen im Prüfzyklus sehr gering. Auch mit HVO 100 ändern sich die Emissionen praktisch nicht, alle Grenzwerte werden weit unterschritten.

Und selbst im anspruchsvollen Autobahnzyklus des ADAC bleiben die Emissionen unter den Grenzwerten. Der Kraftstoff – ob Diesel oder HVO – spielt dabei keine Rolle. Die erhöhten NOₓ-Werte liegen im Rahmen der Messtoleranz.

Hier finden Sie alles Wissenswerte zu paraffinischen Kraftstoffen und die Freigaben der Hersteller
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E-Fuels und HVO: Positive CO₂-Bilanz

Die CO₂-Verbrauchsmessungen zeigen: Der lokale CO₂-Ausstoß der Pkw mit E-Fuel oder HVO bleibt auf ähnlichem Niveau wie mit fossilem Kraftstoff. Trotzdem gibt es einen entscheidenden Unterschied bei der Verwendung von synthetischem oder fossilem Kraftstoff: Denn das emittierte CO₂ ist im Falle eines synthetischen oder eines Bio-Kraftstoffs der Atmosphäre direkt entzogen (E-Fuel) bzw. über das Wachstum der Pflanzen (HVO) entzogen worden. In der Bilanz erhöht sich die CO₂-Belastung der Atmosphäre nicht, der CO₂-Kreislauf gilt als geschlossen.

Fazit: E-Fuels für Verbrenner eine Alternative

Die Messungen zeigen fast durchweg, dass sich weder die CO₂- noch die Schadstoffemissionen durch die alternativen Kraftstoffe relevant ändern. Die Kraftstoffe funktionieren einwandfrei, sofern die Modelle für den jeweiligen Sprit freigegeben sind. Bei E-Fuels nach der EN-228-Norm für Ottokraftstoffe verhält es sich einfach, weil diese in jedem üblichen Benziner genutzt werden dürfen. Dieselmodelle wiederum müssen für HVO explizit freigegeben sein, die Zahl der Freigaben wächst aber stetig.

Das heißt: E-Fuels können nicht nur die CO₂-Bilanz bei der bestehenden Fahrzeugflotte verbessern, sondern im geringfügigen Maß auch die Schadstoffemissionen reduzieren (z.B. durch niedrigen Aromatengehalt). Sie wären damit eine gute Ergänzung zum Markthochlauf der Elektromobilität.

Die Politik sollte daher wirtschaftliche Anreize für E-Fuel-Hersteller setzen, denn die hohen Investitionen und Entwicklungsaufwände erfordern Planungssicherheit. Außerdem sollte in Deutschland endlich die Freigabe für den regulären Verkauf von HVO kommen, wie es auch in anderen EU-Ländern bereits üblich ist.

Prinzipiell sind mineralische und künstliche Kraftstoffe mischbar, sodass der E-Fuel-Anteil je nach Verfügbarkeit gesteigert werden kann. Daher sollte die Chance ergriffen werden, den fossilen Anteil durch Beimischung von E-Fuel zu reduzieren und so einen Beitrag für den Umweltschutz zu leisten.

Einen ausführlichen Standpunkt des ADAC zum Thema finden Sie in diesem PDF: Klimaverträgliche Kraftstoffe für den Pkw.

So hat der ADAC die Tests durchgeführt

Vor den Abgasmessungen wurden Kraftstoffanalysen durchgeführt. Sie zeigten, dass die gültigen Kraftstoffnormen (z.B. EN228 für Benzin) nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich eingehalten werden. Dem von CAC bereitgestellten E-Fuel waren zehn Prozent Bioethanol beigemischt. Der E-Fuel entsprach also der Spezifikation eines fossilen Super-E10-Kraftstoffs.

Um vergleichbare und reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, wurden alle Testfahrzeuge auf dem ADAC Abgasprüfstand in mehreren Fahrzyklen sowohl mit fossilen Kraftstoffen als auch mit E-Fuel und HVO-Diesel gefahren. So konnten die Emissionswerte einander gegenübergestellt und miteinander verglichen werden.

Als Testprozedur wurde dabei die Methodik des ADAC Ecotest angewandt. Das heißt, der jeweils gültige Zulassungszyklus WLTC oder NEFZ wurde mit Kaltstart gefahren und durch einen WLTC-Zyklus mit betriebswarmem Motor sowie den speziell entwickelten ADAC Autobahnzyklus ergänzt, um das Emissionsverhalten auch bei höheren Motorlasten zu überprüfen.

Hier finden Sie weitere Informationen zu E-Fuels sowie HVO und alle Details zum ADAC Test der Kraftstoffe
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Messungen und Testbericht: ADAC Technik Zentrum Landsberg/Martin Ruhdorfer