Kraftstoffe der Zukunft im Test: Sind E-Fuels wirklich umweltfreundlich?
E-Fuels und HVO-Diesel gelten als klimafreundliche Kraftstoffe. Doch könnten Verbrennerfahrzeuge sie heute schon nutzen? Und erhöht sich dann der Verbrauch, oder werden sogar mehr Schadstoffe ausgestoßen? Der ADAC hat das bereits 2022 gemessen.
Mit E-Fuels: Gebrauchter Golf VII fährt problemlos
E-Fuels halten die gültigen Kraftstoffnormen ein
Schadstoffausstoß weit unter den Grenzwerten
Auch wenn die Elektromobilität ins Rollen kommt: Wenn es um den Bestand an Fahrzeugen mit einem Diesel- oder Benzinmotor geht, sind CO₂-neutrale Kraftstoffe mehr oder weniger unabdingbar. Denn selbst wenn im Jahr 2030 das politische Ziel von 15 Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen erreicht sein sollte, fahren hierzulande immer noch ungefähr 30 Millionen Pkw mit herkömmlichem fossilem Kraftstoff, dessen Verbrennung das Klima belastet.
Kraftstoffe der Zukunft: Stand der Technik
Von der Theorie her bieten sich vor allem E-Fuels als Problemlösung an. Denn zur Herstellung von E-Fuels braucht man "nur" Strom, Wasser – und CO₂, den Stoff, der die Erdatmosphäre bedrohlich erwärmt. Der Clou der Technologie: Bei der Herstellung von E-Fuels kann CO₂ der Atmosphäre entzogen werden. Geschieht der Prozess mithilfe von regenerativem Strom aus Wind und Sonne, sind E-Fuels als klimaneutraler Energieträger nicht zu schlagen.
Allerdings: Aufgrund der zahlreichen einzelnen Schritte fallen bei der Herstellung von E-Fuels hohe Wirkungsverluste an. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben in der "Well to Wheel"-Betrachtung am Ende nur 10 bis 15 Prozent übrig. Zum Vergleich: Im Elektroauto kommen 70 bis 80 Prozent der Ausgangsenergie am Rad an. Außerdem fehlt es bisher an den Produktionsanlagen. Die aufzubauen kostet neben dem technologischen Know-how viel Zeit, Fläche und immens viel Geld.
Daher kommt es darauf an, E-Fuels in Weltregionen zu erzeugen, in denen Sonne und Wind kontinuierlicher und intensiver zur Verfügung stehen als etwa in Mitteleuropa.
Die durch Sonne, Wind und Wasser in Deutschland erzeugte Strommenge schwankt stark – unter idealen Bedingungen wird schon jetzt mehr erneuerbare Energie erzeugt, als gerade verbraucht werden kann.
In diesen Situationen ist die Effizienz weniger entscheidend, Hauptsache, die Energie bleibt nicht ungenutzt. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang, bei welchen Einsatzzwecken (stationäre) Batterien, gasförmiger Wasserstoff oder ein flüssiger Energieträger als Speicher sinnvoll sind. Beim Transport über weite Strecken haben flüssige Energieträger eindeutig Vorteile.
Da aktuell E-Fuels als Energieträger im zukünftigen Verkehr gehandelt werden, hat der ADAC bereits 2022 gemessen, ob sich ihre Verwendung auf Seiten der Verträglichkeit, der Schadstoffe oder beim Verbrauch negativ auswirkt. Bisher sind von herstellerunabhängiger Seite praktisch keine Messergebnisse bekannt.
E-Fuel Praxistest
Beim Projekt im Rahmen einer Kooperation mit dem ZDK (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe) und der Fernsehsendung "Die Autodoktoren" wurde im Zeitraum von Juni bis August 2022 ein gebrauchter VW Golf VII 1,4 TSI mit einem zu diesem Zeitpunkt erhältlichen E-Fuel betankt und getestet. UNITI stellte den in einer Versuchsanlage der Chemieanlagenbau Chemnitz (CAC GmbH) hergestellten synthetischen Kraftstoff zur Verfügung.
Das Ergebnis des Praxistests: Beim technisch unveränderten Golf, der über mehrere Tausend Kilometer mit E-Fuels betrieben wurde, waren bei den technischen Eigenschaften, der Leistung und dem Fahrverhalten keine Unterschiede spürbar.
Schadstoffmessungen auf dem Prüfstand
Die Kraftstoffe wurden in fünf Fahrzeugmodellen auf dem ADAC Prüfstand untersucht. In über 100 Messungen – am Stück würde das über zwei Monate durchgehendes Messen bedeuten – wurden die Abgasemissionen und die Verbräuche exakt bestimmt und miteinander verglichen. Alle Fahrzeuge mussten die bewährten Zyklen des ADAC Ecotests durchlaufen, also die für das jeweilige Auto gültigen Zulassungszyklen unter verschiedenen Bedingungen wie auch den anspruchsvollen Autobahntest.
Die Testfahrzeuge:
Die Messungen mit E-Fuel-Benzin
VW Golf VIII
Der getestete Golf 2.0 TSI gehört zur aktuellen Benzinergeneration mit Turboaufladung, Direkteinspritzung und Ottopartikelfilter. Er erfüllt die finale Euro-6d-Abgasnorm. Alle Messergebnisse bestätigen die sehr geringen Schadstoffemissionen des Motors. In allen Zyklen werden die Grenzwerte weit unterschritten, selbst im sehr anspruchsvollen Autobahnzyklus des ADAC Ecotests. Die Partikelemissionen sind mit beiden Kraftstoffen ausgesprochen niedrig. Der NOₓ-Ausstoß sinkt durch den strombasierten Kraftstoff sogar um etwa 40 Prozent.
Ford Fiesta
Der 1.0-EcoBoost-Motor im Ford Fiesta war einer der ersten Euro-6-Motoren im Modell. Er ist mit Direkteinspritzung und Turbolader ausgestattet. Ford hat den Motor auf möglichst günstige Verbrauchswerte ausgelegt, nach NEFZ wurde ein Herstellerverbrauch von 4,3 l/100 km bzw. 99 g/km CO₂ versprochen. Im Test bewegen sich die Schadstoffemissionen teilweise im Bereich der Grenzwerte. Mit dem E-Fuel von CAC ergibt sich bei den Stickoxiden zwar eine leichte Verschlechterung, doch die prozentuale Differenz ist so marginal (in absoluten Werten), dass sie auch auf Messtoleranzen zurückzuführen sein könnte.
VW Golf VII
Auch der im Dauertest gefahrene VW Golf VII mit dem 1,4-Liter-Turbobenziner wurde auf dem Prüfstand gemessen. Er verfügt noch nicht über einen Partikelfilter, gehört aber zu den technisch aufwendigeren Direkteinspritzern, bei denen die Partikelemissionen durch innermotorische Maßnahmen reduziert werden. Ergebnis der ADAC Messungen: Mit dem E10-E-Fuel der Firma CAC ändern sich die Emissionen nur geringfügig. Trotz leicht erhöhter Stickoxide und einer erhöhten Anzahl von Partikeln im Abgas bleiben die Werte gesetzeskonform.
Fazit: Positive CO₂-Bilanz
Der lokale CO₂-Ausstoß der Pkw mit E-Fuel bleibt auf ähnlichem Niveau wie mit fossilem Kraftstoff. Trotzdem gibt es einen entscheidenden Unterschied bei der Verwendung von synthetischem oder fossilem Kraftstoff: Denn das emittierte CO₂ ist im Falle eines synthetischen oder eines Bio-Kraftstoffs der Atmosphäre direkt entzogen (E-Fuel) bzw. über das Wachstum der Pflanzen (HVO) entzogen worden. In der Bilanz erhöht sich die CO₂-Belastung der Atmosphäre nicht, der CO₂-Kreislauf gilt als geschlossen.
Die Politik sollte daher wirtschaftliche Anreize für E-Fuel-Hersteller setzen, denn die hohen Investitionen und Entwicklungsaufwände erfordern Planungssicherheit.
Prinzipiell sind mineralische und künstliche Kraftstoffe mischbar, sodass der E-Fuel-Anteil je nach Verfügbarkeit gesteigert werden kann. Daher sollte die Chance ergriffen werden, den fossilen Anteil durch Beimischung von E-Fuel zu reduzieren und so einen Beitrag für den Umweltschutz zu leisten.
Einen ausführlichen Standpunkt des ADAC zum Thema finden Sie in diesem PDF: Klimaverträgliche Kraftstoffe für den Pkw.
So hat der ADAC die Tests durchgeführt
Vor den Abgasmessungen wurden Kraftstoffanalysen durchgeführt. Sie zeigten, dass die gültigen Kraftstoffnormen (z.B. EN228 für Benzin) nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich eingehalten werden. Dem von CAC bereitgestellten E-Fuel waren 10 Prozent Bioethanol beigemischt. Der E-Fuel entsprach also der Spezifikation eines fossilen Super-E10-Kraftstoffs.
Um vergleichbare und reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, wurden alle Testfahrzeuge auf dem ADAC Abgasprüfstand in mehreren Fahrzyklen sowohl mit fossilen Kraftstoffen als auch mit E-Fuel gefahren. So konnten die Emissionswerte einander gegenübergestellt und miteinander verglichen werden.
Als Testprozedur wurde die Methodik des ADAC Ecotests angewandt. Das heißt, der jeweils gültige Zulassungszyklus WLTC oder NEFZ wurde mit Kaltstart gefahren und durch einen WLTC-Zyklus mit betriebswarmem Motor sowie den speziell entwickelten ADAC Autobahnzyklus ergänzt, um das Emissionsverhalten auch bei höheren Motorlasten zu überprüfen.
Messungen und Testbericht: ADAC Technik Zentrum Landsberg/Martin Ruhdorfer