Elektroroller: Sieben Modelle im Test

Drei Damen mit den neuesten Elektrorollern fahren über einen Feldweg
© ADAC/Rasmus Kaessmann

Der ADAC hat Elektroroller zu Preisen zwischen 2300 und 6400 Euro getestet. Die Scooter von Vespa, Schwalbe und anderen sind maximal 45 km/h schnell. Durchgefallen ist keiner, bei Reichweite und Ladedauer unterscheiden sie sich aber erheblich.

  • Unkompliziert zu bedienen, günstig zu versichern

  • Fahrbar mit Mopedlizenz AM oder Autoführerschein

  • Nicht alle Kandidaten haben herausnehmbare Batterien 

Elektroroller boomen. Die Zahl der Hersteller wächst stetig, in größeren Städten buhlen immer mehr Scooter-Verleihfirmen um Kunden, der Verkauf an Privatkunden legt pro Jahr um gut 50 Prozent zu. Die Gründe für die Beliebtheit der E-Roller liegen auf der Hand: Sie sind vor allem im innerörtlichen Verkehr praktisch, weil man dort mit ihrer überschaubaren Reichweite meist gut auskommt. Und nicht nur Fahrer, sondern auch Anwohner freuen sich über den lokal emissionsfreien und fast lautlosen Antrieb.

Hinzu kommt: Der Führerschein AM, den man für Kleinkrafträder bis 45 km/h braucht, ist im Autoführerschein enthalten, im Motorrad-Lappen sowieso. Ansonsten ist die AM-Lizenz ab 16 zu erwerben, in den neuen Bundesländern sogar schon mit 15 – die restlichen Länder dürfen sich nach einem Beschluss der Bundesregierung anschließen. Auch schön: Die Versicherung, das "kleine Kennzeichen", kostet jährlich je nach Alter der Nutzer nur zwischen rund 50 und 100 Euro inklusive Teilkasko.

Italo-Legende Vespa gegen DDR-Ikone Schwalbe

Gründe genug also, sieben aktuelle E-Roller zu Preisen zwischen 2300 und 6400 Euro genauer unter die Lupe zu nehmen und auf Stärken und Schwächen zu testen. Im ADAC Test dabei waren die Scooter-Ikone Vespa in der Version "Elettrica", ansonsten Modelle der aufstrebenden Marken Govecs (mit einem Remake des legendären DDR-Rollers "Schwalbe"), Niu, Torrot, Vässla, unu und Kumpan.

Um's direkt zu sagen: Wirklich schlecht ist keiner. Zwar können sich Govecs Schwalbe und Vespa Elettrica als teuerste Vertreter am Ende klar behaupten. Doch brauchbare und zufriedenstellende Scooter sind auch für die Hälfte des Geldes zu finden, das man für einen der Spitzenreiter berappen muss. 

Hersteller/ModellPreis in EuroADAC UrteilAlltagstauglichkeitErgonomieAntriebFahreigenschaftenzum Vergleich hinzufügen
Govecs Schwalbe
5.390
2,3
2,8
2,2
2,3
2,0
Piaggio Vespa Elettrica
6.390
2,5
2,3
2,2
2,3
3,1
Niu N1 S
2.899
3,1
2,4
3,2
3,4
3,5
Torrot Muvi
4.999
3,2
3,4
3,2
3,2
3,3
Vässla 2
2.500
3,3
2,3
3,9
3,7
3,5
Unu Scooter Classic
2.299
3,5
3,1
3,8
3,5
3,5
Kumpan 1954 Ri
4.999
4,11
4,61
1,8
3,2
2,6
  1. 1 · Abwertung der Gesamtnote im Kriterium Alltagstauglichkeit

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

© ADAC e.V.

Reichweite und Verbrauch

An diese Frage müssen sich E-Roller-Nutzer gewöhnen: "Wie weit kommst Du denn damit?" Antwort: Kommt darauf an – wieviel Energie der Roller speichern kann und wieviel er verbraucht.

Bis auf Vespa und NIU sind alle Kandidaten mit unterschiedlichen Batteriekapazitäten erhältlich (siehe Grafik), die Reichweiten variieren damit zwischen gut 30 und knapp 100 Kilometern.

Sprich: Für flinke Besorgungen im näheren Umfeld ist man gerüstet, für weitere Ausflüge nur bei entsprechender Akku-Bestückung – und auch nur, wenn der Roller regelmäßig geladen wird.

Laden des Akkus

Und beim Laden lauert die Tücke: Die beiden wertigsten Roller mit den stärksten Motoren, Vespa und Schwalbe, haben große, fest eingebaute Batterien. Sprich: Das Ladekabel ist am Roller festverbaut und muss zum Laden herausgezogen werden.

Bei den übrigen Scootern lassen sich die Akkus zum Laden herausnehmen – ein großer Vorteil in der Stadt, da Besitzer dort nur selten eine Steckdose an der Haustür haben. Doch auch das Laden daheim ist bei einigen Rollern nicht ohne Krux: Die Ladegeräte von Kumpan, unu und Vässla haben nur einen Stecker, bei mehreren Akkus kann also nur jeweils einer geladen werden.

So oder so: Die Ladung einer leer gefahrenen Batterie dauert – zwischen erträglichen knapp vier Stunden bei der Vespa bis zu 8,5 Stunden beim Niu (siehe Grafik). Schnell-Laden wie beim E-Auto geht nicht.

Fahreigenschaften

Anfahrt an einer Steigung mit zwei Personen auf der Schwalbe Govecs und Torrot Muvi
Anfahren am Berg: Die Schwalbe zieht los, Torrot kommt nicht vom Fleck© ADAC/Uwe Rattay

Solche "Roller für jedermann" müssen unkompliziert und leichtfüßig, aber stabil zu fahren sein. Am besten gelingt dies der Schwalbe, die in Sachen Fahrwerk, Federung und Bremsen große Reserven hat. Sie ist allerdings auch der schwerste Roller.

Ähnlich gut die Vespa, bei den anderen gilt: Je kleiner die Räder (unu mit 10-Zoll-Mini-Bereifung), desto rumpeliger der Komfort und wackeliger der Geradeauslauf. Beim Bremsen schwächelt der NIU, der aus Tempo 40 erst nach 9,5 Meter steht und damit eine Fahrzeuglänge mehr braucht als die Schwalbe. 

Trotzdem: Auf allen sieben Kandidaten hat man nach kurzer Zeit das Gefühl, problemlos unterwegs zu sein. Mehr als Tempo 45 ist ja auch nicht drin – was in der Stadt (und erst recht auf der Landstraße) allerdings auch zum Stressfaktor werden kann. Von hinten drängelnde Autos sind ein häufiges Bild im Rückspiegel, und dann würde man viel darum geben, mit 55 oder 60 km/h in der Masse mitschwimmen zu können.

Antrieb

Bei Motorleistungen zwischen 1200 (Vässla) und 4000 Watt (Govecs) fallen auch die Fahrleistungen sehr unterschiedlich aus. Im Sprint von null auf 40 km/h trennen den "Sieger" Schwalbe (5,0 s) und das Schlusslicht unu (9,3 s) mehr als vier Sekunden.

Die Schwalbe fliegt (gemeinsam mit der Vespa) auch beim Anfahren an der 16-prozentigen Steigung allen davon: Beladen mit zwei Personen setzen sich die schwächeren Roller hier nur sehr widerwillig in Bewegung, der Torrot Muvi kommt gar nicht vom Fleck.

Alltagstauglichkeit

Der rote Elektroroller UNU beim Test mit zwei Personen darauf
Sitzprobe: Zwei erwachsene Männer und ein (zu) kleiner unu© ADAC/Uwe Rattay

Fünf der sieben Roller sind angenehm leicht, wiegen weniger als 100 Kilo und lassen sich damit hervorragend rangieren. Schwalbe und Vespa als "Schwergewichte" verlangen hier nach einer zupackenden Hand, vermitteln dann aber beim Fahren am meisten  Sicherheit und Stabilität. Zugelassen für zwei Personen sind alle Kandidaten, allerdings wird's auf unu und Vässla dann beklemmend eng. 

Kleinere und größere Staufächer sind praktisch, am wenigsten davon hat die Schwalbe zu bieten. Ein kleinerer Jethelm passt – mit Glück – nur bei Vespa und Niu unter die Sitzbank. Schön das eigene Handyfach im Niu mit Lademöglichkeit; der Niu punktet zudem mit einer guten Handy-App, die per Online-Verbindung von überall her Auskunft über Ladestand, Reichweite oder Standort des Rollers erlaubt. 

Zur Alltagstauglichkeit gehört natürlich auch die Sicherheit bei Nacht, sprich: die Qualität der Beleuchtung. Vier Roller setzen bereits auf moderne LED-Scheinwerfer – nicht nur Vespa und Schwalbe als ohnehin teure Modelle, sondern auch Niu und Vässla.

Das restliche Trio muss mit konventionellem Halogenlicht auskommen, was besonders beim Kumpan zu höchst mageren Ergebnissen führt: Sogar mit Fernlicht reicht der Lichtkegel gerade mal zehn Meter weit, womit er sich für Nachtfahrten disqualifiziert. Ein (vermeidbarer) Sicherheitsmangel, deshalb: Abwertung, letzter Platz. Kumpan hat auf Anfrage des ADAC versprochen, beim Licht nachzubessern. Für bereits verkaufte Roller werde es auch Nachrüstsätze mit LED-Licht geben.

E-Roller: Tipps für Verbraucher

  • Wer sich für einen E-Roller interessiert, sollte vor dem Kauf unbedingt eine Probefahrt machen. Die Roller fallen unterschiedlich groß aus; wer lange Beine hat, behindert womöglich mit seinen Knien den Lenkeinschlag. Bei großen Rollern wiederum kommen kleinere Menschen nicht mit beiden Füßen auf den Boden.

  • Einige Roller kann man nur im Internet kaufen. Diese Scooter werden geliefert, die Endmontage (z.B. Montage der Spiegel) ist Sache des Kunden. Heißt: Eine Probefahrt ist hier nicht möglich. Servicepartner findet man oftmals nur in Großstädten. 

  • Unbedingt checken, wo der E-Roller aufgeladen werden kann. Modelle mit fest verbautem Akku lassen sich nur per Kabel an der Steckdose laden. Dagegen können herausnehmbare Akkus bequem in der Wohnung Strom tanken und bieten so mehr Flexibilität.

  • Gut überlegen, welche Strecken anfallen. Wer mit der Reichweite in der Basisversion auskommt, kann auf Zusatzakkus verzichten und viel Geld sparen.

  • Einige Städte bieten eine finanzielle Förderung beim Kauf eines E-Rollers an. Interessenten sollten sich vor dem Kauf bei ihrer Stadt informieren.

  • Kleinkrafträder bis 45 km/h dürfen auch in der Stadt nicht überall fahren. Kraftfahrstraßen oder Autobahnen sind tabu.

So haben wir getestet

Bei der Alltagstauglichkeit wurden die Abmessungen und das Gewicht der jeweiligen Fahrzeuge ermittelt. Die Verarbeitung (Ausführung von Innen- und Außenverkleidung, Bremsleitungen und Kabel) wurde subjektiv beurteilt. Bezüglich ihrer Dichtigkeit mussten die Roller auch einen Beregnungstest absolvieren, bei dem die Fahrzeuge 20 Minuten lang mithilfe eines Fahrtwindgebläses beregnet wurden. Somit wurde eine Fahrt bei Regen simuliert. Beim Kriterium Handling stand das Rangieren des Rollers im Vordergrund sowie das Abstellen mit  Seiten- und/oder Hauptständer. Beim Punkt Gepäckunterbringung beurteilten unsere Tester die Staufächer in der Verkleidung und unter der Sitzbank subjektiv.

Im Bereich Wartung wurde subjektiv bewertet, wie verständlich und umfangreich die Bedienungsanleitung ist und ob sie in Papierform dem Roller beiliegt oder lediglich in digitaler Form verfügbar ist. Wichtig war außerdem, welche Wartungsarbeiten der Kunde selbst durchführen kann. Auch das mitgelieferte Bordwerkzeug, eine genaue Beschreibung sowie der Aufwand zur Stilllegung des Rollers wurden bewertet. Der Beleuchtungstest fand in einer dunklen Halle sowie im Rahmen einer Nachtfahrt auf öffentlichen Straßen statt. Die Bewertung der Ausleuchtung, Leuchtweite und Helligkeit von Abblend- und Fernlicht erfolgten subjektiv.

Im Kapitel Ergonomie geht es um den Sitzkomfort. In die subjektive Bewertung flossen der Komfort der Sitzbank, die Beinhaltung, die Form des Lenkers, der Sitzkomfort mit Sozius sowie die Gestaltung der Rückspiegel ein. Auch für den Beifahrer wurden Sitzbankkomfort, Position der Fußrasten, Haltemöglichkeiten sowie das Auf- und Absteigen bewertet.

Bei der Beurteilung des Cockpits ging es um diese Punkte: Wie gut sind die Instrumente bzw. Displays ablesbar? Wie einfach sich der E-Roller starten? Welche Infos liefert der Bordcomputer? Eine Abwertung gab es bei nicht vorhandenen Anzeigen für Restreichweite und Restladezeit. Als Letztes wurde die Genauigkeit des Tachos auf dem geeichten Fahrleistungsprüfstand bewertet.

Im Testkapitel Antrieb wurden die Dosierbarkeit des Gasgriffs, das Ansprechverhalten des Motors sowie das Motorgeräusch subjektiv bewertet. Die Tester ermittelten die Beschleunigung aus dem Stand auf 40 km/h in jeweils zehn Messungen pro Fahrzeug. Ihre Steigfähigkeit mussten die Roller an einer 16-prozentigen Steigung beweisen. Der mit 135 kg beladene Roller stand hierbei am Hang und musste eine Strecke von zehn Metern schnellstmöglich zurücklegen.

Beim Reichweitentest befuhren die E-Roller mit voll geladenem Akku einen acht Kilometer langen Kurs mit zehn definierten Haltepunkten so lange, bis sie stehen blieben. Beladen waren sie mit einem 80 kg schweren Fahrer. Wenn ein Roller über verschiedene Fahrmodi verfügte, kam jener zum Einsatz, der das Maximaltempo von 45 km/h ermöglichte. Hinzu kamen je zwei Fahrten pro Scooter auf dem Fahrleistungsprüfstand – zunächst bei 20° C und anschließend bei 0° C, jeweils unter Volllast bis zum Stillstand.

Nach dem Reichweitentest wurde jedes Fahrzeug an einer haushaltsüblichen Steckdose vollgeladen. Die nachgeladene Strommenge sowie die Ladedauer wurden gemessen. Einen Bonus gab es für herausnehmbare Akkus, die Ausstattung mit mehr als einem Akku und für einen Ladeanschluss außen am Fahrzeug. Ein Malus gab es, wenn bei herausgenommenen Akkus diese nicht gleichzeitig, sondern nur nacheinander geladen werden konnten. Ebenfalls einen Malus gab es für ein Ladegerät mit deutlich hörbarem Lüftergeräusch und für ein Ladekabel, das kürzer als 3,5 m war.

Im Kapitel Fahreigenschaften wurde die Fahrstabilität subjektiv beurteilt, hier ging es neben der Spurstabilität auch um die Stabilität beim Bremsen und Beschleunigen. Wie handlich sich die Scooter fahren lassen, prüften die Tester subjektiv auf einem Slalomparcours. Zusätzlich wurden beim Kurvenfahren das Lenkverhalten in Schräglage sowie die Lenkpräzision bewertet. Einen Malus gab es für frühzeitig aufsetzende Seiten- oder Hauptständer.

Der Bremsweg wurde mittels GPS-Messsystem aus 40 km/h ermittelt – es gab je zehn Messungen in beide Fahrtrichtungen. Den Federungskomfort bewerteten die Tester subjektiv auf öffentlichen Straßen – im Solo- und im Soziusbetrieb. Einen Bonus gab es für ein in der Vorspannung verstellbares Federbein; einen Malus für eine Federung, die im Soziusbetrieb durchschlägt.

Die Qualitätssicherung wurde durch folgende Maßnahmen sichergestellt:

  • Abarbeitung der Testinhalte erfolgt nach festgelegten Prozessen des Qualitätsmanagements im ADAC-Projektmanagementtool (Zertifiziert nach DIN 9001)

  • Durchführung von Testinhalten in zertifizierten ADAC-Testlaboren (nach ISO 17025)

  • Durchgängiges Vier-Augen-Prinzip bei allen Testinhalten 

  • Einbindung eines auf Zweiräder spezialisierten Journalisten bei der Produktauswahl sowie bei der subjektiven Beurteilung und den Fahrdynamikmessungen

  • Schriftliche, transparente Dokumentation jedes einzelnen Testkriteriums sowie jeder Ergebnisinterpretation

  • Ausführliche Dokumentation durch Bilder und Videos

  • Abteilungsübergreifende, enge Zusammenarbeit zwischen Projektleiter und Öffentlichkeitsarbeit in allen Teilbereichen des Tests

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