Honda CBR650R E-Clutch im Fahrbericht: Kuppeln war gestern

Frontansicht einer fahrenden Honda CBR650R
Novum: Die CBR650R ist eines der Modelle mit E-Clutch© Honda

Honda hat die erste automatische Kupplung für manuelle Motorrad-Schaltgetriebe zur Marktreife gebracht. Was das bringt, zeigt die Premierenfahrt mit der CBR650R E-Clutch. Fahrbericht, Bilder, technische Daten und Preis.

  • Guter Mix aus Sport und Touring

  • A2-Führerschein-Version

  • E-Clutch für schnelles Schalten

Ab sofort gibt es von Honda eine automatische Kupplung, die bei mechanischen Getrieben blitzschnelle Gangwechsel erlaubt – und zwar ohne Betätigung des Kupplungshebels. Honda nennt das System E-Clutch. Diese Abkürzung steht für "electronic clutch", also elektronische Kupplung. Mit ihr kann man nicht nur ohne Kuppeln die Gänge wechseln, sondern auch ohne Kupplungsbetätigung anfahren und anhalten. Zu haben ist sie gegen 400 Euro Aufpreis in diesem Jahr und ausschließlich in den Modellen CBR650R und CB650R.

Beide Modelle wurden in zahlreichen technischen und auch optischen Details verfeinert. Die vom Testfahrer bewegte CBR650R ist inklusive E-Clutch ab 10.200 Euro zu haben. Wer sich mit dem weiterhin angebotenen Quickshifter begnügt, spart gerade mal 140 Euro. Und wer der Meinung ist, es gebe bereits automatische Kupplungen bei Motorrädern, liegt einerseits richtig – und doch falsch. Richtig ist, dass die US-Firma Rekluse schon vor fast 20 Jahren eine automatisch arbeitende Fliehkraftkupplung entwickelt hat; das nachrüstbare System wird primär im Motocross-Sport verwendet.

Auch für diverse Straßenmotorräder verschiedener Hersteller gibt es Rekluse-Automatikkupplungen zum nachträglichen Einbau. Ab Werk mit einer Rekluse-Kupplung ausgerüstet wird die MV Agusta Turismo Veloce 800 Lusso SCS seit Mitte 2018. Dennoch ist Hondas E-Clutch eine Neuheit, denn sie arbeitet elektronisch und nutzt die im Motorrad vorhandenen Sensoren und Steuergeräte. Zudem ist es möglich, je nach Gusto die E-Clutch zu nutzen oder aber konventionell zu schalten, indem man durch Ziehen des Kupplungshebels am Lenker die Kupplung betätigt.

Im Test: 95-PS-Motor

Motor der Honda CBR650R
Der Motor wird durch die neue Technik nur zwei Kilo schwerer© Honda

Die Honda CBR650R ist die sportliche Speerspitze der vierzylindrigen CB-Baureihe. Im Vorjahr war sie das in Europa bestverkaufte Supersportmodell des gesamten Marktes. Bereits seit ihrer Markteinführung 2019 belegt sie stets den ersten oder zweiten Platz der europäischen Zulassungsstatistik ihrer Kategorie. Die CBR650R kam deshalb auf eine Auflage von fast 19.000 Einheiten. Aus 649 Kubikzentimetern Hubraum resultieren 2024 maximal 70 kW/95 PS bei 12.000 Umdrehungen, das maximale Drehmoment von 63 Nm stellt sich bei 9500 U/min ein.

Wer will, bekommt die kleine Honda auch mit 35 kW/48 PS inklusive der Option, im Anschluss an die zwei Jahre Führerschein A2 die volle Leistung genießen zu können. Während die übergroße Mehrheit der Hersteller in der unteren Mittelklasse ausschließlich Zweizylinder-Reihenmotoren bringt, hält Honda an seinen Vierzylindern mit dem klassischen Hochdrehzahlkonzept fest. Wobei der überarbeitete Vierzylinder sich bei niedrigen Drehzahlen noch kräftiger anfühlt. Die Ventilsteuerzeiten wurden nämlich geändert und die Ansaugrohre des Ram-Air-Systems verlängert.

Bilder: Die Honda CBR650R im Detail

E-Clutch hat deutliche Vorteile

Unterstützt wird das bemerkenswerte Agilitätsgefühl durch die E-Clutch: Die Schaltvorgänge laufen deutlich schneller als bei handgekuppelten Exemplaren und sowohl schneller als auch sauberer als mit einem Quickshifter. Wobei die Honda dank kleiner Einzelhubräume ohnehin schon auf der Sonnenseite des Schaltassistenz-Niveaus angesiedelt ist. Zudem funktioniert das System sowohl bei geöffnetem wie bei geschlossenem Gasgriff, und zwar in beiden Richtungen gleichermaßen gut.

Dazu ist es unabhängig von der momentan anliegenden Motordrehzahl. Wer will, kann die Kupplungsautomatik jederzeit überlisten: Kupplungshandgriff ziehen reicht dafür aus. Die Automatik schaltet sich angenehmerweise selbsttätig wieder ein: bei niedrigen Drehzahlen nach fünf Sekunden ohne weitere Betätigung, bei höheren schon nach einer Sekunde. Steht das Fahrzeug in "Neutral", lässt sich die Kupplungsautomatik durch Drücken eines Knopfes links am Lenker auch dauerhaft – bis zur nächsten Betätigung der Zündung – ausschalten. Unterm Strich: Die gesamte Schaltproblematik ist mit Hilfe von E-Clutch perfekt gelöst.

Besseres Handling

Frontansicht einer fahrenden Honda CBR650R
Die Honda E-Clutch bietet auf kurvigen Strecken echte Leistungsvorteile© Honda

Noch ein paar Anmerkungen zum Gefährt: Gegenüber dem 2023er-Modell gibt es zahlreiche Weiterentwicklungen zusätzlich zur Erfüllung der neuesten Umweltregelungen. Sie betreffen den Rahmen, die 41-mm-USD-Gabel und auch die Leichtmetallguss-Schwinge. Die Honda-Ingenieure verbesserten damit das Handling und das Feedback.

Das neue TFT-Display im Cockpit lässt sich nicht nur besser ablesen, sondern stellt auch mehr Funktionen und drei Layouts zur Verfügung. Zudem ist nun dank Smartphone-Kopplung der gesamte Konnektivitäts-Baukasten nutzbar, also Musik, Pfeilnavigation, Telefon und Textnachrichten. Das LED-Licht ist, wie auch die obere Verkleidung, akzentuierter gestaltet, die Proportionen sind gefälliger geworden.

Fahrberichte, Events, Tourentipps: Motorrad-Infos vom ADAC

Honda CBR650R: Technische Daten, Preis

HerstellerangabenHonda CBR 650 R E-Clutch
Motor4 Zylinder, Reihenmotor, 649 ccm Hubraum, 70,0 kW bei 12000/min, max.Drehmoment 63,0 bei 9500 U/min, 4 Ventile/Zylinder, PGM-FI Einspritzanlage, Flüssigkeitskühlung
AssistenzsystemeModelle wird auch mit 35 und 70 kW angeboten
FahrwerkBrückenrahmen/Stahl; 41 mm Up-Side-Down-Telegabel, 108 mm Federweg; Zweiarmschwinge hinten, 128 mm Federweg;
MaßeLeergewicht ca. 210 kg, zul. Gesamtgewicht 376 kg; Länge/Breite/Höhe 2120 / 750 / 1145 mm, Sitzhöhe 810 mm; Tankinhalt 15,4 l
Bremseneinzeln betätigt, vorne Scheibe, 310 mm, hinten Scheibe, 240 mm
Fahrleistungen / VerbrauchHöchstgeschwindigkeit ca. 195 km/h, 4,9 l/100 km
Preis10200 Euro

Fazit

Insgesamt wirkt die Honda CBR650R "schärfer" als das gleichnamige Vormodell, was sich auch bei der schmäleren Heckpartie offenbart. Nichts geändert hat Honda glücklicherweise an der Konzeption der Maschine: Sie ist weiterhin ein guter Mix aus Sport und Touring, primär ausgerichtet auf jüngere und junge Leute mit der Option, diese Honda auch mit A2-Führerschein zu nutzen.

Motorrad und Roller: Neuheiten, Tests, Fahrberichte

Text: Ulf Böhringer/SP-X