BMW R 12 nineT: Retro-Bike mit neuem Motor

Seitenansicht einer fahrenden BMW R 12 Nine T
Zum 10-jährigen Jubiläum wurde die nineT neu aufgelegt© markus-jahn.com

BMW überarbeitet die beliebte R nineT und spendiert ihr einen neuen Motor. Und noch ein paar Details ändern sich. Fahrbericht, Bilder, Daten, Preis.

  • Unverändertes Grundkonzept

  • Viele Möglichkeiten zur Individualisierung

  • Neuer Zweizylinder-Boxermotor

Wie schön, wenn man von seinem eigenen Erfolg überrascht wird. Darüber freut sich BMW Motorrad immer noch. Als die Bayern vor elf Jahren die R nineT präsentieren, staunen selbst eingefleischte BMW-Fans nicht schlecht: BMW will mit einem Roadster jetzt cooler werden? Mit einem richtig stylishen Retro-Bike, das sich customizen und individualisieren lässt?

Genau das hat die Marke vor, die seit 1923 Motorräder baut: Das neue Heritage-Modell schlägt jedenfalls direkt ein. Bislang verkaufte BMW rund 110.000 R-nineT-Modelle. "Davon sind wir noch heute etwas überrascht", gesteht Markus Flasch, seit November 2023 Chef von BMW Motorrad, "obwohl die R nineT von Anfang an genau das zeigt, was die Essenz von BMW Motorrad ist: pur, roh, luftgekühlt."

Bequeme Sitzposition

Frontansicht einer fahrenden BMW R 12 Nine T
Die Ergonomie hat sich zum Positiven verändert© markus-jahn.com

Nun folgt die erste große Überarbeitung der beliebten Klassik-Reihe, mit neuem, einteiligen Gitterrohr-Hauptrahmen und daran verschraubtem neuen Heckrahmen. Nach wie vor dominiert optisch der 1,2-Liter-Boxermotor mit nun 80 kW/105 PS bei 7000 U/min die Maschine. Doch die Maße und damit auch die Ergonomie ändern sich, das Bike fährt sich handlicher und bequemer im Vergleich zum Vorgänger. Digitale Natives können sich auch über neue Details freuen. Dennoch bleibt BMW seinem Erfolgsrezept treu und stellt ein pures Motorrad auf die Räder.

"Die R 12 nineT sieht zwar simpel aus, aber genau diese Einfachheit gestaltet sich schwierig. Diese Reduzierung auf das Wesentliche, das Zeitlose und der Verzicht auf Kunststoff sind bei einem Serienmotorrad nicht ganz trivial", erklärt Alexander Buckan, Chefdesigner von BMW Motorrad.

Im Test: 105-PS-Motor

Motor der BMW R 12 Nine T
Der Boxermotor wurde komplett neu entwickelt© markus-jahn.com

Auf den Gitterrohrrahmen steckt BMW einen teils gebürsteten und teils klar lackierten Aluminiumtank, kürzt ihn im Vergleich zum Vorgänger um 30 Millimeter und führt ihn zur Sitzbank schmaler aus. Dahinter folgt eine weiche Sitzbank mit Höcker, darunter liegt die Airbox. Der Pilot bzw. die Pilotin rückt dadurch näher nach vorne, hat die BMW besser unter Kontrolle und fühlt sich eins mit dem Boxer.

Die Upside-down-Telegabel lässt sich in Zug- und Druckstufe voll einstellen, das schräg montierte Federbein an der Paralever-Schwinge zumindest in der Zugstufe. An der linken Seite strahlt die Twin-Pipe Abgasanlage in der Sonne, davor wirkt ein Aluminium-Blech wie ein offener Ansaugtrichter. Alle Schrauben sind massiv ausgeführt, zum Teil aus VA-Stahl oder hochglanzpoliert. Es sind diese kleinen Details, die schon im Stand faszinieren.

Dank der niedrigen Sitzbank von 795 Millimetern lässt sich schnell aufsitzen. Serienmäßig schauen Fahrerinnen und Fahrer auf zwei analoge Rundinstrumente, Energie fürs Handy liefert eine 12-Volt-Steckdose oder ein USB-C-Anschluss. Ein flaches, dezentes 3,5-Zoll-TFT-Display zählt zur Sonderausstattung. Im Pure-Ride-Modus zeigt es Geschwindigkeit, Fahrmodus und eingelegten Gang an. Praktisch: LED-Scheinwerfer mit optionalem adaptiven Kurvenlicht, die Heckleuchte liegt dezent unter der Sitzbank.

Ein Druck auf den Startknopf, und der Boxer erwacht zum Leben, schüttelt sich kurz und fällt in ein wohliges Schnurren. Der Schlüssel bleibt derweil dank Keyless Ride in der Hosentasche. Optional verbindet sich die Connected Ride Control über Bluetooth mit dem Smartphone und verknüpft Fahrzeugdaten mit dem aktuellen Standort.

Bilder: Die BMW R 12 nineT im Detail

Fürs Losfahren reicht ein sanfter Tritt auf die linke Raste und das anschließend langsame Loslassen der Kupplung. Einmal in Bewegung, erfolgt das Rauf- und Runterschalten nur noch über den Fuß, der neuen optionalen Schalthilfe sei Dank. Das funktioniert gut, nur muss der Fahrer bzw. die Fahrerin die richtige Drehzahl finden, damit der Bock nicht kurz einen harten Satz nach vorne macht. Aus dem Auspuff klingt der Boxer derweil leiser und dunkler.

Das satte Drehmoment von 115 Newtonmeter erlaubt entspanntes Reisen. Der vierte Gang liegt früh an und reicht für Geschwindigkeiten zwischen 30 und 100 km/h – ideal für eine kleinere Landstraße mit vielen Kurvenkombinationen. Findet der Pilot bzw. die Pilotin einmal die richtige Geschwindigkeit, gleicht die Kurvenfahrt einer Skifahrt: wedeln, wedeln, wedeln.

Die R 12 nineT schwingt dann auf ihren Reifen der Dimension 120/70-17 vorn und 180/55-17 hinten scharf über die Hügel. Sind die Reifen einmal warmgefahren, bieten sie ausreichend Schräglagen-Freiheit, bis die Fußrasten ihre Handschrift auf dem Asphalt hinterlassen. Sollte es doch mal eng werden, helfen zur Sicherheit Doppelscheibenbremsen vorne mit 310 Millimeter Durchmesser für direktes Ansprechverhalten, Kurven-ABS, Dynamic Traction Control (DTC) und Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR). Doch die R 12 nineT ist kein Bike fürs hektische und sehr schnelle Fahren, eher ein Bike fürs Gleiten.

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Drei Fahrmodi

Seitenansicht einer stehenden BMW R 12 Nine T
Das Bike gibt es in drei Farben, hier "San Remo Green metallic"© markus-jahn.com

Durch einen verlängerten Radstand und einen flacheren Lenkkopfwinkel rollt die neue nineT stabil geradeaus ab, ohne allerdings auf ihr bisheriges Handling zu verzichten. Leichte Bodenwellen bügelt das Fahrwerk locker aus, der serienmäßige Lenkungsdämpfer bringt zudem Ruhe rein. Zur Wahl stehen die Fahrmodi Rain, Road und Dynamic, die sich einfach während der Fahrt per Tastendruck am rechten Bedienelement ändern lassen. Nur beim Lastwechsel folgt ab und zu ein kurzer, irritierender Stoß vom Heck.

Aus dem Stand beschleunigt der Boxer in rund 3,5 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 200 km/h. Doch jenseits der 120 km/h wird das Fahren eher anstrengend. Zwar zieht der Cruiser entspannt seine Linie, und der Boxer massiert durch seine Vibrationen die Innenschenkel – dafür drückt der Wind stark an Brust und Helm. Ganz ohne Windschild sieht der Cruiser zwar klassisch-cool aus, aber Autobahnfahren macht einfach keinen Spaß damit.

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Konfigurationsmöglichkeiten

Sie ist und bleibt eine Maschine für die Stadt oder die Landstraße. Dafür bietet BMW wie üblich eine Reihe von Paketen an: wie das Komfort-Paket mit dem Schaltassistenten Shift Assist Pro, Cruiser Control, Berganfahrhilfe und beheizbaren Griffen. Die Option 719 "Aluminium" beinhaltet unter anderem schwarze Gabel und Lenker, Alu-Windschild, Frästeile, Soloheck und einen roten Rahmen. Dazu stehen verschiedene Tanks, Sitze, Räder und Anbauteile zur Wahl, um sich sein individuelles Traumbike wie Bobber, Chopper, Cafe Racer oder Urban Cruiser zu konfigurieren.

Diese Möglichkeit zur Individualisierung kostet allerdings: Mindestens 17.410 Euro verlangt BMW für die R 12 nineT. Aber es geht auch etwas günstiger: Die BMW R 12 als Cruiser mit einem Motor mit maximal 70 kW/95 PS bei 6500 U/min und einem kantigen "Toaster-Tank" kostet 14.460 Euro. Auch sie ist pur und roh. Und diesmal wird BMW vom Erfolg nicht überrascht sein: Weitere Varianten sind längst geplant.

BMW R 12 nineT: Technische Daten, Preis

HerstellerangabenBMW R 12 nineT
Motor2 Zylinder, Boxer, 1170 ccm Hubraum, 80,0 kW bei 7000/min, max.Drehmoment 115,0 bei 6500 U/min, 4 Ventile/Zylinder, Einspritzanlage, Luft-/Ölkühlung
Assistenzsystemek.A.
FahrwerkGitterrohrrahmen/Stahl; 45 mm Up-Side-Down-Telegabel, 120 mm Federweg; Paralever hinten, 120 mm Federweg;
MaßeLeergewicht ca. 220 kg, zul. Gesamtgewicht 430 kg; Länge/Breite/Höhe 2130 / 870 / 1070 mm, Sitzhöhe 795 mm; Tankinhalt 16,0 l
Bremseneinzeln betätigt, vorne Scheibe, 310 mm, hinten Scheibe, 265 mm
Fahrleistungen / VerbrauchHöchstgeschwindigkeit ca. 215 km/h, 5,1 l/100 km
Preis17410 Euro

Text: Fabian Hoberg

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