Wissenstest: Viele Radfahrer kennen die Verkehrsregeln nicht

Wissen Radfahrer, welche Regeln für sie gelten? Der ADAC hat nachgefragt
Wissen Radfahrer, welche Regeln für sie gelten? Der ADAC hat nachgefragt© stock.adobe.com/connel_design

Eine bundesweite Online-Umfrage des ADAC unter 4500 Radfahrerinnen und -fahrern ab 14 Jahren zeigt Wissenslücken bei den Regeln im Straßenverkehr.

  • Im Durchschnitt wurden nur 60 Prozent aller Fragen richtig beantwortet

  • Zwei Drittel glauben, die Straßenverkehrsordnung gut zu kennen

  • ADAC Verkehrspräsident: Regelkenntnisse schützen vor Gefahren

Deutschland ist ein Fahrradland. Mehr als 78 Millionen Fahrräder gibt es laut Bundesverkehrsministerium hierzulande. Tendenz steigend, immer mehr Menschen entdecken das Fahrrad als Verkehrsmittel. Der ADAC wollte wissen, wie gut Radfahrer die gerade reformierte Straßenverkehrsordnung (StVO), ihre Rechte und Pflichten im Straßenverkehr sowie die Sanktionen bei Verstößen kennen. Dafür wurden im Mai dieses Jahres bundesweit 4500 Interviews geführt. Personen ab 14 Jahren, die an mindestens drei Tagen im Jahr Rad fahren, beantworteten dabei 37 Testfragen – von der Bedeutung von Schildern bis zu Sanktionen bei Rotlicht-, Alkohol- oder Handy-Verstößen.

Nur ein Prozent der Radfahrer kennt fast alle Regeln

Das Smartphone in der Hand ist während der Fahrt verboten © ADAC/Martin Hangen

Etwa zwei Drittel der befragten Radfahrerinnen und -fahrer meinen, dass sie die Straßenverkehrsordnung gut kennen. Und fast 80 Prozent gaben an, sich an die Verkehrsregeln zu halten. Ganz so gut wie in der Selbsteinschätzung ist das Regelwissen allerdings nicht. Denn im ADAC Wissenstest für Radfahrer zeigen sich große Lücken, wenn es um die aktuelle StVO und Regeln und Sanktionen bei Verstößen geht. Im Durchschnitt wurden 60 Prozent aller Fragen korrekt beantwortet. Die Spitzengruppe ist allerdings sehr klein: Nur ein Prozent der Interviewten beantwortete mindestens 33 von 37 Fragen korrekt.

In der Auswertung des Tests zeigt sich, dass es bei den StVO-Kenntnissen kaum Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt. Radfahrerinnen und -fahrer aus ländlichen Gemeinden erreichten etwas mehr Punkte als Städter, Ältere mehr als Jüngere, Männer mehr als Frauen, Vielfahrer mehr als Gelegenheitsradler und Führerscheininhaber mehr als Radfahrer, die nie in einer Fahrschule waren.

Mit Abstand am schlechtesten kennt sich die kleine Gruppe der Radfahrenden aus, die ihren Fahrstil selbst als offensiv oder sogar aggressiv bezeichnet.

Das sind die größten Wissenslücken

Bis zum Alter von acht Jahren müssen Kinder mit dem Fahrrad auf den Gehweg © stock.adobe.com/cineberg

Bis zum Alter von acht Jahren müssen Kinder mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fahren, idealerweise in Begleitung eines Erwachsenen. Diese Altersgrenze kennen nur wenige erwachsene Radfahrerinnen und -fahrer. Im ADAC Wissenstest waren es 18 Prozent, einer der schlechtesten Werte der Umfrage. Nicht viel besser sieht es bei Sanktionen bei Alkohol am Fahrradlenker aus. Nur 60 Prozent wissen, dass Radfahren nach Alkoholkonsum ab einer bestimmten Promille-Grenze (1,6) eine Straftat ist und zum Entzug der Fahrerlaubnis sowie der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) führen kann.

Übrigens: Schon ab 0,3 Promille können Radfahrer genau wie Autofahrer bei Unfällen oder auffälligem Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden.

Das sagt der ADFC zur ADAC Umfrage

Der Rechtsreferent des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Roland Huhn: Es stimmt, viele Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer kennen wichtige Verkehrsregeln nicht. Das betrifft Autofahrerinnen und Autofahrer aber mindestens so stark wie Menschen auf Rädern. Die Probleme werden auch immer größer, weil immer mehr und immer größere Fahrzeuge auf den Straßen sind und Radfahrenden oft kein eigener, geschützter Raum zugestanden wird.

Viele Autofahrende wissen beispielsweise nicht, dass Fahrräder mit mindestens 1,50 m Sicherheitsabstand überholt werden müssen, obwohl das seit April 2020 ausdrücklich in der Straßenverkehrs-Ordnung steht. Notwendig sind eine selbsterklärende Infrastruktur und mehr Aufklärungsarbeit. Das Bundesverkehrsministerium sollte sich mit den Akteuren der Verkehrssicherheit neue Formate der Wissensvermittlung aneignen, die Spaß machen und alle Verkehrsteilnehmenden ernst nehmen. Und natürlich brauchen wir den schnellen Ausbau der Radinfrastruktur. Der ADAC hat ja selbst in einem früheren Test festgestellt, dass die meisten Radwege in Deutschland unterdimensioniert sind. Zu oft fehlen sie ganz.

Dass ein Smartphone in der Hand während der Fahrt auch verboten ist, wenn man damit nicht telefoniert, ist etwa einem Drittel nicht bewusst. Das gilt ebenfalls für die Regel, dass man in Einbahnstraßen nicht gegen die Fahrtrichtung radeln darf. Es sei denn, das ist mit einer entsprechenden Beschilderung erlaubt.

Verstöße können teuer werden: 55 Euro kostet die Handy-Nutzung auf dem Rad. Und wer bei Rot über die Ampel fährt, zahlt mindestens 60 Euro und kassiert einen Punkt in Flensburg.

Hier müssen Radfahrer den Radweg benutzen

Bei diesen Schildern ist die Benutzung des Radwegs Pflicht © ADAC e.V.

Diese drei blauen Verkehrsschilder hat jeder schon gesehen: Eines zeigt ein Fahrrad allein, die beiden anderen das Rad mit einem Erwachsenen und einem Kind, durch einen Strich getrennt. Was regeln die Schilder? Dürfen oder müssen Radfahrer den Weg nutzen? Nur ein Viertel der Befragten wusste, dass bei allen drei Schildern Radfahrer verpflichtet sind, diese Wege zu nutzen, sie also nicht auf die Straße ausweichen dürfen.

ADAC Verkehrspräsident: Unwissenheit ist gefährlich

ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand: "Die neue Straßenverkehrsordnung berücksichtigt erfreulicherweise sehr stark die Bedürfnisse der Radfahrer. Für alle Verkehrsteilnehmer gilt: Unwissenheit kann gefährlich werden, weil sie das Risiko von Konflikten erhöht und im schlimmsten Fall zu Unfällen führt. Außerdem kann sie teuer werden. Auch Radfahrern können Bußgelder drohen. Es wäre gut, wenn alle, Auto- und Radfahrer, sich regelmäßig über Neuerungen informierten, ihre Regelkenntnisse auffrischten. Denn nur wer die Regeln kennt, kann sie auch einhalten. Dann ist ein gutes und rücksichtsvolles Miteinander aller Verkehrsteilnehmer möglich."

Fahrradturniere der ADAC Regionalclubs für Kinder

Damit Kinder sicher im Straßenverkehr unterwegs sind, bieten die ADAC Regionalclubs kostenlose Fahrradturniere an. An dem fahrpraktischen Training teilnehmen können Kinder und Jugendliche im Alter zwischen acht und 15 Jahren.

© ADAC/Stefan Krutsch

Die Veranstaltungen finden dabei überwiegend klassenweise in Schulen, aber auch auf Veranstaltungen statt. Das Fahrradturnier kann von Schulen oder Organisatoren von Veranstaltungen direkt bei den Verkehrsabteilungen der ADAC Regionalclubs angefragt werden.

Christof Henn
Christof Henn
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