Mit E-Auto im Sommerstau: Wie viel Reichweite frisst die Klimaanlage?

Ein Mann sitzt bei Hitze im Auto
Mörderhitze im Stau: Besser Fenster auf und schwitzen statt Klimaanlage? © ADAC/Uwe Rattay

Sommerhitze auf der Autobahn, und dann auch noch Stau: Das ist für jeden Autofahrer eine Tortur. Kommen E-Auto-Fahrer dabei noch mehr ins Schwitzen, wenn die Klimaanlage läuft und Strom bzw. Reichweite frisst? Der ADAC hat es getestet.

  • Affenhitze im Testlabor: Bis zu 35 Grad im Auto

  • Exakte Messung des Klimaanlagen-Stromverbrauchs

  • Mehrverbrauch an Energie sehr moderat

Auf der Fahrt in den Sommerurlaub ist ein Stau oft nicht zu vermeiden. Doch was passiert mit der Reichweite eines E-Autos, wenn es stundenlang im Stau steht und die Klimaanlage läuft? Wie viel Energie kostet das? Ob es dann eng werden kann und zum Hitzestress noch der Angstschweiß kommt, treibt viele E-Auto-Fahrer um. Schließlich fehlen beim Elektroauto – anders als beim Verbrenner, bei dem man den Mehrverbrauch gut einschätzen kann – noch die Erfahrungswerte.

Bekannt ist, dass elektrische Fahrzeuge im Winter deutlich mehr verbrauchen als bei warmen Außentemperaturen. Neben der Energie zum Beheizen der Batterie kostet auch die Heizung für den Innenraum Strom.

Wie es dagegen im Sommer mit der Energie für die Klimaanlage aussieht, hat der ADAC ermittelt und ein Tesla Model Y im Testlabor zum Schwitzen gebracht.

Reichweite: Was schluckt die Klimaanlage?

Ein Tesla wird in der Klimakammer getestet
An der Windschutzscheibe kann es bis zu 60 Grad heiß werden© ADAC/Uwe Rattay

Der Versuchsaufbau soll einen überlangen Stau auf der Autobahn simulieren. Acht Stunden lang musste der stillstehende Tesla stetig kletternden Temperaturen trotzen. Im Inneren war die Klimaanlage – wie auch beim ADAC Ecotest, der den Verbrauch eines Autos ermittelt – auf 20 Grad eingestellt. Sensoren überprüften konstant, ob die Anlage auch wirklich wie gewünscht kühlte. Im Testlabor herrschte eine Grundtemperatur von 35 °C. Mit speziellen Lampen wurde die Sonneneinstrahlung auf das Fahrzeug simuliert.

Das Ergebnis: 1,3 bis 1,5 kW Batterieleistung ist erforderlich, um die angenehme Innenraumtemperatur zu halten. Das entspricht einem Energieverbrauch von 1,3 bis 1,5 kWh pro Stunde. Im Fall des Tesla Model Y bedeutet das stündlich nur rund 2 Prozent Akkukapazität oder 8 Kilometer Reichweite. Im hier gewählten Szenario ergaben sich daher 12 kWh Stromverbrauch in acht Stunden, also ein Verlust von 16 Prozent beim Akkustand bzw. 64 Kilometer Reichweite.

Anders als bei Autos mit Verbrennungsmotor wird der Kompressor der Klimaanlage bei E-Fahrzeugen nicht vom Motor betrieben, sondern er bezieht seine Energie direkt von der Hochvolt-Batterie. Der Motor muss also auch während eines Staus nicht laufen, damit es im Innenraum kühl bleibt.

Zum Vergleich: Ein Verbrennungsmotor würde unter diesen Bedingungen je nach Motorgröße und Motortyp zwischen 1 und 1,5 Liter Kraftstoff pro Stunde verbrauchen und dabei Abgase erzeugen. Betrachtet man die lokale Effizienz, so entspricht das umgerechnet mit dem Energieinhalt des Kraftstoffs ca. 10 bis 15 kWh pro Stunde. Ein klarer Effizienzvorteil also für den Stromer.

Reichweitenverlust bei Hitze gering

Die Klimaanlage eines Teslas wird im ADAC Labor getestet
Hitze wie im hochsommerlichen Stau: Im ADAC Testlabor ist das jederzeit möglich© ADAC/Uwe Rattay

Der Mehrverbrauch durch die Kühlung im Sommer ist also bei einem Elektroauto recht moderat. Selbst in dem eher drastischen Szenario von acht Stunden Stillstand in sengender Hitze sind dem E-Auto nur 64 Kilometer Reichweite weggeschmolzen. Da Funktion und Aufbau von Klimaanlagen bei E-Autos aller Marken und Hersteller vergleichbar funktionieren, sollten die Ergebnisse des Model Y auch auf andere elektrische Fahrzeuge übertragbar sein.

Natürlich können die tatsächlichen Mehrverbräuche schwanken. Wird zum Beispiel die Tür häufiger geöffnet, die Klimaanlage kühler eingestellt oder befinden sich mehr Personen im Auto, kann sich der Verbrauch erhöhen. Ist die Umgebungsluft dagegen kühler oder die gewünschte Innenraumtemperatur höher, wird weniger Strom benötigt.

Der ADAC Versuch zeigt, dass E-Auto-Fahrer auch in einem Stau bei hohen Temperaturen mit aktivierter Klimaanlage keine Angst haben müssen, liegen zu bleiben

Der ADAC Versuch zeigt, dass E-Auto-Fahrer auch in einem Stau bei hohen Temperaturen mit aktivierter Klimaanlage keine Angst haben müssen, liegen zu bleiben

Dino Silvestro, Leiter Fahrzeugtest im ADAC Technik Zentrum©ADAC/Ralph Wagner

Sollte man Bedenken wegen der Reichweite bekommen, kann man die Klimaanlage zumindest temporär abschalten und mit geöffneten Fenstern warten. In ganz prekären Situationen schaltet ein E-Auto aber ohnehin in den Stromsparmodus, davon ist dann auch die Klimaanlage betroffen.

ADAC gut gerüstet für das Elektrozeitalter

ADAC Tester Luis Kalb an einer Ladesäule
Testingenieur Luis Kalb bedient den hauseigenen HPC-Lader© ADAC/Ralph Wagner

Damit solche und viele andere Tests mit E-Autos durchgeführt werden können, hat der ADAC in entsprechende Technik investiert: Mit dem Testlabor Elektromobilität bietet der ADAC eine im europäischen Verbraucherschutz einmalige Testinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und nimmt so eine Schlüsselposition bei der Mitgliederberatung und Bewertung der technischen Eigenschaften von Elektroautos ein.


Das Set-up besteht aus einem Rollenprüfstand in einer Klimakammer, in der Temperaturen von –20 Grad bis +40 Grad Celsius erreicht werden können. Unerlässlich, um etwa die Heizfunktion von Elektrofahrzeugen und deren Reichweitenverluste im Winter überprüfen zu können.

Und natürlich mangelt es im ADAC Technikzentrum auch nicht an Ladeleistung: Bis zu 300 kW bietet die eigene HPC-Ladesäule, wie sie auch Verbraucherinnen und Verbraucher häufig an Autobahnen finden. Damit untersucht und dokumentiert der ADAC die Ladefertigkeiten aktueller E-Autos.

Fachliche Beratung: Luis Kalb / ADAC Technikzentrum

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