Elektroauto: Gibt es die ideale Batteriegröße?

Video Vorschaubild mit einem roten Renault Megane E-Tech
Qual der Wahl: Renault Mégane E-Tech mit kleinem oder großem Akku?© Renault

Es gibt viele Argumente für eine möglichst große Batterie im E-Auto, ökologische Gründe sprechen aber für eine kleine. ADAC Experten erklären die jeweiligen Vor- und Nachteile, damit Sie die beste Entscheidung für sich treffen können.

  • Reichweite ist nicht das alleinige Kriterium

  • Auch der ökologische Fußabdruck sollte passen

  • Beim Zweitfahrzeug genügt oft der kleinere Akku

Elektroauto? Nein, danke! Bei der Kundenakzeptanz von E-Autos war lange Zeit deren bescheidener Aktionsradius das beherrschende Thema – und meist ein Ausschlusskriterium. Wenig verwunderlich: Alltagsreichweiten von lediglich 100 bis 150 Kilometern erschienen den meisten Autofahrerinnen und -fahrern nicht praxistauglich.

Die psychologische Hemmschwelle gegenüber dem Elektroauto war, ist und bleibt ungefähr bei 300 Kilometern anzusetzen. Und E-Autos, die das schaffen, gibt es inzwischen viele. Nach einer aktuellen Erhebung des Center of Automotive Management beträgt die durchschnittliche Reichweite der im Jahr 2023 neu zugelassenen E-Fahrzeuge sogar 423 Kilometer nach WLTP – "bigger is better" lautet meist das Motto für die Kaufentscheidung.

Es zählt nicht nur die Batteriekapazität

Aber ist das wirklich immer die bessere Entscheidung? Gut ist, dass sich das Angebot an Elektroautos derart verbessert hat. Und gut ist auch, dass Käuferinnen und Käufer sich für den kleineren Akku ihres Wunschmodells entscheiden können, wenn sie mit entsprechend geringerer Reichweite auskommen. Aktuell werden selbst in der mittleren Preisklasse Fahrzeuge mit zwei, manchmal sogar drei verschiedenen Akkugrößen angeboten. Kundinnen und Kunden haben die Wahl.

Hier nur drei Beispiele von vielen: Der Fiat 500e wird wahlweise mit 21 oder 37 kWh großem Akku (Nettokapazität) angeboten, die Reichweiten nach WLTP betragen bei ihm 190 oder eben 321 Kilometer. Den Renault Megane E-Tech kann man mit 40 oder 60 kWh bekommen, was für Strecken von bis zu 300 oder bis zu 470 Kilometern taugt. Der VW ID.3 kommt mit dem kleineren 58-kWh-Akku 429, mit dem größeren 77-kWh-Akku dagegen bis zu 559 Kilometer weit.

Mehrere Batteriekapazitäten: Alle Modelle

Damit rückt für Elektroauto-Käuferinnen und -Käufer die Frage in den Vordergrund, welche Batteriegröße alltagspraktisch, zugleich aber auch ökologisch am sinnvollsten ist. Genügt die kleine Batterie oder muss es doch eher die große sein? Zumal sich die Unterschiede auch beim Kaufpreis deutlich bemerkbar machen.

E-Autos und ihr CO₂-Fußabdruck

Aus ökologischer Sicht geht es um die CO₂-Gesamtbilanz von Elektroautos, in der die energieaufwendige Produktion von Lithium-Ionen-Batterien mitgerechnet wird. Dabei gilt: je größer der Akku, desto größer der CO₂-Fußabdruck. In den Berechnungen geht man davon aus, dass pro Kilowattstunde Kapazität rund 100 Kilogramm CO₂ bei der Batterieproduktion anfallen.

Für den Hyundai Kona (Baujahr 2021) bedeutet das beispielsweise, dass für die Herstellung der kleinen 39,2-kWh-Batterie 3920 Kilogramm CO₂ anfallen, bei der großen Batterie mit 64 kWh sind es 6400 Kilo. Die Differenz entspricht ungefähr der CO₂-Belastung, die ein deutscher Zwei-Personen-Haushalt in zwei Jahren durch seinen individuellen Stromverbrauch zu Hause verursacht. Oder aufs Autofahren bezogen ausgedrückt: Der Kona Baujahr 2021 hatte mit der großen Batterie schon bei seiner Anmeldung genauso viel CO₂ verursacht wie ein Kona mit kleiner Batterie, der bereits 30.000 Kilometer gefahren ist.

Der größere CO₂-Fußabdruck ist aber nicht der einzige Nachteil der größeren Batterie: Ihr Mehrgewicht bedeutet höhere Energieverbräuche beim Fahren. Am Beispiel des Hyundai Kona verbraucht die kleine Variante 0,4 kWh pro 100 Kilometer weniger. Über die Jahre der Nutzung kommen damit entsprechend größere CO₂-Belastungen und höhere Kosten fürs Aufladen zusammen.

Der dritte Makel ist der höhere Bedarf an Rohstoffen. In einem größeren Akku befinden sich mehr Batteriezellen, also mehr seltene und teure Materialien. Kurz gesagt: Eine kleine Batterie verursacht insgesamt deutlich weniger Umwelt- und Klimaschäden als eine große. Dessen sollte man sich bei seiner Entscheidung bewusst sein.

Die Wahl der passenden Batteriegröße ist mit Blick auf die individuellen Bedürfnisse, dem jeweiligen Nutzungsverhalten sowie den Umgebungsbedingungen ohnehin schon schwierig. Und die Auswahl wird durch die ökologische Betrachtung nicht gerade leichter – im Gegenteil.

Entscheidend für die richtige Kaufentscheidung kann zum Beispiel sein, ob das Elektroauto das einzige Auto im Haushalt ist oder ob es mehrere Fahrzeuge gibt. Wer oft Strecken von 250 Kilometern und mehr am Stück fahren möchte und für diese Fälle nicht auf ein Verbrennerfahrzeug umsteigen kann (oder will), greift besser zu dem Modell mit der größeren Batterie – oder nimmt in Kauf, auf der Strecke zwischenladen zu müssen.

Mehr Ladekapazität, mehr Flexibilität

Batteriesystem
Serienfertigung von Akkus: Mal mehr, mal weniger Module© Volkswagen

Elektroautos mit einer größeren Batterie haben übrigens oft höhere Motorleistungen – und sie ermöglichen an der Schnellladesäule höhere Ladeleistungen. Besonders beim Langstreckeneinsatz ist das von entscheidender Bedeutung: Die Käuferin bzw. der Käufer spart sich Zeit zum Nachladen und vermeidet Stress durch Reichweitenangst oder Sparfahrten.

Auch die Flexibilität in der Planung ist mit der größeren Batterie besser. Sie besitzt schlichtweg mehr Optionen für spontane Fahrten oder unvorhergesehene Umwege. Einfach drauflosfahren, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob auf dem Weg eine passende freie Säule ist – das ist unbestreitbar ein Stück automobiler Freiheit. Der persönliche Aktionsradius ist mit einem Tesla Model 3 einfach bedeutend größer als mit einem Fiat 500e – trotz bzw. gerade wegen des größeren CO₂-Fußabdrucks (siehe Grafik unten).

Mit zunehmender Nutzung erneuerbarer Energie bei der Automobilproduktion wird er sich freilich Schritt für Schritt reduzieren, so die Erwartung.

Unabhängig davon gibt es einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil der größeren Batterievariante: die längere Lebensdauer. Sie resultiert daraus, dass eine größere Batterie für die gleiche Laufleistung weniger Ladezyklen braucht. Das heißt, sie altert weniger schnell als eine kleine Batterie. Nach 200.000 Kilometern Laufleistung hat ein Elektroauto mit 200 Kilometern Reichweite bereits mindestens 1000 Ladezyklen durchlaufen, ein Elektroauto mit größerer Batterie und 300 Kilometern Reichweite nur 670 Ladezyklen. Und das ist ein enormer Unterschied.

Da eine Batterie mit dem Alter an Kapazität verliert, bietet eine größere Batterie mehr Reichweitenpuffer an: Die über die Jahre der Nutzung nachlassende Reichweite fällt bei einer großen Batterie nicht so stark ins Gewicht wie bei der kleinen.

Eine pauschale Empfehlung gibt es nicht

Fazit: Bei der Wahl der richtigen Akkugröße sind sowohl ökonomische als auch ökologische und alltagspraktische Argumente zu berücksichtigen. Eine pauschale Empfehlung kann es nicht geben. Käuferinnen und Käufer eines Elektroautos sollten aber genau abwägen, welche Reichweite sie wirklich brauchen, und die Batterie nur so groß wählen wie notwendig. Auf der Kurzstrecke, also als das klassische Fahrzeug einer Berufspendlerin oder eines Berufspendlers eingesetzt, reicht fast immer die kleinere Batterie.

Vor- und Nachteile der Akkugrößen

Kleine Batterie

Plus: günstiger in der Anschaffung, bessere Ökobilanz/kleinerer CO₂-Rucksack, Gewicht und Verbrauch geringer, weniger Rohstoffe enthalten

Minus: kleinere Reichweite, geringere Schnellladeleistung, geringere Flexibilität im Alltag, häufigeres Aufladen nötig, Degradation fällt schwerer ins Gewicht, schlechterer Wiederverkauf, schlechtere Wintertauglichkeit

Große Batterie

Plus: größere Reichweite, höhere Schnellladeleistung, größere Flexibilität im Alltag, selteneres Aufladen nötig, höhere Lebensdauer, besserer Wiederverkaufswert, bessere Wintertauglichkeit

Minus: teurer in der Anschaffung, schlechtere Ökobilanz/größerer CO₂-Rucksack, höheres Gewicht und Verbrauch, mehr Rohstoffe enthalten

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Tipps zur Erhaltung der Batterieleistung

Auch wenn das Energiemanagement des Autos dafür sorgt, dass die Batterie nicht in kritische Zustände kommt: Die Nutzerin bzw. der Nutzer kann durch ihr bzw. sein Verhalten die Lebensdauer ähnlich positiv beeinflussen wie die eines Verbrennungsmotors, für den zum Beispiel hohe Drehzahlen bei kaltem Motor Gift sind. Genauso gibt es bei Elektroautos Verhaltensweisen, welche die Batterie schonen und somit eine lange Lebensdauer bewirken:

  • Das Elektroauto nur dann komplett vollladen, wenn es notwendig ist. Für den täglichen Bedarf ist eine Begrenzung auf 80 bis 90 Prozent meist ausreichend und schont die Batterie.

  • Häufiges, starkes Entladen der Batterie reduziert die Lebensdauer.

  • Lange Standzeiten mit komplett geladener oder stark entladener Batterie vermeiden.

  • Möglichst mit niedrigen Leistungen laden. Häufiges Schnellladen mit hohen Strömen wirkt sich negativ auf die Lebensdauer aus.

  • Auch wenn es beim E-Auto besonders Spaß macht: Starkes Beschleunigen strapaziert die Batterie, vorausschauendes und gleichmäßiges Fahren schont sie.

  • Die Batterie mag – wie Menschen auch – weder große Hitze noch extreme Kälte. Im Sommer sollte möglichst im Schatten geparkt werden, im Winter ist ein Platz in der Garage ideal.

  • Wird das Elektroauto längere Zeit nicht genutzt, sollte es mit einem Akkuladezustand zwischen 30 und 70 Prozent abgestellt werden.

Fachliche Beratung: Matthias Vogt, ADAC Technik Zentrum