Xiami SU7 Ultra: Mit 1548 PS vorbei am Porsche-Rekord

Mit dem Ultra bietet der chinesische Elektronikhersteller Xiaomi eine Performance-Variante seiner Elektro-Limousine SU7 an. Das Modell war auf dem heimischen Markt binnen zwei Stunden ausverkauft. Eine Testfahrt mit über 1500 PS.
In unter zwei Sekunden von 0 auf 100 km/h
Einstiegspreis in China umgerechnet 67.800 Euro
Motoren mit rekordverdächtigen Drehzahlen
Porsche-Bestmarken pulverisiert

Dass die Chinesen billigere und inzwischen vielleicht auch bessere Elektroautos bauen, damit haben sie auch in Zuffenhausen mittlerweile zu leben gelernt. Schließlich konnten sie sich noch immer damit trösten, dass ihnen Peking auf der Piste nicht gefährlich wird und niemand bessere Sportwagen baut als Porsche. Doch nun wackelt auch dieser Thron – und ausgerechnet ein Handyhersteller pulverisiert mit seinem automobilen Erstling die Porsche-Bestzeiten.
Und das nicht irgendwo, sondern auf der Nordschleife des Nürburgrings, die sie bei den Schwaben gerne ihr Wohnzimmer nennen, weil fast jede Porsche-Baureihe dort schon eine Bestzeit eingefahren hat. Die des Taycan ist inzwischen allerdings Geschichte und die des Panamera gleich mit. Denn nach seiner 7:04.957 Minuten-Runde ist nun der Xiaomi SU7 Ultra das schnellste serienmäßige Elektroauto und zugleich der schnellste Viertürer auf dem legendären Eifelkurs.
In China kostet der Ultra unter 70.000 Euro

Kein Wunder, dass die Chinesen fast platzen vor Stolz und die Kunden dem Apple-Konkurrenten die Bude einrennen: Während der Taycan in China – genau wie die meisten Elektroautos aus Deutschland – in Shanghai und Beijing steht wie Blei, hat Xiaomi vom Ultra in zehn Minuten fast 7000 Autos verkauft und nach zwei Stunden war die Jahresproduktion von 10.000 Exemplaren vergriffen.
Und das, obwohl der Ultra mit einem Grundpreis von umgerechnet 67.800 Euro in China mehr als doppelt so viel kostet wie die Einstiegsversion des SU7. Andererseits ist selbst die vom Rekordrenner abgeleitete Nürburgring-Edition mit gut 100.000 Euro nicht einmal halb so teuer wie der Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket, der den Rekord bislang gehalten hat.
Wer einen der raren Ultras ergattert, der kann sich auf etwas gefasst machen. Selbst wenn die volle Leistung von irrwitzigen 1548 PS vom Navi jenseits der Rennstrecke auf 648 PS gedrosselt wird und deshalb weder die fabelhaften 1,98 Sekunden von 0 auf 100 km/h möglich sind, noch die 350 km/h Top-Speed, für die man in China wahrscheinlich ohnehin lebenslänglich bekommt, bringt der Ultra den Fahrer beim Kickdown an seine Grenzen.
Drei Motoren mit irrwitzigen Drehzahlen

Die Beschleunigung der elektrischen Sportlimousine ist so brutal, dass die Köpfe der Insassen ordentlich gegen die Sitze knallen. Für diesen Kraftakt hat Xiaomi noch einmal kräftig nachgelegt. Wo beim gewöhnlichen SU7 mit auch schon eher ungewöhnlichen 673 PS Schluss war, satteln sie jetzt noch einmal fast 900 PS drauf. Dafür bauen sie im Heck ihre euphemistisch V8s genannten Motoren ein, die mit bis zu 27.200 Touren schneller drehen als die allermeisten anderen E-Maschinen.
Dazu gibt es ein 800-Volt-System und einen Akku, der mit 93,7 kWh eine chinesische Normreichweite von 630 Kilometern ermöglicht und der beim Laden genauso Tempo macht wie auf der Nordschleife. Wer die entsprechende DC-Säule findet, kann mit bis zu 489 kW rechnen und schafft so den Hub von 10 auf 80 Prozent im besten Fall in elf Minuten.
Und weil sie es ernst meinen mit der Rennerei, haben sie auch den Temperaturhaushalt der Zellen, die Kühlung und die Lüftung optimiert: Zwei Runden auf der Nordschleife schafft der Ultra deshalb, ohne zu überhitzen, versprechen die Entwickler. Ach ja, eine Goldmedaille haben sie dem SU7 Ultra auch gleich umgehängt: Das Logo auf der Fronthaube hat 24 Karat.
Fahrleistungen wie ein Supersportwagen

Doch die Chinesen wollen nicht nur bei der E-Technik punkten und mit spektakulären Quartett-Werten. Sondern die Ingenieure haben sich auch in den klassischen Disziplinen ein paar Fleißkärtchen verdient: Mit fast sechs Quadratmetern Karbon in der Karosse wiegt der SU7 Ultra trotz seines schweren E-Antriebs nur wenig mehr als zwei Tonnen.
Das Zweikammer-Luftfeder-Fahrwerk ist verbindlich und vertrauenserweckend, die riesigen Karbonbremsen haben mehr Biss als ein chinesischer Drache, das Flügelwerk garantiert die nötige Downforce und die Lenkung hält so eisern den Kurs wie früher die kommunistische Partei. Abweichungen ausgeschlossen.
Obwohl der Xiaomi die Fahrleistungen eines Supersportwagens hat und diese auch ähnlich bestimmt auf die Straße bringt, ist er keine böse Bestie, die den Fahrer jederzeit fordert. Vielmehr gleitet er ganz gelassen und mit einem erstaunlichen Maß an Restkomfort über die Ringstraßen der chinesischen Hauptstadt. Selbst die Hinterbänkler in dem bei drei Metern Radstand vergleichsweise geräumigen Fond haben keinen Grund zur Klage.
Zwar ist Porsche genau wie die anderen deutschen Hersteller in China bei der Elektrifizierung längst in die zweite Reihe durchgereicht worden und mit dem Sensationserfolg des zweiten Xiaomi-Modells YU7, das sich bei seiner Premiere vor Kurzem in nur drei Minuten über 200.000 Mal verkauft hat, droht dann bald die dritte Liga. Doch zumindest bei uns haben die alten Champions noch ein bisschen Schonfrist. Vor 2027 will Xiaomi den Weg in den Westen nicht antreten.
Text: Thomas Geiger
Hier finden Sie noch viele weitere Neuvorstellungen, Fahrberichte und Autotests.