Verkehrsgerichtstag in Goslar: Wann bei Cannabiskonsum zur MPU?

Ein Polizist hält  in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) ein Fahrzeug aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung an.
Um Polizeikontrollen, vor allem bei Cannabismissbrauch, geht es auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar© picture alliance / dpa

Cannabismissbrauch im Straßenverkehr, Hinterbliebenengeld, Bestrafung von Handyverstößen am Steuer und Polizeikontrollen von älteren Fahrern – das sind wichtige Themen auf dem 63. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar. Die Details.

  • Cannabis: Klarheit für Behörden, Rechtssicherheit für Betroffene

  • Hinterbliebenengeld: ADAC fordert Beweiserleichterungen

  • Fahrtüchtigkeitstests: Club gegen gezielte Polizeikontrollen von Senioren

Juristinnen und Juristen, Entscheidungsträgerinnen und -träger von Ministerien sowie Vertreter von Polizei und Verbänden diskutieren ab 29. Januar auf dem 63. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar über aktuelle Themen und verabschieden Empfehlungen für den Gesetzgeber. Die wichtigsten Themen des größten verkehrsrechtlichen Kongresses im Überblick.

Cannabis: Klare Leitlinien für Behörden

Seit 2024 wird Cannabis rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft, für Autofahrende gelten neue Bestimmungen und Bußgelder. Der Verkehrsgerichtstag beschäftigt sich mit den Auswirkungen, mit Testmethoden und der Frage, wann eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden soll.

Bisher ist nicht klar, wann Cannabismissbrauch angenommen wird und in welchen Fällen eine MPU angemessen ist. Die Folge sind unterschiedliche Entscheidungen. "Das ist nicht hinnehmbar", sagt ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand, "wir setzen uns daher für bundesweit einheitliche und verbindliche Leitlinien für Verwaltungsbehörden sowie Rechtssicherheit für Betroffene ein." Hillebrand: "Außerdem muss die Polizei wissen, wie sie testen kann, es geht um die Sicherheit im Straßenverkehr."

Hinterbliebenengeld verbindlich regeln

Im mit mehr als 500 Teilnehmenden größten Arbeitskreis auf dem Verkehrsgerichtstag geht es um das Hinterbliebenengeld. Darauf haben Angehörige eines tödlich Verunglückten sei 2017 Anspruch. Aber bei der Höhe fehlt eine verbindliche Regelung. "Hier wäre aus unserer Sicht eine gesetzliche Vorgabe wünschenswert", sagt Dr. Markus Schäpe, Leiter der Juristischen Zentrale des ADAC, "das Hinterbliebenengeld sollte ein fester Bestandteil der Unfallregulierung werden."

Für wichtig hält Schäpe auch, dass Angehörige wie Brüder oder Schwestern nicht mit persönlichen Details, etwa wie oft man Kontakt hatte, ihre Ansprüche begründen müssen. "Das ist kurz nach dem Tod eines Angehörigen belastend und pietätlos", so der Jurist, "für uns ist diese Hürde eine Ungleichbehandlung von Anspruchsberechtigten."

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"Todsünden" im Straßenverkehr

Eine Frau telefoniert mit ihrem Handy am Steuer ihres Autos
Soll Handy am Steuer bei konkreter Gefährdung des Straßenverkehrs härter geahndet werden? Ein Thema auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar© iStock.com/urbazon

Der Paragraph 315c des Strafgesetzbuchs (StGB) regelt die Gefährdung des Straßenverkehrs. In Goslar wird darüber diskutiert, ob die Tatbestände, die "sieben Todsünden" im Verkehrsrecht, noch zeitgemäß sind. Unstrittig ist, dass beispielsweise Geisterfahrer, Raser und Drängler sich grob verkehrswidrig und rücksichtlos verhalten.

An anderen Stellen kann sich ADAC Verkehrspräsident Hillebrand aber eine Streichung aus dem Tatbestands-Katalog gut vorstellen, zum Beispiel beim "unzureichenden Sichern eines Pannenfahrzeugs".

Erweitern könnte man den Katalog dagegen nach Ansicht des ADAC mit anderen Delikten: Handyverstöße bei konkreter Gefährdung des Verkehrs, das Verlieren von Ladungsteilen, rücksichtloses Verhalten von Kraftfahrern gegenüber Fußgängern und die Wertung von Beinahe-Unfällen, bei denen Schlimmes hätte passieren können. Die Liste der Todsünden im Straßenverkehr könnte größer werden.

Kontrollen nicht gezielt bei Älteren

Die Straßenverkehrsordnung erlaubt der Polizei Kontrollen, bei der sie unter anderem die Verkehrstüchtigkeit von Fahrerinnen und Fahrern prüft: präventiv und auch ohne konkreten Verdacht. "Solche Kontrollen sind wichtig, insbesondere zur Ahndung des Fahrens unter Einfluss von Alkohol oder Drogen", betont ADAC Jurist Dr. Markus Schäpe.

Kritisch sieht er dagegen die "standardisierten Fahrtüchtigkeitstests", die im Rahmen von Pilotprojekten in einigen Bundesländern durchgeführt werden. Hierbei soll die Polizei körperliche und geistige Fähigkeiten von Verkehrsteilnehmern prüfen und Defizite der Fahrerlaubnisbehörde melden. Die kann dann eine fachärztliche Untersuchung oder eine MPU anordnen.

Schäpe erzählt von Berichten, nach denen gezielt Senioren kontrolliert worden seien. "Es darf aber bei solchen Kontrollen nur um das Herausfiltern von Menschen gehen, die echte Einschränkungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs haben", sagt Schäpe, "es geht darum, wie sicher jemand fährt, nicht wie alt er ist."

Unabhängig davon plädiert der ADAC für regelmäßige freiwillige Untersuchungen bei Ärzten, um gesundheitliche Einschränkungen frühzeitig zu erkennen. Und für Senioren empfiehlt der Club einen Fahr-Fitness-Check, um auch im Alter sicher mobil zu bleiben.