Senioren am Steuer
Mit dem Alter können Reaktionsfähigkeit und Sehvermögen nachlassen. Seniorinnen und Senioren sollten ihre Fahrfähigkeit stets selbstkritisch im Blick behalten. Plus: Wie der ADAC sie dabei unterstützt.
Ältere sind eher Gefährdete als Gefährder
Gesundheitliche Situation regelmäßig freiwillig überprüfen lassen
ADAC hält verpflichtende Tests für nicht verhältnismäßig
Unfallstatistik zeigt: Ältere stärker gefährdet
Entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass die Gruppe der älteren Autofahrenden überdurchschnittlich viele schwere Unfälle verursacht, zeigt die Unfallstatistik ein anderes Bild. Laut dem Statistischen Bundesamt haben im Jahr 2023 Menschen ab 65 Jahren 18,5 Prozent der Unfälle mit Personenschaden verschuldet, die von Pkw-Fahrenden verursacht wurden. Also weniger Unfälle, als ihrem Bevölkerungsanteil von rund 22 Prozent entsprechen würde.
"Senioren sind durch ihre erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen eher Gefährdete als Gefährder", sagt ADAC Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino. Besonders bei Fußgängerinnen und Radfahrern fällt auf: Mehr als jeder zweite tödlich Verunglückte ist 65 Jahre oder älter. Bei den Pedelec-Nutzern sind sogar knapp 70 Prozent der tödlich Verunglückten aus dieser Altersgruppe. Aktuelle Trends wie Pedelecs und E-Bikes sind häufig ein Zugewinn für die eigenständige Mobilität. Sie sollten jedoch nur genutzt werden nach vorheriger Übung und mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen wie zum Beispiel einem Helm, so Chiellino, Leiter ADAC Verkehrspolitik.
Gruppe der Älteren: Große Unterschiede
Da die Gruppe der älteren Verkehrsteilnehmenden über 65 von "Best Agern" im Erwerbsleben bis zu Hochbetagten über 90 reicht, ist eine strikte Einteilung nach Lebensjahren nicht angemessen. Auch wenn der natürliche Alterungsprozess mit individuellen Leistungseinbußen verbunden ist, so kann nach Ansicht des ADAC Experten allein vom Alter her nicht pauschal auf die Fahreignung geschlossen werden.
Fahrfähigkeiten selbstkritisch hinterfragen
Grundsätzlich gilt für Autofahrende – unabhängig vom Lebensalter: "Sie sollten die eigenen Fahrfähigkeiten regelmäßig, vor allem aber selbstkritisch hinterfragen", so ADAC Experte Chiellino. Entscheidend für eine unfallfreie Teilnahme am Straßenverkehr sei nicht das Lebensalter, sondern neben dem Gesundheitszustand auch die Fahrerfahrung. Ältere zeichneten sich in der Regel durch einen an die Situation angepassten und vorausschauenden Fahrstil aus: Sie meiden riskante Manöver und halten größeren Abstand. Mit einem derart besonnenen und selbstkritischen Fahrverhalten können altersbedingte Leistungseinbußen häufig ausreichend kompensiert werden.
Ungetrübte Wahrnehmung, Reaktionsvermögen und ausdauernde Aufmerksamkeit sind zentrale Grundvoraussetzungen für eine sichere Verkehrsteilnahme. Das zunehmende Alter kann allerdings zu Leistungseinbußen führen, die oftmals nicht schlagartig auftreten, sondern sich schleichend ankündigen. Neben Veränderungen aufgrund des natürlichen Alterungsprozesses können viele Erkrankungen und Medikamente die Verkehrssicherheit negativ beeinflussen.
Daher ist es wichtig, mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt zu sprechen und mögliche Auswirkungen auf die Fahreignung abzuklären. Dies gilt besonders, wenn gleichzeitig mehrere Erkrankungen bestehen und eine Vielzahl von Medikamenten eingenommen wird. Ältere Verkehrsteilnehmende sollten sich regelmäßig freiwillig medizinisch untersuchen und zum Beispiel ihr Sehvermögen überprüfen lassen.
Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt suchen
Falls gesundheitliche Probleme festgestellt werden, sollten Sie unverzüglich ein vertrauliches Gespräch mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt suchen. Dort können Sie sich auch über geeignete präventive Maßnahmen informieren, um etwa die Beweglichkeit zum Beispiel beim Schulterblick zu erhalten oder die kognitiven Fähigkeiten zu trainieren.
Durch verpflichtende Tests erhöht sich nach Ansicht des ADAC Experten Chiellino die Gefahr, dass geeignete Fahrerinnen und Fahrer irrtümlich als ungeeignet eingestuft werden. In computerbasierten Testverfahren könnten einzelne Aspekte ausschlaggebend für das Gesamtergebnis sein. Es sei nicht möglich, die gesamte Fahrleistungskompetenz in dieser Labor-Situation zu bewerten, die nicht die Fahrt unter realen Bedingungen ersetzen könne.
Hinzu kommt, dass ein positives Ergebnis ältere Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer dazu verleiten kann, ihre eigenen Fähigkeiten weit über den Testzeitpunkt hinaus zu überschätzen. Denn Tests geben immer nur eine Momentaufnahme wieder. Insofern hält der ADAC Experte Forderungen nach einer gesetzlichen Verpflichtung von Eignungsprüfungen für alle Kraftfahrenden nicht für verhältnismäßig.
Was können ältere Verkehrsteilnehmende selbst tun?
Eigenständige Mobilität bringt Unabhängigkeit und ermöglicht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das erhöht die Lebensqualität und trägt zu einem gesunden Altern bei. Spätestens jedoch, wenn körperliche und mentale Einschränkungen eine sichere Verkehrsteilnahme nicht mehr ermöglichen, gilt es Alternativen zum selbstständigen Autofahren zu finden. "Es ist empfehlenswert, sich frühzeitig mit dieser Thematik auseinander zu setzen und zum Beispiel mit Hilfe famili ärer Unterstützung geeignete Alternativen auszuloten", rät Chiellino.
ADAC Fahr-Fitness-Check und Fahrsicherheitstraining
Beim ADAC Fahr-Fitness-Check können Ältere bei einer Fahrt im eigenen Pkw ihr Können mit Hilfe eines speziell qualifizierten Fahrlehrers einschätzen. Ziel des Checks ist es, den Fahrstil zu optimieren, Verbesserungspotentiale zu finden und aufzuzeigen sowie im Bedarfsfall eingehend über konkrete Tipps und Hilfestellungen zu sprechen. Der ADAC Fahr-Fitness-Check ist keine Fahreignungsüberprüfung und ersetzt auch nicht die ärztliche Beratung.
Der ADAC bietet außerdem Fahrsicherheitstrainings an – auch für ältere Verkehrsteilnehmende. Diese Trainings sind auf Nachfrage bei den einzelnen Standorten buchbar. Hier werden Fahrtechniken trainiert, um Gefahrensituationen zu vermeiden und so im Ernstfall richtig zu reagieren. Die Trainerinnen und Trainer gehen z. B. auch auf den richtigen Umgang mit neuer Fahrzeugtechnik und Assistenzsystemen ein und zeigen, wie eventuelle Einschränkungen bestmöglich ausgeglichen werden können.
Programm "Sicher mobil" hilft beim Überblick
Das Programm "Sicher mobil" soll dabei helfen, den Überblick im wachsenden Verkehrsaufkommen zu behalten, auch über neue Fahrtechniken und aktuelle gesetzliche Regelungen. Auch viele weitere Fragen, etwa "wie bin ich im Straßenverkehr besser sichtbar, was lenkt mich ab oder wie steht es um meine Gesundheit und Beweglichkeit" werden in den kostenfreien Veranstaltungen thematisiert und in kleinen Gruppen diskutiert.
Das vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) konzipierte und vom Bundesverkehrsministerium finanzierte Programm wendet sich hauptsächlich an aktive Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer ab 65 Jahren – ganz gleich, ob sie überwiegend mit dem Auto, dem Fahrrad oder Pedelec, zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Speziell ausgebildete Moderatorinnen und Moderatoren gehen dabei auf besondere Interessen und Fragestellungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein.