Zu spät am Flughafen: Reisende können Gepäck nicht mehr aufgeben
Zwei Reisende sind so spät am Flughafen, dass sie ihr Gepäck nicht mehr aufgeben können. Ohne Koffer wollen sie aber nicht mitfliegen. Sie verlangen den Reisepreis zurück. Ein Urteil des Amtsgerichts München.
Der Fall: Ein Ehepaar hatte eine Pauschalreise für knapp 4000 Euro nach Kuba gebucht. Inbegriffen war die Bahnfahrt zum Flughafen München. Als die Reisenden am Flughafen ankamen, hatte das Boarding für den Flug nach Kuba (geplanter Start 11.50 Uhr) schon begonnen. Sie konnten ihr Gepäck nicht mehr aufgeben, weder am Gepäckautomaten noch am Check-in Schalter der Airline.
Wegen Zugverspätung zu spät dran
Die Airline bot dem Ehepaar an, ohne aufgegebenes Gepäck zu fliegen. Das lehnten die beiden Reisenden aber ab. Sie argumentierten, sie seien wegen einer Zugverspätung gegen 11 Uhr am Schalter eingetroffen. Die Gepäckaufgabe habe bis 11.10 Uhr möglich sein sollen, daher hätte die Airline sie samt Gepäck noch mitnehmen müssen. Das Boarding habe damit nichts zu tun. Das Paar verklagte den Reiseveranstalter auf Rückerstattung des Reisepreises.
Der Reiseveranstalter hielt dagegen, die Reisenden hätten ihre Mitwirkungspflichten verletzt und seien nur deshalb nicht befördert worden. Sie hätten trotz wiederholter Hinweise keine oder zu geringe Zeit-Reserven für die mehr als 400 Kilometer lange Anreise zum Flughafen eingeplant.
Zu wenig Zeit für Anreise eingeplant
Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Zwar sei der Nichtantritt des Fluges als Kündigung des Reisevertrages anzusehen. Diese sei aber nicht wirksam, weil kein erheblicher Reisemangel vorlag. Reisende hätten bei der Durchführung einer Reise sogenannte Mitwirkungspflichten, so das Gericht. Dazu gehöre es, rechtzeitig zur Abfertigung am Flughafen zu erscheinen und bei einer Anreise per Bahn die Zugverbindung so zu planen, dass man rechtzeitig am Flughafen ankommt.
Empfehlungen des Veranstalters missachtet
Der Reiseveranstalter hatte auf den Rail-&-Fly-Tickets empfohlen, die Anreise so zu planen, dass die Reisenden den Check-in-Schalter zwei Stunden vor Abflug erreichen, und zusätzlich einen Zeitpuffer von 45 Minuten je 100 Kilometer Anreise einzuplanen. Diesen Empfehlungen sei das Ehepaar nicht gefolgt. Mit der gewählten Zugverbindung wären der Mann und seine Frau ohne die Zugverspätung nicht einmal zwei Stunden vor Abflug am Flughafen angekommen.
Das Ehepaar trage daher überwiegend selbst Schuld daran, dass die Airline das Gepäck nicht mehr mitgenommen hat, so das Gericht. Der Hinweis auf der Bordkarte, das Gepäck könne am Gepäckautomaten nicht später als 11.10 Uhr aufgegeben werden, ändere daran nichts.
Reisepreis nicht erstattet
Das Ehepaar durfte nach Ansicht des Gerichts nicht davon ausgehen, dass sie buchstäblich in letzter Minute ihr Gepäck abgeben können. Darauf deute schon die Formulierung auf der Bordkarte "nicht später als" (statt: "bis") hin. Außerdem müsse man an einem großen Flughafen wegen der eng getakteten Zeitfenster und der Vielzahl an abgefertigten Flügen mit geringfügigen Verschiebungen der Abflug- und Boardingzeiten rechnen, so das Gericht. Das Ehepaar bekam den Reisepreis nicht zurückerstattet.
AG München, Urteil vom 4.8.2021, Az.: 158 C 4570/20
(Hinweis: Das Urteil ist rechtskräftig)