Harte Flugzeuglandung: Gibt es Schadensersatz?

Ein Flugzeug bei der Landung mit qualmenden Rädern
Flugzeuglandungen können manchmal hart sein© Shutterstock/Igor Karasi

Flugzeuglandungen können unsanft sein. Doch wer dabei einen Bandscheibenvorfall oder ähnliche Verletzungen erleidet, hat beim Schadenersatz das Nachsehen. Das entschied nun der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Der Fall: Eine Passagierin verklagte eine österreichische Fluggesellschaft, da sie wegen der harten Landung bei ihrem Flug von Wien nach St. Gallen einen Bandscheibenvorfall erlitten habe. Sie verlangte knapp 69.000 Euro Schadenersatz und verwies dabei auf das Übereinkommen von Montreal, das Haftungsfragen bei Unfällen im internationalen zivilen Luftverkehr regelt.

Unsanfte Landung ist kein Unfall

Bei einer unsanften Landung handelt es sich jedoch nicht um einen Unfall, urteilten bereits die Vorinstanzen in Österreich. Denn ein Unfall setze voraus, dass die Landung unverhältnismäßig hart gewesen ist. Das sei hier nicht der Fall, daher müsse die Fluggesellschaft keinen Schadenersatz zahlen.

Auch das Berufungsgericht folgte dieser Einschätzung, woraufhin die Klägerin in Österreich vor den obersten Gerichtshof zog. Dieser brachte den Fall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der musste nun klären, ob und wann eine harte Landung, bei der sich ein Passagier verletzt, ein Unfall nach dem Montrealer Übereinkommen sei.

EuGH: Persönliches Empfinden spielt keine Rolle

Auch der EuGH urteilte, dass die Landung im normalen Betriebsbereich des Flugzeugs erfolgt sei und daher kein Unfall vorliege. Das persönliche Empfinden des Fluggastes spiele dabei keine Rolle. Ein Pilotenfehler konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Eine Haftung der Fluggesellschaft sei daher ausgeschlossen, heißt es in der Urteilsbegründung, wenn die Landung „im Einklang mit den für das betreffende Flugzeug geltenden Verfahren und Betriebsgrenzen (…) und unter Einhaltung der Regeln der Technik (…) durchgeführt wird“. Das war vorliegend der Fall.

Dabei beruft sich der EuGH auf Artikel 17 des Montrealer Übereinkommens, da heißt es: „Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.“

Schadenersatz für umgekippten Kaffee

Dass ein Unfall während eines Fluges nicht zwangsläufig auf einem flugspezifischen Risiko beruhen muss, hat der EuGH bereits in einer früheren Entscheidung klargestellt (Urt. v. 19.12.2019, Rs. C 532/18). Danach können Fluggäste zum Beispiel dann Schadenersatz von der Airline fordern, wenn sie sich im Flugzeug an einem umgekippten Kaffee verbrühen.

Der EuGH legt damit – wie auch bei der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung – beim Montrealer Übereinkommen einen hohen Verbraucherschutzstandard fest.

Bei Verletzungen von Passagieren, die sich an Bord des Flugzeugs oder beim Ein- und Aussteigen ereignen (etwa beim Sturz auf der Fluggastbrücke), kommen damit grundsätzlich Schadenersatzansprüche in Betracht.

Das EuGH-Urteil zum Bandscheiben-Fall trägt das Aktenzeichen C‑70/20.