Alkoholvergiftung: Symptome erkennen und Hilfe leisten
Eine Alkoholvergiftung entsteht, wenn Alkohol die Funktion der Nervenzellen im Gehirn beeinträchtigt. Die Folgen reichen von leichten körperlichen Beeinträchtigungen bis hin zu Koma und Atemstillstand.
Die Schwere der Symptome ist vom Alkoholspiegel abhängig
Warnzeichen für einen erhöhten Alkoholkonsum sind Lallen und Torkeln
Bei schwerer Alkoholvergiftung mit Bewusstlosigkeit besteht Lebensgefahr
In geringen Mengen kann der Konsum von Alkohol entspannend, angstlösend und stimmungshebend wirken. Aus medizinischer Sicht ist Alkohol, genauer gesagt, das in alkoholischen Getränken enthaltene Ethanol, ein Zellgift. Es kann bei übermäßigem Genuss die Funktion des Gehirns beeinträchtigen und dadurch eine akute und potenziell gefährliche Alkoholvergiftung auslösen. Besonders häufig betroffen sind Jugendliche und junge Erwachsene, die beim sogenannten Komasaufen sehr viel Alkohol in kurzer Zeit zu sich nehmen, noch bevor Übelkeit und Erbrechen dem Konsum ein Ende setzen können.
Gut zu wissen: So wirkt Alkohol auf das Gehirn
Alkohol wird überwiegend über die Darmschleimhaut in den Körper aufgenommen und gelangt innerhalb weniger Minuten in den Blutkreislauf. Nach etwa einer halben Stunde bis Stunde hat er sich im gesamten Organismus verteilt. Besonders empfindlich reagiert das gut durchblutete Gehirn: In geringen Mengen stimuliert Alkohol das dort lokalisierte "Belohnungssystem" und wirkt dadurch anregend, stimmungsaufhellend und angstlösend. Mit steigendem Alkoholspiegel gewinnt jedoch die betäubende (sedierende) Wirkung von Alkohol die Oberhand. Das beruht darauf, dass Ethanol die Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen hemmt und dadurch die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt.
Wie merkt man eine Alkoholvergiftung?
Fachleute sprechen von einer Alkoholvergiftung, sobald die Funktionsfähigkeit des Gehirns durch den steigenden Blutalkoholspiegel beeinträchtigt wird. Das ist streng genommen bereits bei einem leichten Rausch mit geringen Promillewerten der Fall, bei empfindlichen Menschen unter Umständen schon nach dem Genuss von nur einem alkoholischen Getränk. Mit zunehmendem Alkoholspiegel werden die körperlichen Auswirkungen immer gravierender. Eine schwere und potenziell lebensbedrohliche Alkoholvergiftung besteht ab etwa drei Promille. Eine Blutalkoholkonzentration von mehr als fünf Promille führt fast immer zum Tod.
Symptome einer Alkoholvergiftung
Die Symptome einer Alkoholvergiftung stehen mit dem Blutalkoholspiegel in Zusammenhang, verändern sich also mit zunehmenden Promillewerten. Dementsprechend unterscheiden Fachleute vier Stadien der Alkoholintoxikation:
Exzitationsstadium: Bei einem Blutalkoholspiegel von 0,2 bis 2,0 Promille liegt ein leichter bis mittelgradiger Rauschzustand vor. Viele Menschen fühlen sich ab 0,2 Promille entspannt und heiter, sind häufig enthemmter und redseliger als im nüchternen Zustand. Die Reaktionsfähigkeit kann bereits verlangsamt sein. Ab etwa 0,5 Promille ist das Urteilsvermögen beeinträchtigt, Risiko- und Aggressionsbereitschaft steigen, Konzentrationsvermögen, Gleichgewichtssinn und Bewegungskoordination sind gestört. Die Seh- und Hörfähigkeit geraten ebenfalls in Mitleidenschaft, es kommt zu ersten Einschränkungen des Gesichtsfelds (Tunnelblick). Ab etwa 1 Promille beginnen Betroffene zu lallen und zu torkeln. Auch starke Stimmungsschwankungen von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt sind in dieser Phase nicht ungewöhnlich. Die Reaktionsfähigkeit ist stark eingeschränkt, und Gefahren werden falsch eingeschätzt.
Hypnosestadium: Bei einem Blutalkoholspiegel von 2,0 bis 2,5 Promille ist die Bewegungskoordination erheblich gestört. Denkprozesse sind verlangsamt, das Orientierungsvermögen versagt, und es kommt zu Gedächtnislücken. Oft führt Alkohol in diesem Stadium zu Übelkeit und Erbrechen.
Narkosestadium: Bei einem Blutalkoholspiegel von 2,5 bis 4 Promille wirkt Alkohol betäubend. Die Muskeln erschlaffen, Betroffene verlieren das Bewusstsein sowie die Kontrolle über Blase und Darm und sind nicht mehr aufweckbar.
Asphyxiestadium: Bei einem Blutalkoholspiegel über 4 Promille besteht akute Lebensgefahr. Es kommt zum Verlust wichtiger Schutzreflexe, Betroffene fallen ins Koma und können einen Schock mit fortschreitendem Kreislaufversagen bis hin zum vollständigen Atem- und Herzstillstand erleiden. Da der Organismus die Körpertemperatur nicht mehr richtig regulieren kann, besteht selbst bei sommerlichen Temperaturen die Gefahr einer Unterkühlung. Fällt die Körpertemperatur unter 32 Grad, besteht ebenfalls Lebensgefahr.
Die Stadieneinteilung bietet eine Orientierungshilfe. Allerdings reagiert jeder Mensch individuell sehr unterschiedlich auf Alkohol. Die Alkoholmenge, die erforderlich ist, um bestimmte Symptome auszulösen, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Zahlreiche äußere Faktoren beeinflussen zusätzlich die Wirkung von Alkohol. Beispielsweise tritt ein Rauschzustand nach sportlicher Betätigung, nach Alkoholkonsum auf leeren Magen oder nach der Einnahme bestimmter Medikamente oft schneller ein als gewöhnlich. Zudem reagieren Frauen in der Regel stärker auf Alkohol als Männer.
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Alkoholvergiftung bei Kindern
Alkoholische Getränke sollten außer Reichweite von Kindern stehen. Ebenso wie Fl üssigkeiten wie Mundspüllösungen oder alkoholhaltige Medikamente können sie bei Kindern eine Alkoholintoxikation auslösen. Kinder reagieren viel empfindlicher auf Alkohol als Erwachsene. Schon geringe Mengen können bei ihnen dazu führen, dass der Blutzuckerspiegel stark absinkt und eine gefährliche Unterzuckerung entsteht. Das kann zu Krampfanfällen bis hin zum Koma führen. Die für Erwachsene und Jugendliche typischen Anzeichen einer Alkoholvergiftung wie Gleichgewichts- und Bewusstseinsstörungen treten bei Kindern erst später auf.
Was tun bei Alkoholvergiftung?
Solange eine stark alkoholisierte Person bei Bewusstsein und ansprechbar ist, besteht in der Regel keine Lebensgefahr. Es ist jedoch wichtig zu verhindern, dass sie weiter Alkohol zu sich nimmt. Versuchen Sie stattdessen, die Person dazu zu motivieren, viel Wasser zu trinken, da Alkohol dem Körper Wasser entzieht. Oft kommt es bei einer Alkoholvergiftung zu Übelkeit mit Erbrechen. Versuchen Sie jedoch nicht, das Erbrechen gezielt herbeizuführen: Es besteht dabei das Risiko, dass Erbrochenes in die Atemwege gerät.
Normalerweise haben vereinzelte, leichte Alkoholvergiftungen keine ernsthaften gesundheitlichen Folgen. Eine medizinische Behandlung ist somit nicht erforderlich. Stattdessen gilt es abzuwarten, bis der Körper den Alkohol abgebaut hat. Dies passiert bei Frauen mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,1 Promille pro Stunde, bei Männern mit bis zu 0,2 Promille pro Stunde.
Gegen die typischen Symptome der Alkoholvergiftung am Folgetag – auch als Kater bekannt – sollten dem Körper möglichst viel Flüssigkeit und Mineralstoffe zugeführt werden, die durch den Alkohol entzogen wurden. Gut geeignet sind salzige Speisen, Brühe sowie alkoholfreie Getränke wie Mineralwasser, Apfelschorle oder Tee. Schwer verdauliche und fettige Lebensmittel sind weniger empfehlenswert. Das Gleiche gilt für das sogenannte Konterbier: Es zögert die unvermeidlichen Katersymptome nur hinaus.
Erste Hilfe bei Bewusstseinsverlust
Erhöhte Aufmerksamkeit ist gefragt, wenn stark angetrunkene Personen scheinbar eingeschlafen sind, denn tiefer Schlaf ist auf den ersten Blick nicht von einer Bewusstlosigkeit zu unterscheiden. Es ist deshalb wichtig zu prüfen, ob sich die Person noch wecken lässt und ansprechbar ist. Ist dies nicht der Fall, ist es notwendig, umgehend den Rettungsdienst zu verständigen, da akute Lebensgefahr besteht.
Die wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme bis zum Eintreffen des Notarztes oder der Notärztin besteht darin, Betroffene in die stabile Seitenlage zu bringen. Dadurch ist gewährleistet, dass beim Erbrechen keine Speisereste in die Luftröhre gelangen und die Atmung blockieren. Da Betrunkene leicht auskühlen, ist es sinnvoll, sie zuzudecken. Versuchen Sie hingegen nicht, ihnen Wasser oder andere nicht alkoholische Getränke zuzuführen: Aufgrund der Bewusstlosigkeit besteht dabei Erstickungsgefahr. Bleiben Sie die ganze Zeit bei der bewusstlosen Person und überprüfen Sie regelmäßig, ob diese noch atmet. Kommt es zu einem Atemstillstand, ist es erforderlich, sofort mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung zu beginnen.
Wann ins Krankenhaus?
Eine schwere Alkoholvergiftung ist lebensbedrohlich und sollte immer im Krankenhaus behandelt werden. Hier haben Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit, wichtige Körperfunktionen wie Herzschlag und Atmung kontinuierlich zu überwachen und die Atemwege freizuhalten. In der Regel erhalten Betroffene Infusionen, um den Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Wichtig zu wissen:
In den meisten Fällen entsteht eine Alkoholvergiftung durch den Alkohol Ethanol. Deutlich seltener ist eine Methanolvergiftung. Methanol ist ein Alkohol, der sich vor allem in privat und unsachgemäß hergestellten Spirituosen bilden kann. Beim Abbau von Methanol in der Leber entstehen schädliche Stoffwechselprodukte wie Formaldehyd und Ameisensäure, die der Körper nur sehr langsam ausscheiden kann. Sie können sich im Organismus ansammeln und erhebliche Schäden an Leber, Nieren, Augen und Zentralnervensystem hervorrufen. Bekannt ist Methanol vielen Menschen im Zusammenhang mit der typischen durch eine Schädigung der Netzhaut und des Sehnervs ausgelösten Erblindung.
Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.
Pschyrembel Online: Alkoholintoxikation, Stand 11/2022, unter: https://www.pschyrembel.de/Alkoholintoxikation/K021P (Abruf: 13.12.2023)
Pschyrembel Online: Methanolintoxikation, Stand 11/2020, unter: https://www.pschyrembel.de/Methanolintoxikation/K0E59 (Abruf: 13.12.2023)
Bundesministerium für Gesundheit: Alkoholvergiftung (Alkoholintoxikation), unter: https://gesund.bund.de/alkoholvergiftung (Abruf: 13.12.2023)
Deximed Hausarztwissen online: Alkoholvergiftung, Stand 01/2022, unter: https://deximed.de/home/klinische-themen/erste-hilfe-notfallmedizin/patienteninformationen/vergiftungen/alkoholvergiftung (Abruf: 13.12.2023)
Stiftung Gesundheitswissen: Risikofaktor Alkohol, Stand 12/2020, unter: https://stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/risikofaktor-alkohol/hintergrund (Abruf: 13.12.2023)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Wie wirkt Alkohol – und wie schnell wird er abgebaut? Stand 01/2023, unter: https://www.gesundheitsinformation.de/wie-wirkt-alkohol-und-wie-schnell-wird-er-abgebaut.html (Abruf: 13.12.2023)
Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK): Alkoholvergiftung: Wie äußert sie sich und was sollte man tun? Stand 01/2022, unter: https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/stoffwechsel/alkoholvergiftung-bei-diesen-symptomen-muessen-sie-handeln/ (Abruf: 13.12.2023)
Stiftung Warentest: Tipps bei Kopfschmerzen nach Alkoholkonsum. Stand 12/2022, unter: https://www.test.de/Richtig-feiern-Rezepte-gegen-Kater-1237948-0/ (Abruf: 13.12.2023)
Die Techniker: Wenn Jugendliche sich ins Koma trinken, Stand 04/2022, unter: https://www.tk.de/techniker/magazin/familie/kinder-und-jugendliche/jugendliche-koma-saufen-2009380 (Abruf: 13.12.2023)