Porsche 911 Test: Wie gut ist die Sportwagen-Ikone?

Porsche 911 Carrera fahrend auf der Straße
Jüngste Evolutionsstufe: Der Porsche 911 der achten Generation© Porsche

Er gilt als das Maß aller Dinge in der Sportwagen-Welt. Doch wie gut ist die deutsche Sportwagen-Ikone wirklich? Der Porsche 911 Carrera S im ADAC Test. Alle Daten, Infos und Preise

  • Acht Generationen Porsche 911: Ewig gleich, immer besser

  • Hilfreiche Assistenzsysteme wie Nässedetektor und Nachtsichthilfe

  • Im ADAC Test: Porsche 911 Carrera S Coupé mit 450 PS

  • Ausfahrt mit dem halb offenen 911 Targa

Der Porsche 911 ist ein Phänomen. Kaum ein anderes Auto wird über einen so langen Zeitraum mit dem gleichen technischen Konzept unter der gleichen Typenbezeichnung gebaut und verkauft (seit 1964). Jede Modellgeneration ist der DNA des 911 treu geblieben. Typisch sind die geschwungenen Kotflügel vorn, ein keilförmiges Fließheck, der Zündschlüssel links vom Lenkrad und dahinter ein zentraler Drehzahlmesser. Als Antrieb dient stets ein röchelnder Sechszylinder-Boxer-Motor, der vornehmlich das Heck kraftvoll anschiebt.

Faszination 911: Coupé, Cabrio, Targa, Speedster

Und doch ist vieles anders an der aktuellen Baureihe 992, der inzwischen achten Generation 911. Beispiel Nässedetektor: Erkennen Sensoren in den vorderen Radhäusern den typischen Klang von starkem Spritzwasser, rät eine Warnanzeige zum Einlegen des "Wet Mode": Sofort gelangt die wuchtige Kraft des 3,0-Liter-Boxer sanfter an die erstmals unterschiedlich großen Räder (vorn 20, hinten 21 Zoll). Gut so, denn: Satte 530 Nm Drehmoment sorgen beim Porsche 911 Carrera S zwischen 2300 und 5000 U/min für impulsive Schubkraft, 30 Nm mehr als beim Vorgänger.

Welche Faszination von einem Porsche 911 ausgeht, hat Rennsportlegende Walter Röhrl schon als junger Mann erlebt: "Die letzten acht Tage vor der Auslieferung meines ersten 911 konnte ich nicht mehr richtig schlafen, so aufgeregt war ich." Die technische Weiterentwicklung des 992, an der Röhrl in seiner Karriere maßgeblich mitgewirkt hat, sieht er vor allem in der modernen Elektronik begründet: "Dadurch wird die Spreizung zwischen Sportlichkeit und Komfort größer. Außerdem heißt Porsches neue Fahrwerksphilosophie: härtere Federn, aber weichere Dämpfung. So etwas war früher völlig unmöglich in einem Sportwagen."

Das Cockpit wird immer digitaler

Porsche 911 Carrera Cockpit
Heutige 911-Fahrer blicken auf digitale Instrumente© Porsche

Das Cockpit ist horizontal geprägt, so wie es beim 911 von 1963 bis 1997 schon mal der Fall war. Ein 10,9 Zoll großer Touchscreen informiert über die digitale Welt, aber auch ein paar analoge Hebel gibt es noch. Nur ausgerechnet der Drehschalter links am Armaturenbrett, mit dem der Motor startet, ist arg zierlich geraten. Dank serienmäßigem Keyless Go darf der Zündschlüssel allerdings in der Hosentasche oder im Sakko bleiben.

Das Platzangebot vorn überrascht, denn hier kommen selbst echte Sitzriesen zurecht. Die beiden winzigen Po-Schalen hinten sind aber nicht der Rede wert, so dass man eigentlich nicht von einem "2+2-Sitzer" sprechen kann. Aber was scheren einen Sportwagen-Fan der Platz auf der Rückbank oder das Gepäckvolumen?

Porsche 911 Carrera S im ADAC Test

Porsche 911 Carrera fahrend auf der Straße
Pfeilschnell, präzise wie ein schweizer Uhrwerk: 911© Porsche

Wer wissen will, wie gut der Sportwagen Porsche 911 ist, darf nicht auf die Gesamtnote schauen. Denn die Gesamtnote beurteilt die Gesamtqualität eines Autos: Wie viel Platz es gibt, ob das Auto für jedermann leicht zu fahren und zu bedienen ist, wie viel Komfort es bietet, wie viel Kraftstoff es verbraucht und so weiter. Bei einem Sportwagen kommt es aber vielmehr auf wenige spezifische Charaktereigenschaften an. Auf Motorleistung und Fahrpräzision, auf die Direktheit der Lenkung, das sofortige Ansprechen des Motors, das schnell (zu) schaltende Getriebe.

Welche sportlichen Qualitäten ein Auto hat, wird im ADAC Test mit der Zielgruppen-Note Fahrspaß ausgedrückt. Test-Ingenieur Christoph Pauly: "Der aktuelle Elfer kann dank Hinterachslenkung, adaptiven Dämpfern sowie aktiven Stabilisatoren und Motorlagern mit den schnellsten Konkurrenten mithalten. Zudem ist er – im Vergleich mit ähnlich potenten Wettbewerbern – bemerkenswert alltagstauglich und mit geschliffenen Umgangsformen gesegnet." Und weiter: "Im Heck steckt ein Sechszylinder-Boxer, in dem sich zur begeisternden Drehfreude auch ein sattes Drehmoment gesellt." ADAC Note Fahrspaß: eine glatte Eins.

Noten, auf die es bei Sportwagen ankommt

Schaut man sich die für einen Sportwagen relevanten technischen Noten im Detail an, wird besonders deutlich, wie außergewöhnlich gut der Porsche 911 ist. Hinsichtlich der Fahrleistungen verfehlt er die theoretische Höchstnote 0,6 um ein Zehntel. Selbst die hier "schlechteste" Bewertung (Fahrstabilität: 1,3) gehört in die Klasse "summa cum laude".

Porsche 911 Carrera S

Testnote

Motor/Antrieb


Fahrleistungen

0,7

Laufkultur/Leistungsentfaltung

1,1

Schaltung/Getriebe

1,1

Fahreigenschaften


Fahrstabilität

1,3

Lenkung

1,1

Bremse

0,9

sehr gut = 0,6-1,5 | gut = 1,6-2,5 | befriedigend = 2,6-3,5 | ausreichend = 3,6-4,5 | mangelhaft = 4,6-5,5

Bei 450 PS wird das Überholen zum Vergnügen

Das Leistungspotential in Zahlen: 331 kW/450 PS Leistung, 530 Nm Drehmoment. Der Spurt von null auf 100 km/h ist in 3,7 Sekunden erledigt, als Höchstgeschwindigkeit schafft der Carrera S 308 km/h. Fürs Überholen eines Lkw auf der Landstraße genügen ihm gerade einmal zwei Sekunden. Zum Vergleich: Ein nicht gerade schwächlicher VW Golf mit 150 PS (Diesel wie Benziner) benötigt dafür 4,8 Sekunden.

Die Faszination lässt sich in Zahlen zwar objektiv, vom subjektiven Erlebnis her aber nur unzureichend beschreiben. Walter Röhrl drückt es so aus: "Ein Sportwagen muss auf den kleinsten Fingerwink des Fahrers gehorchen." Und genau das tut der Porsche 911.

Auch Tester Christoph Pauly zieht ein begeistertes Fazit: "Das Triebwerk kommt kraftvoll aus dem Drehzahlkeller, arbeitet sich zügig die Drehzahlleiter empor und lässt auch bei sehr hohen Drehzahlen nicht nach. Die Fahrstabilität ist herausragend, Lenkung und Bremsen sind eine Klasse für sich."

Mit einem Testverbrauch von zehn Litern Super Plus auf 100 Kilometer bekommt der Porsche im auf reinen Fakten und nackten Daten basierenden ADAC Ecotest keinen einzigen der 60 maximal erreichbaren Punkte, weil damit eine CO₂-Bilanz von 275 g/km verbunden ist. Die Verbräuche auf 100 Kilometer im Detail: 11,1 Liter in der Stadt, 8,6 Liter außerorts und 11,2 Liter im Autobahnteil. Aufs Endergebnis von zwei der maximal erreichbaren fünf Ecotest-Sterne kommt der 911er allein wegen seiner durchwegs sauberen Abgase.

Auch mit 7-Gang-Schaltgetriebe

Dazu offeriert Porsche ein paar pfiffige Zutaten, die die Herzen der Fans höher schlagen lassen: Man kann die Carrera 4S-Modelle statt mit einem automatischen 8-Gang-Doppelkupplungs-Getriebe auch mit einem manuellen 7-Gang-Schaltgetriebe bekommen.

Zum Porsche Torque Vectoring, das die Kraft an den Antriebsrädern durch elektronisch gesteuerte Bremseingriffe der Fahrsituation gerecht verteilt, passt die Reifentemperatur-Anzeige: Bei niedriger Reifentemperatur warnen blaue Balken vor reduzierter Haftung. Bei wärmer werdenden Reifen wechselt die Anzeige auf blau-weiß. Bei Erreichen der Betriebstemperatur wird die Anzeige weiß. Der Zirkus erinnert uns irgendwie an die Formel 1, oder?

Außerdem gibt es im Porsche Carrera auch die so genannte Smartlift-Funktion als Extra. Die dient allerdings nicht dazu, den Porsche 911 schneller, spaßiger oder sicherer zu machen, sondern komfortabler. Offenbar war es in der Vergangenheit immer mal vorgekommen, dass der tief auf die Straße reichende Frontspoiler bei Schwellern oder Garagenauffahrten Schaden nahm.

Smartlift verhindert das nun, indem das System temporär die Bodenfreiheit des Fahrzeugs anhebt. Das funktioniert, weil sich das System die Problemstellen per GPS-Koordinaten merkt. So passiert das peinliche Malheur, dass der Spoiler aufsetzt, zumindest kein zweites Mal an der gleichen Stelle.

Noch eine 911-Version: Der ikonische Targa

Wie der Turbo oder das Cabriolet hat auch die Version Targa eine ganz besondere Fangemeinde. Die Leute lieben den Targa nicht erst seit heute vor allem aus optischen Gründen. Dabei war er eigentlich eine Notgeburt: Das Derivat wurde entwickelt, weil die US-Behörden in den 60er Jahren ein Verbot für Cabrios in Erwägung zogen. Grund: Offene Autos seien gefährlich, wenn sich jemand bei einem Unfall damit überschlagen sollte. Kurzerhand konstruierte Porsche also einen teiloffenen 911 mit stabilem Sicherheitsbügel.

Auch wenn der Carrera über 300 km/h schnell sein kann – am wohlsten fühlen sich der Sportwagen und seine Besatzung bei sonnigem Wetter auf kurvigen Landstraßen. Zügig und umsichtig auf langen Geraden dahingleiten, sanft in die Kurve hineinbremsen, mit höchster Lenkpräzision und kraftvoll wieder raus – purer Genuss.

Porsche 911 Targa mit Schwächen

Bei aller Fahrfreude nicht ganz so toll ist, dass der Wind bei Landstraßentempo ein störendes Bollern im Innenraum erzeugen kann, wenn man mit geöffnetem Dach fährt. Um das Bollern zu beseitigen, muss der Fahrer entweder die Seitenfenster herunterlassen – oder den für diesen Zweck konstruierten Windabweiser per Hand hochschieben. Hat man das einmal getan, streckt sich das kleine Leitblech bei der nächsten Open-Air-Fahrt automatisch in den Wind, die haltende Feder arretiert von selbst.

Ebenfalls nicht optimal gelöst ist, dass sich das Verdeck des Targa nur bei stehendem Fahrzeug öffnen oder schließen lässt und nicht auch während langsamer Fahrt im ersten oder zweiten Gang. Die Kritikpunkte zeigen, dass Porsche auch in Zukunft noch Gelegenheit hat, das eine oder andere Detail seines nahezu perfekten Sportwagens zu verbessern.

Hier können Sie den ausführlichen Testbericht zum Porsche 911 Carrera S Coupé als PDF herunterladen
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Porsche 911: Technische Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Porsche 911 Carrera Coupé S PDK (ab 04/20)

Motorart

Otto

Hubraum (Verbrennungsmotor)

2.981 ccm

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

331

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

450

Drehmoment (Systemleistung)

530 Nm

Leistung maximal bei U/min. (Verbrennungsmotor)

6.500 U/min

Antriebsart

Hinterrad

Beschleunigung 0-100km/h

3,7 s

Höchstgeschwindigkeit

308 km/h

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

238 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

10,5 l/100 km

Kofferraumvolumen normal

264 l

Leergewicht (EU)

1.590 kg

Zuladung

395 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.519 mm x 1.852 mm x 1.300 mm

Grundpreis

137.963 Euro

ADAC Messwerte

(Auszug)

Porsche 911 Carrera Coupé S PDK

Überholvorgang 60-100 km/h

2,0 s

Bremsweg aus 100 km/h

30,9 m

Wendekreis

10,9 m

Verbrauch / CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

10,0 l Super/100 km, 275 g CO₂/km (well-to-wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

**

Reichweite

640 km

Innengeräusch bei 130 km/h

72,8 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

1575 / 410 kg

Kofferraumvolumen

135 l

ADAC Testergebnis

ADAC Testergebnis

Porsche 911 Carrera Coupé S PDK (05/19 - 04/20)

Karosserie/Kofferraum

3,3

Innenraum

2,9

Komfort

2,9

Motor/Antrieb

0,9

Fahreigenschaften

1,1

Sicherheit

2,8

Umwelt/EcoTest

3,3

Gesamtnote

2,6
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Text: Ralf Schütze, Wolfgang Rudschies

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