Erste Hilfe bei Verkehrsunfällen

Nach einem Unfall kann es für Verletzte lebenswichtig sein, dass andere Verkehrsteilnehmer Erste Hilfe leisten. Hier erfahren Sie, wie es geht.
Die ersten Minuten nach einem Unfall sind entscheidend
Das einzig Falsche ist es, nichts zu tun
Erste Hilfe Kenntnisse regelmäßig auffrischen
Bis professionelle Helfer eintreffen, befinden sich an einer Unfallstelle häufig nur Menschen ohne besondere medizinische Kenntnisse. Doch nicht jeder von ihnen traut es sich auch zu, Erste Hilfe zu leisten. Die ersten Minuten nach einem Unfall sind jedoch entscheidend für den Erfolg der Erstversorgung von Verletzten und deren weiterer Behandlung im Krankenhaus.
Leisten Sie daher unbedingt Erste Hilfe, wenn Sie an einen Unfallort kommen. Niemand wird Ihnen einen Vorwurf machen, wenn Sie nicht die gleichen Kenntnisse haben wie ein professioneller Helfer. Nur nicht zu helfen ist die falsche Entscheidung. Damit Sie im Ernstfall wissen, was zu tun ist: Frischen Sie regelmäßig Ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse auf – wer weiß, wann Sie sie das nächste Mal brauchen.
ADAC Umfrage: Große Wissenslücken bei Erster Hilfe
Eine ADAC Umfrage zeigt, dass viele Menschen dazu bereit wären, Erste Hilfe zu leisten, aber Wissenslücken haben. Hier geht es zu den Ergebnissen der ADAC Umfrage Erste Hilfe mit mehr als 3.600 befragten Personen in Deutschland, außerdem können Sie ihr eigenes Wissen testen.
ACHTUNG: Erste Hilfe und COVID-19
Die im Folgenden dargestellten Handlungsschritte sind Standardmaßnahmen der Ersten Hilfe. In Zeiten von COVID-19 wird allerdings empfohlen, bei erhöhtem Infektionsrisiko diese Maßnahmen anzupassen bzw. besondere zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen, z.B. wenn man Erste Hilfe bei fremden Personen leistet. Daher ist es wichtig, auch diese Handlungsschritte zu kennen.
Tipps, was man in Corona-Zeiten beachten sollte, gibt Dr. Hardy Richard von ADAC gelbhilft, einem Unternehmen für Aus- und Weiterbildung im Bereich Erste Hilfe: Die Sicherheit der helfenden Person stehe immer an erster Stelle. Das Absichern der Unfallstelle und das Absetzen des Notrufes sind ohne direkten Kontakt mit dem Unfallopfer möglich und in der Regel auch in Corona-Zeiten für jedermann zumutbar. Wenn möglich sollte der Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden. In vielen Fällen ist jedoch ein näherer Kontakt zur betroffenen Person notwendig.
So können Sie das Infektionsrisiko minimieren:
Schützen Sie sich selbst, wie immer in der Ersten Hilfe, mit Handschuhen
Schützen Sie sich und die betroffene Person in Corona-Zeiten zusätzlich mit einem Mund-Nasen-Schutz
Bei einer bewusstlosen Person müssen Sie prüfen, ob diese normal atmet:
Beschränken Sie sich dabei auf das Überstrecken des Nackens (Kopf nach hinten neigen und gleichzeitig Kinn anheben) und die Beobachtung etwaiger Brustkorbbewegungen. Sie müssen sich nicht mit dem eigenen Gesicht dem Gesicht der betroffenen Person nähern, um Atemgeräusche zu hören oder einen Luftstrom zu spüren.Wenn eine Person bewusstlos ist und keine oder keine normale Atmung vorhanden ist, müssen Sie die Wiederbelebung einleiten. Auch schon vor Corona galt: Eine Atemspende (Mund-zu-Mund- bzw. Mund-zu-Nase-Beatmung) durchzuführen ist für Laien nicht zwingend erforderlich. Wichtig ist aber, dass Sie bei bewusstlosen Personen mit keiner oder keiner normalen Atmung durchgehend eine Herzdruckmassage ausführen. Bedecken Sie dazu Mund und Nase der betroffenen Person mit einem Mund-Nasen-Schutz ggf. auch mit einem Tuch.
Erste Hilfe in Kurzform
Hier finden Sie wichtige Maßnahmen in einer Kurzanleitung zum Download, Ausdrucken und Mitnehmen. Bitte beachten Sie, dass auch hier die Standardschritte der Ersten Hilfe gezeigt werden und bei erhöhtem Infektionsrisiko in Corona-Zeiten zusätzliche Schutzmaßnahmen empfohlen werden (siehe Achtung: Erste Hilfe und COVID-19).
Erste-Hilfe-Maßnahmen
Bevor Sie handeln: Schließen Sie aus, dass Sie sich und/oder andere gefährden! Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber, was passiert ist. Beurteilen Sie, welche Gefahren drohen.
Unfallstelle absichern
Schalten Sie die Warnblinkanlage ein
Bremsen Sie nicht plötzlich und fahren Sie auf der Autobahn auf keinen Fall rückwärts
Stellen Sie Ihr Fahrzeug auf dem Pannenstreifen oder am äußersten rechten Fahrbahnrand ab – in sicherem Abstand zur Unfallstelle
Ziehen Sie Ihre Warnweste an
Mitfahrer sollten zu ihrer eigenen Sicherheit nur auf der verkehrsabgewandten Seite aussteigen
Nehmen Sie Mobiltelefon, Verbandkasten und Warndreieck aus dem Auto mit
Stellen Sie das Warndreieck in angemessenem Abstand vor dem Unfallort auf. Laufen Sie dazu hinter der Schutzplanke oder zumindest am äußersten Straßenrand mit aufgeklapptem Warndreieck dem Verkehr entgegen
Fordern Sie andere Autofahrer per Handzeichen auf, langsam zu fahren
Unfallopfer aus der Gefahrenzone bringen

Ist ein Verunglückter am Unfallort in Lebensgefahr, sollten Sie ihn mit dem Rettungsgriff (auch Rautek-Rettungsgriff genannt) aus dem Auto ziehen, sofern Sie sich damit nicht selbst in Gefahr bringen.
Öffnen Sie die Fahrzeugtür, beobachten Sie den Betroffenen und sprechen Sie ihn an
Schalten Sie die Zündung des Wagens aus, öffnen Sie den Sicherheitsgurt
Bringen Sie bei nicht ausgelöstem Airbag Ihren Kopf niemals zwischen Armaturenbrett und Körper des Unfallopfers
Achten Sie darauf, dass die Füße des Opfers nicht eingeklemmt sind
Umgreifen Sie den Betroffenen in Sitzflächenhöhe von außen, drehen Sie seinen Rücken zu sich hin
Legen Sie einen Unterarm des Unfallopfers vor dessen Bauch
Greifen Sie mit Ihren Händen durch die Achselhöhlen des Opfers und fassen Sie dessen Unterarm im Affengriff (siehe Abbildung)
Ziehen Sie den Betroffenen vom Sitz an einen sicheren Ort
Notruf absetzen
Setzen Sie so früh wie möglich den Notruf ab, um weitere Hilfe zu verständigen bzw. veranlassen sie dies. Dazu 112 wählen (europaweit).
Inhalt des Notrufs:
Wo hat sich der Unfall ereignet?
Was ist passiert?
Wie viele Menschen sind betroffen?
Welche Verletzung/Erkrankung liegt vor?
Warten Sie unbedingt auf Rückfragen der Leitstelle!
Bei einem Unfall mit Gefahrgut: Weisen Sie beim Anruf darauf hin!
Zustand des Unfallopfers feststellen

Bewusstsein:
Reagiert das Unfallopfer auf lautes Ansprechen?
Reagiert es auf Rütteln an der Schulter?
Das Unfallopfer ist bewusstlos und hat einen Helm auf? Dann vorsichtig runter damit! So können Sie einem bewusstlosen Motorradfahrer richtig den Helm abnehmen.
Atmung:
Machen Sie die Atemwege des Verunglückten frei, indem Sie seinen Kopf nach hinten neigen und gleichzeitig sein Kinn anheben
Kontrollieren Sie, ob der Brustkorb sich hebt und senkt. Legen Sie Ihr Ohr über Mund und Nase des Betroffenen und hören Sie, ob Atemgeräusche vorhanden sind. Überprüfen Sie mit der Wange, ob Sie einen Luftstrom spüren
Seitenlage bei bewusstlosem Unfallopfer

Ist das Unfallopfer bewusstlos, atmet aber normal (2 -3 Mal in 10 Sekunden), bringen Sie es in die Seitenlage:
Legen Sie den zu Ihnen gewandten Arm des Opfers angewinkelt nach oben
Legen Sie die Hand des anderen Arms mit dem Handrücken an die zu Ihnen zeigende Wange des Betroffenen und halten Sie sie fest
Greifen Sie den von Ihnen weiter entfernt liegenden Oberschenkel des Verletzten, winkeln Sie das Bein an und drehen Sie das Unfallopfer zu sich
Richten Sie das oben liegende Bein so aus, dass der Oberschenkel im rechten Winkel zur Hüfte liegt
Neigen Sie den Kopf des Unfallopfers nach hinten, damit die Atemwege frei bleiben. Außerdem soll der Mund leicht geöffnet sein
Wenn nötig, korrigieren Sie die unter der Wange liegende Hand so, dass der Kopf nach hinten geneigt bleibt und das Gesicht des Unfallopfers nach unten zeigt
Prüfen Sie regelmäßig die Atmung des Unfallopfers. Im Falle eines Atemstillstands oder einer nicht normalen Atmung müssen Sie es sofort in Rückenlage bringen und wiederbeleben
Wiederbelebungsmaßnahmen

Ist das Unfallopfer bewusstlos und atmet nicht oder nicht normal, muss mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung (Reanimation) begonnen werden. Durch den Wechsel von Herzdruckmassage und Beatmung soll ein Minimalkreislauf beim Unfallopfer aufrechterhalten werden. Wenn Sie noch keinen Notruf abgesetzt haben, tun Sie das vor Beginn der Wiederbelebung bzw. veranlassen Sie dies.
Steht ein automatisierter externer Defibrillator (AED) zur Verfügung, lassen Sie diesen von einem weiteren Helfer zum Unfallort holen. Der Beginn der Wiederbelebungsmaßnahmen darf durch die Suche nach einem AED nicht verzögert werden!
Im Folgenden wird die Vorgehensweise zur Wiederbelebung bei Erwachsenen beschrieben:
Zur Wiederbelebung knien Sie sich neben den Betroffenen, in Höhe seines Brustkorbs
Platzieren Sie Ihre übereinanderliegenden Handballen in der Mitte des Brustkorbs der betroffenen Person zwischen den Brustwarzen
Führen Sie 30 Herzdruckmassagen durch. Drücken Sie dazu das Brustbein mit gestreckten Armen schnell und kräftig fünf bis sechs Zentimeter nach unten und entlasten Sie es nach jedem Druckstoß wieder vollständig (Geschwindigkeit: 100 bis 120 Mal pro Minute)
Machen Sie danach die Atemwege des Unfallopfers frei, indem Sie seinen Kopf nach hinten neigen und gleichzeitig sein Kinn anheben
Halten Sie die Nase des Betroffenen zu und öffnen Sie seinen Mund (bei angehobenem Kinn)
Atmen Sie ein und legen Sie Ihre Lippen dicht um den Mund des Unfallopfers
Geben Sie anschließend für eine Sekunde gleichmäßig eine Atemspende, sodass sich der Brustkorb des Unfallopfers hebt.
Wiederholen Sie den Vorgang, wenn sich der Brustkorb wieder gesenkt hat
Führen Sie diese Wiederbelebungsmaßnahmen (30-mal Herzdruckmassage, zwei Beatmungsversuche) so lange fort, bis professionelle Helfer übernehmen oder der Betroffene wieder normal atmet
Wenn Sie keine Übung bei der Durchführung der Beatmung haben oder sich dazu nicht in der Lage fühlen, führen Sie durchgehend die Herzdruckmassage durch, bis professionelle Helfer übernehmen oder der Betroffene normal zu atmen beginnt
Wenn zusätzlich die Möglichkeit besteht, einen AED zu benutzen, setzen Sie diesen, sobald verfügbar, ein. Die Herzdruckmassage bleibt auch bei Verwendung eines AED weiterhin die wichtigste Hilfsmaßnahme. Unterbrechen Sie daher die Herzdruckmassage auch möglichst nicht für das Anbringen der AED-Elektroden. Befolgen Sie stets die Sprach-/Bildschirmanweisungen des Geräts zur Bedienung
Recht und Versicherung bei Erster Hilfe
Muss man befürchten, für Fehler und Schäden bei der Ersten Hilfe haften zu müssen? ADAC Clubjuristen geben Auskunft:
Niemand muss für fehlerhafte Erste Hilfe haften, sofern er in guter Absicht versucht zu helfen. Kommt es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder gar zum Tod des verletzten Menschen, macht sich eine Ersthelferin oder ein Ersthelfer grundsätzlich nicht strafbar, wenn die Hilfeleistung mit der gebotenen Sorgfalt, d.h. persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten und den Umständen entsprechend, durchgeführt wurde.
Das Fehlen von Wissen und Erste-Hilfe-Praktiken kann ihm oder ihr grundsätzlich nicht angelastet werden. Zum Schadensersatz herangezogen werden kann nur, wer grob fahrlässig oder vorsätzlich schädigend gehandelt hat.
Unterlassene Hilfe ist strafbar. Nach Paragraf 323c des Strafgesetzbuchs (StGB) droht eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Niemand muss sich selbst in Gefahr bringen. Aber das Absichern der Unfallstelle sowie das Absetzen des Notrufs ist in der Regel für jedermann zumutbar.
Ersthelfer sind unfallversichert, wenn sie sich bei der Hilfeleistung verletzen. Sie bekommen Sachschäden ersetzt, wenn dabei ihr Eigentum beschädigt wird – etwa die Uhr, das Handy oder die Kleidung. Voraussetzung ist, dass die Durchführung der Erste-Hilfe-Maßnahmen dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen (z.B. bei bewusstlosen Personen) Willen der oder des Verletzten entspricht.
Je nach Gegebenheiten kann die Erste Hilfe leistende Person ihre Schadensersatzansprüche (Körperschaden, Sachschaden) aber nicht nur bei der oder dem Verletzten, sondern auch direkt bei dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger geltend machen. Denn jeder Ersthelfer steht während der Hilfeleistung automatisch kraft Gesetzes unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
ADAC Position und Empfehlungen zur Ersten Hilfe
Dem ADAC ist es ein wichtiges Anliegen, die Erste-Hilfe-Kenntnisse in der Bevölkerung und hier insbesondere der Kraftfahrer zu verbessern. Dadurch sollen Unsicherheiten und Hemmungen im Ernstfall genommen und die Bereitschaft zur Hilfeleistung gestärkt werden.
Der ADAC unterstützt mit seinen zahlreichen Maßnahmen eine regelmäßige Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse auf freiwilliger Basis.
In diesem Zusammenhang sollten gezielt Projekte gefördert werden, die schon im Kindes- und Jugendalter ein Bewusstsein für die Bedeutung der Ersten Hilfe schaffen und die grundlegenden, einfach durchzuführenden Maßnahmen vermitteln.
Unabhängig von der Hilfeleistung durch medizinische Laien ist auch eine schnelle Verfügbarkeit von professionellen Helfern am Unfallort für eine erfolgreiche medizinische Versorgung entscheidend.
Fahrer bewusstlos: Was können Beifahrer tun?
Für viele Beifahrer ein Horrorszenario: Der Fahrer sackt plötzlich in sich zusammen und reagiert nicht mehr. Womöglich steht sein Fuß noch auf dem Gaspedal. Hinweise, was Sie in solch einem Fall tun können, finden Sie hier:
Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert. Alle Angaben erfolgen dennoch ohne Gewähr.