ADAC Umfrage: Große Wissenslücken bei Erster Hilfe
Den Notruf wählen und schnell Erste Hilfe leisten – das kann im Ernstfall Leben retten. Eine ADAC Umfrage zeigt, dass viele Menschen dazu bereit wären, aber Wissenslücken haben. Die Ergebnisse im Detail.
Erste-Hilfe-Kurs liegt bei der Hälfte der Befragten zehn Jahre oder länger zurück
Die Testfragen beantworteten im Schnitt nur 55 Prozent der Befragten richtig
Auffrischung der Kenntnisse ist wichtig
Im Notfall gilt ausnahmslos: Hauptsache, etwas tun und nicht tatenlos daneben stehen. Denn es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von Erster Hilfe. Die Umfrage des ADAC im Frühjahr 2021 ergab, dass eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung zwar tatsächlich dazu bereit wäre, diese Hilfe zu leisten. Es zeigte sich aber auch, dass viele Menschen Wissenslücken haben, wenn es darum geht, was sie im Ernstfall genau tun müssen. Dabei sind die meisten Befragten sehr an besseren Kenntnissen interessiert. Die Mehrheit findet eine informierende Erste-Hilfe-App interessant und würde sogar verpflichtende Auffrischungskurse befürworten.
Die Inhalte der ADAC Umfrage mit mehr als 3600 befragten Personen in Deutschland wurden in Kooperation mit ADAC gelbhilft (Unternehmen für Aus- und Weiterbildung im Bereich Erste Hilfe) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) erarbeitet. In der BAGEH sind die wichtigsten Hilfsorganisationen Deutschlands vertreten. Gegründet wurde sie 1988 vom Deutschen Roten Kreuz, dem Arbeiter Samariter Bund, der Johanniter Unfallhilfe und dem Malteser Hilfsdienst. Seit 1994 ist auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft Mitglied.
52 Prozent trauen sich Erste Hilfe zu
In zehn Punkten wurde bei den Befragten der Wissensstand zur Ersten Hilfe geprüft. Vorab gab die Hälfte der Teilnehmer (52 Prozent) an, dass sie sich zutrauen, Erste Hilfe leisten zu können. Allerdings: Ein Viertel war sich da nicht sicher, und ein weiteres Viertel glaubte, zu Erster Hilfe nicht in der Lage zu sein. Fast alle Befragten (86 Prozent) würden im Notfall die 112 oder 110 wählen, um Hilfe zu holen. Die richtige und europaweit einheitliche Notrufnummer 112 kennen 66 Prozent.
Kurse liegen oft lange zurück
Jeder Führerschein-Neuling in Deutschland muss einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren. Oft bleibt es jedoch bei diesem einzigen Lehrgang. Die Hälfte der Befragten gab an, dass ihr letzter Kurs zehn oder mehr Jahre zurück liegt. Im Schnitt beantworteten dann auch nur 55 Prozent der Teilnehmer die Testfragen in der ADAC Umfrage richtig.
Seitenlage: Wann soll man sie anwenden?
Die Umfrage förderte etliche Wissenslücken zutage. So glaubt etwa ein Fünftel der Befragten, dass Ersthelfer den Unfallort und die Situation der verletzten Person mit ihrem Handy dokumentieren müssen. Auch bei der Seitenlage zeigten sich Unsicherheiten. Zwar trauten sich fast alle Befragten zu, die Seitenlage anzuwenden. Nur etwa jeder Zehnte wusste allerdings, dass ausschließlich Unfallopfer, die nicht bei Bewusstsein sind, aber normal atmen, auf diese Weise gelagert werden sollten.
Zehn Fragen zur Ersten Hilfe: Hätten Sie es gewusst?
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Wiederbelebung: Wenige antworten richtig
Was zu tun ist, wenn eine bewusstlose Person nicht normal oder gar nicht mehr atmet, konnte nur knapp die Hälfte der Befragten auf Anhieb beantworten: Das Unfallopfer nicht mit erhöhtem Oberkörper lagern, sondern auf den Rücken legen und Wiederbelebungsmaßnahmen starten. Schwer fielen den meisten dabei die Fragen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung. Fast ein Drittel hatte vergessen, dass man die bewusstlose Person auf einem harten Untergrund lagert.
Das genaue Verhältnis von Herzdruckmassage (30-mal) und Atemspende (zweimal) kannten nur etwa zehn Prozent. Sieben von zehn Befragten wussten aber zumindest, dass eine Herzdruckmassage auch ohne Atemspende möglich ist – beispielsweise auf Grund erhöhter Infektionsgefahr (etwa in Corona-Zeiten) oder bei fehlender Übung.
Hier finden Sie mehr Infos über die richtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Verkehrsunfall – mit Tipps, was man in Corona-Zeiten dabei beachten sollte.
Auffrischung: App und Kurse erwünscht
Die Befragten wollen im Ernstfall gern selbst in der Lage sein, Erste Hilfe zu leisten. So verwundert es auch nicht, dass rund zwei Drittel (68 Prozent) eine Pflicht für Auffrischungskurse in Erster Hilfe grundsätzlich befürworten würden. Ähnlich viele (65 Prozent) würden eine Erste-Hilfe-App auf dem Smartphone interessant finden, um ihre Kenntnisse auf den aktuellen Stand zu bringen. Das unterstützt auch der ADAC, der freiwillige Auffrischungskurse in Erster Hilfe für alle Bevölkerungsteile befürwortet – und sich unter anderem dafür einsetzt, schon in der Schule ein Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schaffen.
ADAC Position und Empfehlungen zur Ersten Hilfe
Dem ADAC ist es ein wichtiges Anliegen, die Erste-Hilfe-Kenntnisse in der Bevölkerung und hier insbesondere der Kraftfahrer zu verbessern. Dadurch sollen Unsicherheiten und Hemmungen im Ernstfall genommen und die Bereitschaft zur Hilfeleistung gestärkt werden.
Der ADAC unterstützt mit seinen zahlreichen Maßnahmen eine regelmäßige Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse auf freiwilliger Basis.
In diesem Zusammenhang sollten gezielt Projekte gefördert werden, die schon im Kindes- und Jugendalter ein Bewusstsein für die Bedeutung der Ersten Hilfe schaffen und die grundlegenden, einfach durchzuführenden Maßnahmen vermitteln.
Unabhängig von der Hilfeleistung durch medizinische Laien ist auch eine schnelle Verfügbarkeit von professionellen Helfern am Unfallort für eine erfolgreiche medizinische Versorgung entscheidend.
Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von Erster Hilfe. Doch Ersthelfer brauchen nicht zu befürchten, dass sie im Ernstfall für Fehler haften müssen. Generell gilt: Nur, nicht zu helfen, ist die falsche Entscheidung.
Recht und Versicherung bei Erster Hilfe
Muss man befürchten, für Fehler und Schäden bei der Ersten Hilfe haften zu müssen? ADAC Clubjuristen geben Auskunft:
Niemand muss für fehlerhafte Erste Hilfe haften, sofern er in guter Absicht versucht zu helfen. Kommt es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder gar zum Tod des verletzten Menschen, macht sich eine Ersthelferin oder ein Ersthelfer grundsätzlich nicht strafbar, wenn die Hilfeleistung mit der gebotenen Sorgfalt, d.h. persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten und den Umständen entsprechend, durchgeführt wurde.
Das Fehlen von Wissen und Erste-Hilfe-Praktiken kann ihm oder ihr grundsätzlich nicht angelastet werden. Zum Schadensersatz herangezogen werden kann nur, wer grob fahrlässig oder vorsätzlich schädigend gehandelt hat.
Unterlassene Hilfe ist strafbar. Nach § 323c des Strafgesetzbuchs (StGB) droht eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Niemand muss sich selbst in Gefahr bringen. Aber das Absichern der Unfallstelle sowie das Absetzen des Notrufs ist in der Regel für jedermann zumutbar.
Ersthelfer sind unfallversichert, wenn sie sich bei der Hilfeleistung verletzen. Sie bekommen Sachschäden ersetzt, wenn dabei ihr Eigentum beschädigt wird – etwa die Uhr, das Handy oder die Kleidung. Voraussetzung ist, dass die Durchführung der Erste-Hilfe-Maßnahmen dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen (z.B. bei bewusstlosen Personen) Willen der oder des Verletzten entspricht.
Je nach Gegebenheiten kann die Erste Hilfe leistende Person ihre Schadensersatzansprüche (Körperschaden, Sachschaden) aber nicht nur bei der oder dem Verletzten, sondern auch direkt bei dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger geltend machen. Denn jeder Ersthelfer steht während der Hilfeleistung automatisch kraft Gesetzes unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
So wurde gefragt
Für die ADAC Umfrage Erste Hilfe wurden zwischen 9. Februar und 3. März 2021 3631 Personen in Deutschland ab 18 Jahren online befragt – verteilt auf alle Bundesländer. Mit der Befragung beauftragt war die Skopos GmbH mit Sitz in Hürth und Aachen, ein Institut für Markt- und Kommunikationsforschung.