ADAC Umfrage: Nur jeder zweite Fußgänger fühlt sich sicher

Störfaktor Nummer eins sind für die meisten Fußgängerinnen und Fußgänger aktuell E-Scooter ∙ Bild: © dpa/Rupert Oberhäuser, Video: © ADAC e.V.

Zu wenig Rücksicht und zu viele Fahrzeuge: Eine exklusive ADAC Umfrage zeigt, was Fußgängerinnen und Fußgänger im städtischen Straßenverkehr am meisten nervt. Das sind die wichtigsten Ergebnisse.

  • Neue ADAC Umfrage zu Fußgängersicherheit in deutschen Städten

  • Befragte ärgern sich zunehmend über E-Scooter und deren Fahrer

  • Abgestellte Fahrzeuge sind die Hauptstörfaktoren auf Gehwegen

Zu Fuß gehen ist die beliebteste Art der Fortbewegung. Ob ein ausgedehnter Spaziergang im Grünen, der Einkaufsbummel am Wochenende oder der tägliche Gang zur Arbeit: Fast jeder dritte Weg wird in Deutschland zu Fuß zurückgelegt. Das ist gesund und umweltfreundlich. Doch ist es auch sicher?

Das hat der ADAC im Jahr 2023 untersucht. In den jeweils bevölkerungsreichsten Städten aller 16 Bundesländer ließ er mehr als 3250 Fußgängerinnen und Fußgänger befragen, wie sicher sie sich im Straßenverkehr fühlen und was sie in ihrer Stadt stört.

ADAC Umfrage: Störgefühle nehmen zu

Straßenszene an einer Kreuzung in Bonn
Der Verkehr in Großstädten nimmt zu, die Verunsicherung bei Fußgängern auch© dpa/Rupert Oberhäuser

Das Ergebnis der ADAC Umfrage im Jahr 2023: Nur knapp über die Hälfte der Menschen in deutschen Großstädten (51 Prozent) fühlte sich sicher, wenn sie zu Fuß im Straßenverkehr unterwegs ist. Bundesweit hatte sich seit der Corona-Pandemie anscheinend wenig verbessert: Bei der gleichen Umfrage im Jahr 2021 hatte der Anteil derjenigen, die als Fußgängerinnen bzw. Fußgänger mit der Sicherheit im Straßenverkehr zufrieden sind, ebenfalls rund 50 Prozent betragen.

Nach wie vor gab es große Unterschiede zwischen den Großstädten: Als überdurchschnittlich sicher bewerteten die Befragten etwa Potsdam (66 Prozent) und München (64 Prozent). Deutlich schlechter als der bundesweite Durchschnitt war das Sicherheitsempfinden in Saarbrücken (38 Prozent) und Köln (34 Prozent). Für Verdruss sorgten in allen untersuchten Städten sowohl Mängel an der Verkehrsinfrastruktur als auch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer.

Fußgängerinnen und Fußgänger nahmen das Fahrverhalten der E-Scooter-Fahrer und -Fahrerinnen dabei als besonders rücksichtslos wahr. Waren es 2021 rund 48 Prozent, die deren Verhalten im Straßenverkehr nervte, waren es im Jahr 2023 schon rund 55 Prozent. Aus Fußgängersicht benahmen sich auch Leute, die mit dem Fahrrad oder selbst zu Fuß unterwegs sind, rücksichtsloser, als das vor zwei Jahren der Fall gewesen war. Ein möglicher Grund: Die Mobilität in Städten hat im Vergleich zu den Corona-Jahren wieder deutlich zugenommen.

Dieses Verkehrsverhalten nervt viele

Es gibt verschiedenste Faktoren, warum sich Fußgängerinnen und Fußgänger im Straßenverkehr vom Verhalten anderer gestört und unsicher fühlen. Laut der ADAC Umfrage 2023 lag es am häufigsten an E-Scootern: Mehr als zwei Drittel der Stadtbewohnerinnen und -bewohner ärgerten sich, wenn sie die Elektroroller auf Gehwegen behindern, dort unerlaubt fahren, zu schnell unterwegs sind sowie ohne Vorwarnung abbiegen und überholen. Das Gros der Befragten nervte zudem, wenn sich Radfahrende in ähnlicher Rowdy-Manier verhalten.

Zu den zehn meistgenannten Störfaktoren zählten auch Autofahrende, die beim Abbiegen nicht auf Fußgängerinnen und Fußgänger achten. Allerdings waren diese Verkehrsteilnehmer weniger im Brennpunkt als noch bei der Umfrage zwei Jahre zuvor. Für gereizte Stimmung sorgten indes häufig andere Fußgängerinnen und Fußgänger, wenn sie beim Gehen ständig auf ihr Smartphone schauen anstatt auf ihr Umfeld und den Verkehr.

Was die Verkehrssicherheit beeinträchtigt

Viele E-Scooter parken mitten auf dem Gehweg in Berlin
Die wachsende Zahl an E-Scootern wird vielerorts zum Hindernis auf Gehwegen© imago images/Sabine Gudath

Nicht überall waren die Fußgängerinnen und Fußgänger zufrieden mit den Gehwegen und den Möglichkeiten, um sicher die Straßen zu überqueren. Über die Hälfte der vom ADAC Befragten (59 Prozent) bemängelte, dass regelmäßig zu viele E-Scooter, Fahrräder und Motorräder auf dem Bürgersteig abgestellt sind. Die Mehrheit (51 Prozent) regte sich außerdem häufig darüber auf, dass immer mehr parkende Autos in den Großstädten die Sicht an Straßeneinmündungen und -kreuzungen einschränken. Ebenfalls vielmals als störend empfunden: kurze Grün- und lange Wartephasen an Ampeln sowie schlechte Gehwege.

Bei der Frage, was am meisten zu ihrem Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr beiträgt, hatten die befragten Fußgängerinnen und Fußgänger eine klare Antwort: Ampeln. 88 Prozent fühlten sich damit beim Überqueren von Straßen sicherer. 73 Prozent empfanden Zebrastreifen als wirksam. Tempo 30 für Pkw in Wohngebieten wurde von 62 Prozent genannt. Ein Verkehrsschild oder entsprechende Warnzeichen fand nur die Hälfte wirklich hilfreich.

Mobilitätseinschränkung verändert Fokus

Eine blinde Frau steht mit Stock und Hund an einer Ampel
Menschen mit Mobilitätseinschränkung wünschen sich meist längere Grünphasen© iStock.com/fotografixx

Wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist, hat etwas andere Bedürfnisse als Fußgängerinnen und Fußgänger ohne Behinderungen. Es verändert die Wahrnehmung von Defiziten im Straßenraum. Am meisten störten mobilitätseingeschränkte Fußgängerinnen und Fußgänger laut der ADAC Umfrage 2023 zu kurze Grünphasen an Ampeln. Für Verunsicherung sorgten auf Gehwegen abgestellte E-Scooter und Fahrräder sowie Straßenbereiche, die aufgrund parkender Autos schwierig einsehbar sind. Ein Problem waren für diese Verkehrsteilnehmer auch Bürgersteige, die wegen ihres Zustands schwierig begehbar sind, und unzureichend abgesenkte Bordsteine.

Weiterhin begegnen Menschen mit eingeschränkter Mobilität also vielen Hindernissen. Der ADAC wollte deshalb wissen, wie sowohl die Befragten mit als auch diejenigen ohne Behinderung die barrierefreie Gestaltung der Gehwege, Überquerungsmöglichkeiten und öffentlichen Plätze in ihrer Stadt einschätzen. Nur 29 Prozent aller Fußgängerinnen und Fußgänger bewerteten sie als "sehr gut".

So hat der ADAC die Fußgänger befragt

Mehr als 3250 Fußgängerinnen und Fußgänger ab 18 Jahren hat der ADAC zwischen dem 14. August und dem 5. September 2023 online zum Sicherheitsempfinden und häufigen Störfaktoren in ihrer Stadt befragen lassen. Ausgewählt wurde pro Bundesland jeweils die Stadt mit den meisten Einwohnerinnen und Einwohnern. Pro Stadt beteiligten sich mindestens 200 Personen, die dort regelmäßig zu Fuß unterwegs sind.

ADAC Empfehlungen: Das können Städte für Fußgänger tun

  • Getrennte Rad- und Gehwege planen

  • Parallel geführte Radwege auch optisch gut vom Gehweg abtrennen

  • Ausreichend sichere Überquerungshilfen anbieten

  • Kreuzungen und Einmündungen zügig und sicher passierbar machen

  • Für gute Sichtbeziehungen sorgen und Sichthindernisse beseitigen

  • Gehwege und Kreuzungen barrierefrei gestalten

  • Für gute Beleuchtung der Gehwege sorgen und Schäden im Gehwegbelag zügig ausbessern

  • Abschnitte, die häufig von falsch geparkten Autos blockiert sind, regelmäßig kontrollieren, Parkverstöße ahnden und die Situation entschärfen

  • Die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer, auch der Fußgängerinnen und Fußgänger, gleichberechtigt bei der Stadtplanung einkalkulieren

  • Bei Planung von Tempo-30 auf Hauptstraßen, Verlagerungseffekte in Nebenstraßen berücksichtigen

  • Gegenseitiges Verständnis aller Verkehrsteilnehmer fördern durch Kampagnen

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