Maeving RM1S: Café Racer unter Strom

Seitenansicht einer stehenden Maeving RM1S
Maeving setzt beim Elektro-Motorrad RM1S voll auf den Retro-Look© Fabian Hoberg

Cooles Design, einfach zu bedienen und ein lokal emissionsfreier Antrieb: Das Elektromotorrad Maeving RM1S ist ein interessanter Begleiter für die Stadt. Erste Testfahrt.

  • Elektrisches Motorrad im Retro-Look

  • Gute Ergonomie mit niedriger Sitzposition

  • Herausnehmbare Akkus

Der Markt an elektrischen Motorrädern ist noch überschaubar. Aus den wenigen Angeboten sticht eines heraus: die Maeving RM1S. Die noch junge Marke aus dem britischen Coventry geht einen anderen Weg als die Wettbewerber.

Statt auf technoide und futuristische Gestaltung setzen die Briten auf einen historischen Bobber-Look, interpretiert als moderner Café Racer. Und anstelle einer fest verbauten Batterie als Energiequelle lassen sich die beiden Akkus der Maeving leicht aus ihrem Fach ziehen mit in die Wohnung nehmen – ideal für Stadtmenschen, die sonst keine Möglichkeit haben, ihr elektrisches Zweirad zu laden.

Klassisches Café-Racer-Design

Seitenansicht einer fahrenden Maeving RM1S
Vorne Café Racer, hinten Bobber: Die Maeving ist etwas für Fans klassischer Motorräder© Fabian Hoberg

Ein langer Tank, darunter zwei große Blöcke für die Elektronik und die Akkus, dazu ein dickes Hochvolt-Kabel, das wie ein Auspuffrohr mit Hitzeschutz aussieht, begrenzt von einem schwarzen Rahmen. Jedes Bauteil an der Maeving hat seinen Zweck, und die Designer haben die moderne Technik sehr ansprechend in den Retro-Look der Maschine integriert. Am Heck schwingt ein schicker lederner Solo-Sattel. Die RM1S wirkt klassisch und modern zugleich.

Gebürstetes Aluminium, eine Radnaben-Abdeckung aus Carbon, optionale Carbon-Schutzbleche und verschiedene Mehrfarbenlackierungen werten die Optik des Elektrobikes weiter auf. Der Fokus liegt auf britischem Motorrad-Design der 1960er- und 70er-Jahre und einfacher Fahrbarkeit. "Wir wollen einen coolen und nachhaltigen Café Racer für die Stadt bauen", sagt Seb Inglis-Jones, Mit-Geschäftsführer von Maeving-Bikes.

Elektromotor mit bis zu 15 PS Leistung

Tacho einer Maeving RM1S
Gut versteckt: Der klassische Tacho bietet eine integrierte Digitalanzeige© Fabian Hoberg

Schnörkellos und zierlich steht sie da, die Maeving, und man schwingt sich behände in den Solo-Sitz mit einer Sitzhöhe von 78,5 Zentimetern. Der schmale Tank ist natürlich eine Attrappe, bietet dafür aber zehn Liter Stauraum inklusive USB-C-Ladeanschluss. Der breite Lenker ist bequem, die Bedienhebel sind leicht erreichbar.

Zündschlüssel umdrehen, linken Bremshebel ziehen und auf dem Bedienfeld am rechten Lenkerende den Fahrmodus wählen. Drei stehen zur Wahl: I, S und Eco. Das gewählte Fahrprogramm wird im analogen Tacho per integrierter Digitalanzeige dargestellt. Bei I wie Intermediate drosselt Maeving Leistung und Geschwindigkeit bei 70 km/h.

Eco sorgt mit maximal 50 km/h fürs Stromsparen und mehr Reichweite. Im Modus S leistet der E-Motor dagegen bis zu 15 PS wie bei einer konventionellen 125er-Maschine mit Verbrennungsmotor. Damit gilt die Maeving RM1S als Leichtkraftrad. Sie kann mit einem A1-Führerschein oder der Erweiterung B196 bewegt werden.

Bergauf wären ein paar PS mehr gut

Seitenansicht einer stehenden Maeving RM1S
Der Motor der Maeving RM1S sitzt im Hinterrad© Fabian Hoberg

Ungewohnt für ein Motorrad verzichtet Maeving auf eine Fußbremse. Die Vorderradbremse mit einem Durchmesser von 24 Zentimetern lässt sich wie immer auf der rechten Seite des Lenkers bedienen, die Bremse mit 18 Zentimeter Durchmesser für hinten aber am linken Lenkerende. Sie kombiniert automatisch in einer 40:60-Vorne-hinten-Verteilung die Bremskraft.

Also Füße auf die Rasten ohne Pedalerie stellen und den Gasgriff drehen. Lautlos fährt die Maeving los, kein Summen, kein Fiepen, rein gar nichts. Dabei bietet der Vortrieb keinen brutalen oder ruppigen Schub. Mit der progressiven Gasannahme werden sich auch Nicht-Motorradfahrer und -fahrerinnen direkt wohl und sicher fühlen.

Vor der ersten Kurve verzögert die RM1S mit gut dosierbarem Bremsen sanft, ganz gleich, ob mit der Kombi-Bremse CMS oder der Bremse für vorne. Allerdings: Auf ein ABS verzichtet Maeving ebenso wie auf eine Rekuperation des Motors. Dafür gleitet das Bike bei Gaswegnahme sanft und lautlos über die Straße. Den Elektromotor, der in der hinteren Radnabe sitzt, haben die Briten übrigens selbst entwickelt.

Mit 144 kg Leergewicht (inklusive externem Ladegerät) kommt der E-Motor in der Radnabe auf der Ebene und vor allem in der Stadt gut zurecht. Bei Ampelsprints liegt die Maeving meist vorne. Lediglich an Steigungen muss sich der Motor anstrengen und die Beschleunigung lässt nach. Ein bisschen mehr Leistung könnte das Modell in diesen Situationen durchaus vertragen.

Sportlich straffes Fahrwerk

Seitenansicht einer stehenden Maeving RM1S
Die Federung des Hinterrades offenbart sich erst auf den zweiten Blick© Maeving

Mit ihrem starren Rahmen und dem freischwebenden Einzelsitz wirkt die RM1S wie ein Bobber-Motorrad aus den 1920er-Jahren. Erst auf den zweiten Blick fällt die Stahl-Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen und 80 mm Federweg auf. Die Vorspannung lässt sich individuell einstellen, und auch der Sattel schluckt leichte Unebenheiten.

Mit wenig Druck legt sich das E-Bike in die Kurve, zirkelt präzise durch den Scheitelpunkt und beschleunigt mit mehr Gas wieder heraus. Kein Pendeln, kein Wackeln, sondern stoischer Vortrieb. Auch in Sachen Wendigkeit bei niedriger Geschwindigkeit kann die elektrische Britin voll punkten, so handlich und einfach zu bedienen ist sie.

Bei engen Kurvenkombinationen bleibt das Bike ruhig und schwingt nicht mit. Nur bei heftigen Bodenwellen oder Schlaglöchern dringen die Stöße ungefedert durchs Motorrad. Grundsätzlich hat Maeving die RM1S sportlich-straff abgestimmt, mit einer gehörigen Portion Grundhärte.

Mit der Maeving unterwegs zu sein, fühlt sich beinahe an wie Fahrradfahren, nur eben schneller. Wer es darauf ankommen lässt, kann in der Spitze 110 km/h schnell fahren, der Wind drückt dem Piloten oder der Pilotin dann aber ordentlich ins Gesicht.

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Pluspunkt: Herausnehmbare Akkus

Akku der Maeving RM1S
Die Akkus der Maeving lassen sich entnehmen und können auch zu Hause geladen werden© Fabian Hoberg

Bei Elektromotorrädern gibt es ein großes Thema – und das sind ihre Akkus. Entweder die Stromspeicher sind zu groß und zu schwer, oder sie bieten zu wenig Energie für zu wenig Reichweite. Auch Maeving kann den Zielkonflikt nicht lösen. Daher eignet sich die Maeving wie die meisten E-Motorräder nur für die Stadt und zum Pendeln.

Bei zurückhaltender Fahrweise sind mit einer Akkuladung bis zu 145 Kilometer möglich, bei flotter Fahrt schrumpft die Reichweite auf knapp über 100 Kilometer. Sind die beiden Akkus leer, bieten die Briten zwei Möglichkeiten, sie wieder aufzuladen. Entweder direkt über den Stecker im Gehäuse, oder man öffnet das Akku-Fach und zieht die beiden 16,5 kg schweren 2,73-kWh-Batterien heraus und lädt sie über ein Ladegerät in der Wohnung auf.

Für den Hub von 20 bis 80 Prozent vergehen dann 2,5, für die Ladung von 0 auf 100 Prozent etwa 6 Stunden. "E-Motorräder ergeben derzeit nur in der Stadt Sinn. Und dann auch nur mit herausnehmbaren Akkus, um sie überall einfach laden zu können", sagt Seb Inglis-Jones. Die meisten Kunden würden sowieso nur 10 bis 20 Kilometer am Tag fahren und entsprechend selten laden.

Bildergalerie: Die Maeving RM1S im Detail

Auf ein Händlernetz verzichtet Maeving. Die Briten liefern über ihren Importeur die Maschine direkt vor die Haustür. Und auch der Service kommt direkt zum Kunden. Die Idee scheint Anklang zu finden. Seit April 2020 hat Maeving rund 2000 Bikes verkauft, vornehmlich in Großbritannien, Teilen der USA, Deutschland und Frankreich.

Bis zu 1600 Einheiten können die Briten derzeit pro Jahr bauen, künftig sogar bis zu 11.000 pro Jahr. Ende 2025 soll ein weiteres Modell folgen. Wahrscheinlich mit mehr Leistung und einem Soziusplatz.

Fazit

Handlich, leicht, elektrisch und absolut leise – das hat schon was. Dazu kommen bei der Maeving RM1S eine auch für Nicht-Motorradfahrer einfache Handhabung, der coole Retro-Look und die Möglichkeit zum externen Laden der Akkus. Für die Stadt ist das britische Bike durchaus sinnvoll, auch wenn knapp 9000 Euro ein strammer Preis sind.

Wer weniger ausgeben möchte, kann zur Maeving RM1 greifen. Die ist ab 6295 Euro zu haben, muss sich allerdings mit 4,4 kW Spitzenleistung und maximal 70 km/h begnügen.

Maeving RM1S: Technische Daten, Preis

Herstellerangaben

Motor

E-Maschine mit 7,2 kW/10 PS Dauerleistung und 11,1kW/15 PS Spitzenleistung, 261 Nm, in der Hinterradnabe installiert



Akku

Dual-Batteriepack-Design mit LG M50LT-Zellen, 5,46 kWh (2 x 2,73 kWh Batterien), 16,5 kg pro Batterie, Ladezeit: 0 – 100% 6 Stunden, 20 – 80% 2,5 Stunden, Laden über Ladegerät oder Typ-2-Adapter



Fahrleistungen und Verbrauch

Höchstgeschwindigkeit 110 km/h, 0 – 100 km/h: k.A., WMTC-Kraftstoffverbrauch kombiniert: 145 km im Eco-Modus, 83 km Landstraße im Sportmodus



Fahrwerk

Chrom-Molybdänstahl-Rahmen; Teleskopgabel mit 110 mm Federweg, hinten Stahl-Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen, 80 mm Federweg, Vorspannung einstellbar. Vorne Einscheibenbremse 240 mm, hinten Einscheibenbremse 180 mm



Assistenzsysteme

Drei Fahrmodi, kombiniertes Bremssystem 40% vorne, 60% hinten



Maße und Gewichte

Länge 2145 mm, Sitzhöhe 785 mm, Leergewicht 144 kg (fahrfertig), zulässiges Gesamtgewicht: 270 kg, Zuladung: 129 kg



Preis

8995 Euro



Text: Fabian Hoberg