Feststoffbatterie: Ist das die Zukunft im Elektroauto?

Batteriezellen der Zukunft? Kissenförmig und mit festem, statt flüssigem Elektrolyt
Batteriezellen der Zukunft? Kissenförmig und mit festem, statt flüssigem Elektrolyt © BMW

Für höchste Reichweiten und kürzeste Ladezeiten hoffen die Autohersteller auf den Lithium-Ionen-Akku mit festen Elektrolyten. Doch bis die Feststoffbatterie im Elektroauto auf der Straße ist, wird es noch einige Jahre dauern.

  • Feststoffakku: Höhere Energiedichte, mehr Reichweite, kürzere Ladezeiten

  • Technologie-Wettlauf: Beeinflusst durch Produktionskosten und Materialknappheit

  • Zukunfts-Szenario: Vermutlich größere Diversifizierung der Akku-Technologien

Die Feststoffbatterie soll das E-Auto zu neuen Höhen führen. Doch noch ist das Rennen um die Superbatterie offen: Kommt sie überhaupt? Und wenn ja: Wann und bei welcher Marke? Und: Wird sie eventuell viel zu teuer?

Vor- und Nachteile der Feststoffbatterie

Ultrakurze Ladezeiten, enorme Reichweiten, höchste Brandsicherheit und niedrigere Kosten versprechen die Fahrzeughersteller sich und ihren Kunden von der neuen Akku-Technik. Mehr oder weniger alle großen Autobauer setzen große Hoffnungen auf die neue Feststoffbatterie. Nissan beispielsweise hat angekündigt, 2024 mit einer Pilotproduktion zu starten. 2028 soll das erste Serienauto damit auf den Markt kommen. Andere Hersteller haben noch ehrgeizigere Ziele. Die Meldungen zu neuen Partnerschaften bei der Entwicklung der Batterien häufen sich zunehmend. Es geht um nichts Geringeres als die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit im Automobilbau.

Fertigung von Feststoffzellen in einer Pilotanlage © Nissan

Frank Blume, Batteriechef bei Volkswagen, sprach daher sogar von einem "Endspiel" in der Akku-Technik, das jeder Konzern gewinnen wolle. Bereits ab 2025 – so der Plan von VW – soll die Feststoff-Technik verfügbar sein, zumindest eine Pilotanlage soll dann mit der Testproduktion beginnen. Blume spricht von einem Reichweitenplus von 30 Prozent gegenüber aktuellen Lithium-Ionen-Batterien, gleichzeitig soll die Ladezeit halbiert werden. Beides zusammen könnte das Reichweitenproblem des E-Autos endgültig lösen. Kein Wunder, dass auch andere Mitspieler wie Toyota, BMW und Ford bei dem Wettrennen mitmachen.

Als eine der Hauptaufgaben muss die Industrie noch die Fertigung im Großserienmaßstab meistern. Nissan reklamiert niedrigere Kosten gegenüber der Flüssig-Batterie, ein praktischer Beleg steht jedoch noch aus. Manche andere Experten rechnen dagegen mit höheren Preisen für Festkörperzellen.

So funktioniert der Feststoffakku

Kleiner Unterschied, großer Effekt: Akku mit Festelektrolyt © ADAC e.V.

Der Unterschied der Feststoffbatterie zu heutigen Akkus ist zunächst einmal nur ein kleiner: Statt eines flüssigen Elektrolyten kommt ein fester zum Einsatz. Der Elektrolyt stellt eine der zentralen Komponenten in jeder Batterie dar und übernimmt den Transport der Ionen zwischen Anode und Kathode, was im Gegenzug den Elektronen ihre Wanderschaft in Gegenrichtung ermöglicht, die für den Stromfluss sorgt und letztendlich den E-Motor antreibt. Während der Flüssig-Elektrolyt so leicht und schnell brennt wie das chemisch verwandte Benzin, lässt sich sein festes Gegenstück fast gar nicht in Brand setzen. Vor allem bei Kollisionen von E-Autos könnte das ein Sicherheitsvorteil sein.

Andere Rohstoffe, höheres Potential

Der Punkt, der die Feststofftechnik wirklich interessant macht, ist ein anderer. Denn die Nutzung des festen Elektrolyten erlaubt den Einsatz alternativer Anodenmaterialien: Statt wie heute üblich die Anode aus Graphit zu fertigen, könnte man sie dann beispielsweise aus Lithium herstellen, das mit einem deutlich höheren elektrochemischem Potenzial aufwartet. An der Kathode kommt heute meist ein Materialmix aus Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt zum Einsatz.

Es gilt jedoch, was schon immer in der Batterieforschung galt: Ändert man eine Komponente oder eine Anforderung, ergeben sich zahlreiche neue Kombinations- und Lösungsmöglichkeiten. Nicht nur Nissans Technik-Chef Kazuhiro Doi untersucht mit Hilfe großer Datenbanken und künstlicher Intelligenz zahlreiche Variationen, von denen einige Serienpotenzial haben könnten. Ein klares Bekenntnis für die Lithium-Anode gibt derzeit keiner der forschenden Hersteller ab. Entschieden scheint die Lage hingegen beim Elektrolyt: Dort dürfte sich die Keramik auf Schwefelbasis durchsetzen.

Geplante Pilotphase und Marktreife

Letztlich bleibt abzuwarten, wie sich das Preis-Leistungs-Verhältnis der neuen Technik in ihren unterschiedlichen möglichen Varianten künftig darstellt. Das plötzliche Ende für die klassische Flüssig-Batterie dürfte eine Markteinführung der Feststoffbatterie wohl nicht bedeuten. Schließlich hat die aktuelle Technik einen rund 30-jährigen Entwicklungsvorsprung, der sich nicht ohne weiteres aufholen lässt: Sie hat sich im Auto bewährt, Materialien und Produktionsverfahren sind erprobt und ihre Leistungsfähigkeit wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Das beweisen die vielen geplanten neuen Batteriefabriken in Europa, die alle noch auf Akkus mit der bestehenden Zelltechnologie setzen. Die Investments sind schließlich bis ins nächste Jahrzehnt ausgelegt.

Diese Hersteller arbeiten zusammen

Aber es geht voran bei der neuen Super-Batterie. Mercedes-Benz vermeldet, dass die ersten gemeinsam mit der taiwanesischen Firma ProLogium entwickelten Feststoffbatterien in ausgewählten Serienmodellen innerhalb der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zum Einsatz kommen könnten. Volkswagen arbeitet mit dem US-Unternehmen QuantumScape zusammen, an dem die Wolfsburger die Mehrheit der Anteile halten. Das Start-up gilt als einer der hoffnungsvollsten Anwärter auf die Rolle als Feststoff-Pionier.

Ford und BMW haben sich mit dem Feststoffbatterie-Spezialisten Solid Power zusammengetan. Die US-Firma will noch in diesem Jahr erste Zellen an die beiden Automobilhersteller liefern, allerdings zunächst nur für Qualifizierungstests. Die Serienproduktion der Zellen ist für das Jahr 2026 angepeilt. Auch technische Details zum Akku wurden schon bekannt gegeben. So soll die Energiedichte mit einer Silizium-Anode auf 390 Wh pro Kilogramm kommen.

Werde statt der Silizium-Anode eine Lithium-Metall-Anode verbaut, komme die Zelle sogar auf 440 Wh pro Kilo. Zum Vergleich: Die in Europa agierende und mit Volkswagen kooperierende Firma Northvolt will 2025 Lithium-Metall-Akkus mit konventionell flüssigem Elektrolyt und einer Energiedichte von immerhin 369 Wattstunden pro Kilo auf den Markt bringen.

Der Tesla-Weg: Die 4680er Rundzelle

Deutlich dicker als bisher: Zukünftige Rundzelle von Tesla im Format 4680 © Vladimir Grigorev

Letztlich ist auch interessant, für welche Zelltechnologie sich Elektro-Ponier Tesla in Zukunft entscheidet. Bisher lag Tesla in Sachen Akkutechnologie jedenfalls stets richtig: Reichweiten und Ladezeiten sind top im Konkurrenzvergleich, wie man im ADAC Test nachlesen kann. Aktuell setzt Tesla bewährte Rundzellen im Format 2170 (2,1 Zentimeter im Durchmesser, 7,0 Zentimeter hoch) ein. Im nächsten Entwicklungsschritt will Tesla wesentlich dickere Rundzellen im Format 4680 verbauen, immer noch mit flüssigem Elektrolyt. Die Energiedichte der 4680er Zelle soll trotzdem sehr gut sein, in etwa 300 Wh pro Kilogramm erreichen. Auch diese 4680er Zellen könnten das Rennen – zumindest in einem bestimmten Preissegment oder in bestimmten Märkten – noch eine ganze Weile machen.

Zukünftig höhere Vielfalt an Akku-Varianten

Fazit: Welcher Akku in welchem Fahrzeug in Zukunft angeboten wird, dürfte vor allem von den konkreten Anforderungen und der Zahlungsbereitschaft der Kunden abhängen. Allein schon die Materialknappheit und Preisschwankungen werden für eine breite Palette verschiedener Akku-Varianten sorgen. Neben den klassischen NMC-Lithium-Ionen-Akkus (NMC = Nickel-Mangan-Kobalt) gibt es bereits günstige Eisenphosphat-Batterien, noch preiswertere Natrium-Batterien könnten bald dazustoßen. Und in der Folge irgendwann auch die neue Feststoffbatterie. Der wirtschaftliche Konkurrenzkampf bzw. der technologische Wettlauf hat eigentlich gerade erst begonnen.

Text: Holger Holzer/SP-X, Wolfgang Rudschies