ADAC Kindersitztest 2024: Welche Modelle sind am sichersten?
Im aktuellen Kindersitztest hat der ADAC 17 neue Sitze auf Sicherheit, Bedienung, Ergonomie und Schadstoffgehalt kritisch geprüft. Gute Modelle gibt es in allen Größen, eines ist allerdings "mangelhaft". Alle Testergebnisse auf einen Blick.
17 Kindersitze in allen Größen getestet
Schadstoffe: Billigster Sitz ist "mangelhaft"
Plus: Alle Ergebnisse früherer Tests
Die Wahl des richtigen Kindersitzes fällt vielen Eltern schwer: Die Auswahl ist schier unüberschaubar. Welche Modelle sind sicher, lassen sich gut handhaben und haben das beste Preis-Leistungs-Verhältnis? Auf diese Fragen hat der ADAC Antworten. Aktuell hat der Club 17 Kindersitze in allen Größen geprüft und bewertet. Getestet wurden Babyschalen sowie Sitze für Kleinkinder und auch für größere Kinder.
Die Ergebnisse: Zwölf Sitze bekamen das ADAC Urteil "gut", vier erhielten "befriedigend". Nur von einem Sitz raten die ADAC Experten ab: Die Babyschale von Graco fiel im aktuellen Kindersitztest wegen zu hoher Schadstoffbelastung durch.
Zu empfehlen sind die guten und befriedigenden Modelle des Kindersitztests. Diese übertreffen die gesetzlichen Vorschriften zum Teil deutlich. Ein Erfolg für den ADAC Verbraucherschutztest, denn die Anforderungen wurden bei der Produktentwicklung berücksichtigt, was die Qualität der Kindersitze noch einmal erhöht hat.
Kindersitztest 2024: Testergebnisse
Bester Sitz: Thule Maple + Alfi Base
Der beste Kindersitz im Test mit dem ADAC Urteil 1,6 ist die Babyschale Thule Maple + Alfi Base für Kinder bis zu rund einem Jahr. Nur knapp dahinter liegt mit der Note 1,7 die Babyschale Doona i + Doona i Isofix Base, die für eine Körpergröße von 40 bis 85 Zentimeter zugelassen und somit für Kinder bis ca. eineinhalb Jahren geeignet ist.
Insgesamt liegen die getesteten Kindersitze auf einem erfreulich hohen Niveau: Zwölf Sitze haben mit Noten zwischen 1,6 und 2,5 abgeschnitten, in allen Alters- und Größenklassen sind somit "gute" Produkte dabei. Sie können die obige Tabelle unter anderem nach Altersklasse filtern, um schnell zum für Ihr Kind geeigneten Sitz zu gelangen. Beim Click auf einen Sitz erscheint dessen ausführliche Bewertung.
Einen Ausreißer gibt es allerdings: Die Babyschale Graco Snuglite i-Size. Sie wird wegen zu hoher Schadstoffe mit "mangelhaft" bewertet und ist daher nicht zu empfehlen. Im Bezugsstoff wurde Formaldehyd in einer Menge nachgewiesen, die über dem für Spielwaren geltenden Grenzwert liegt. Formaldehyd steht unter Verdacht, krebserregend zu sein.
Da hilft es auch nicht, dass der Graco mit 95 Euro der günstigste Sitz im Test ist und bei den Crashversuchen ein "sehr gut" erhält: Eine mangelhafte Bewertung bei der Schadstoffprüfung kann nicht durch gutes Abschneiden in den anderen drei Kategorien ausgeglichen werden. Sie wirkt damit voll auf die Gesamtnote.
Babyschalen
Babyschalen sind praktisch. Mit integrierten Hosenträgergurten kann das Baby bereits in der Wohnung in der Schale angeschnallt und dann zum Auto getragen werden. Wichtig zu wissen: Babyschalen dürfen ausschließlich entgegen der Fahrtrichtung eingebaut werden.
Neun Babyschalen wurden diesmal getestet, sieben davon haben mit "gut" abgeschnitten. Die Spitzengruppe mit Thule Maple + Alfi Base (Note 1,6), Doona i + Doona i Isofix Base (Note 1,7), Besafe Go Beyond + Beyond Base (Note 1,8) sowie Britax Römer Baby-Safe Core (Note 1,8) konnten sogar eine Eins vor dem Komma ergattern und zeigen in keinem der Testkriterien Schwächen, sind also sowohl bei Sicherheit, Bedienung, Ergonomie und der Schadstoffbewertung ganz vorn dabei.
Der Testsieger Thule Maple + Alfi Base hat eine Isofix-Basis, auf der sich der Sitz einfach und stabil montieren lässt. Um den Komfort fürs Baby zu verbessern, kann die Rückenstütze außerhalb des Autos in eine flachere Position gestellt werden. Der Sitz ist Teil eines Modulsystems, bei dem verschiedene Kindersitze auf derselben Isofix-Basis befestigt werden können, er besitzt sogar eine Zulassung für die Verwendung in bestimmten Flugzeugen. Es empfiehlt sich, bereits bei der Flugbuchung zu klären, ob der Kindersitz verwendet werden kann.
Auffällig ist die große preisliche Bandbreite der getesteten Babyschalen. Sie reicht von 95 Euro für den mangelhaften Graco Snuglite i-Size bis 720 Euro für den Doona i + Doona i Isofix Base. Der Doona ist zwar teuer, hat aber als einzige Babyschale im Test eine Besonderheit zu bieten: Er hat ein ausklappbares Fahrgestell, sodass der Sitz außerhalb des Fahrzeugs auch gleich als Kinderwagen benutzt werden kann. Praktisch.
Wer die Funktion nicht braucht und nicht so viel Geld ausgeben will: Der Test zeigt, dass auch deutlich günstigere Produkte gut geeignet sind. Der Britax Römer Baby-Safe Core etwa kostet nur 129 Euro und glänzt mit einer 1,8 als Gesamtnote.
Dass derselbe Sitz mit Isofix-Basis etwas schlechter wegkommt und als einzige Babyschale ein "Befriedigend" erhält, liegt am schlechteren Abschneiden beim Frontcrash.
Sitze für größere Kinder
Die weiteren acht Sitze im Test sind für größere bzw. ältere Kinder gedacht: Der Nuna Pruu (Note 2,0) lässt sich bis zu einem Alter von circa vier Jahren nutzen, der Besafe Beyond + Beyond Base bis zu sieben Jahren, und in den übrigen Modellen sitzen Kinder bis zu einem Alter von zwölf Jahren richtig.
Der Besafe Beyond + Beyond Base stellt den besten Sitz in dieser Kategorie dar und erhält die Note 1,8. Vor allem das hervorragende Abschneiden beim Crashtest sichert ihm den vordersten Platz. Grund: Dieser Sitz wird – ebenso wie die Babyschalen – rückwärts gerichtet eingebaut.
Bei dieser Transportart gibt es bei einem Frontalaufprall nahezu keine Bewegung zwischen Kopf und Oberkörper, der gesamte Körper des Kindes wird gestützt und in die Schale gedrückt. Um das Risiko von Verletzungen bei einem Unfall zu reduzieren, empfiehlt der ADAC, das Kind möglichst lange in einem rückwärtsgerichteten Sitz zu sichern. Der Wechsel zu einem Sitz in Fahrtrichtung sollte idealerweise nicht vor einem Alter von zwei Jahren erfolgen.
Die Sitze Britax Römer Evolvafix und Versafix werden ebenfalls mit "gut" (2,5) bewertet. Es sind gute Kindersitze für einen langen Einsatzzeitraum, die ausschließlich in Fahrtrichtung montiert werden dürfen und daher erst für Kinder ab frühestens 15 Monaten geeignet sind.
Bei den Sitzen für größere Kinder ab circa vier Jahren (ab 100 Zentimeter Körpergröße) macht der Maxi-Cosi Rodifix R den besten Eindruck – mit einer glatten 2,0 im Gesamtergebnis. Er hat sich im ADAC Test nicht nur als sicher erwiesen, mit 5,8 Kilo Gewicht ist er auch ein überaus leichter Kindersitz und sehr einfach zu bedienen. Das macht einen Wechsel zwischen Fahrzeugen einfacher, wenn das Kind beispielsweise bei den Großeltern mitfahren soll.
Nicht verwechseln sollte man diesen Sitz mit dem ebenfalls getesteten Schwestermodell Maxi-Cosi Rodifix M, der zwar in den Eigenschaftswertungen dieselben guten Werte zu bieten hat wie der Rodifix R. Doch beim Testexemplar waren die Schadstoffwerte erhöht, was zu einer Abwertung auf die Note 2,7 führt.
Kindersitztest: So wurde getestet
Der ADAC testet gemeinsam mit den europäischen Automobilclubs und Verbraucherschutz-Organisationen zweimal jährlich neue Kindersitze. Die Modellauswahl erfolgt gemeinsam mit den beteiligten Automobilclubs und den Verbraucherschutzorganisationen unter folgenden Aspekten: Der Kindersitz ist neu auf den Markt gekommen, hat eine große Marktbedeutung oder wurde seit dem letzten Test überarbeitet. Der Einkauf der Testmodelle erfolgt anonym im Einzel- oder Versandhandel.
Beim Frontal- und Seitenaufprall-Crash wird die Sicherheit jedes einzelnen Kindersitzes überprüft. Der dabei simulierte Unfall geht sogar über die gesetzlichen Anforderungen an einen Kindersitz hinaus. Diese Kategorie hat einen Anteil von 50 Prozent am ADAC Urteil.
Auch die Bedienung wird getestet, denn nur ein korrekt eingebauter Sitz kann das Kind bei einem Unfall gut schützen. Wichtig dabei ist, dass der Kindersitz intuitiv richtig eingebaut werden kann und dass die Anzahl der Einbauschritte möglichst klein ist. Der Anteil an der Gesamtbewertung beträgt hier 40 Prozent.
Ebenso berücksichtigt wird die Ergonomie jedes geprüften Sitzes, denn nur in einem passenden Kindersitz sitzt das Kind bequem, entspannt, sicher, und die Gurte und Seitenwangen können ihre volle Schutzwirkung entfalten. Das Prüfkriterium Ergonomie umfasst neben der Sitzposition, dem Platzangebot und dem Komfort für das Kind auch den Platzbedarf des Kindersitzes im Fahrzeug. Diese Kategorie hat einen Anteil von 10 Prozent am ADAC Urteil.
Mögliche Schadstoffe überprüft der ADAC mit einer Mischprobe aus allen textilen Teilen des Kindersitzes, mit denen das Kind in Berührung kommt. Diese Mischprobe wird auf den Gehalt von chemischen Stoffen wie PAKs, Phthalaten, Flammschutzmitteln, Weichmachern, phenolischen Verbindungen, Organozinn, Formaldehyd, Schwermetallen und Chlorparaffinen untersucht. Ist die Bewertung des Schadstoffgehalts schlechter als "befriedigend", führt das zu einer gravierenden Abwertung im Gesamturteil.
Datenbank: Alle Kindersitze im Test
Vor dem Kauf eines Kindersitzes sollten sich Eltern umfassend über das Angebot informieren. Dabei helfen die Ergebnisse dieses Kindersitztests und auch die der Vorjahre. Die Ergebnisse seit 2020 sind direkt mit den aktuellen Ergebnissen vergleichbar, alle seit 2015 "sehr gut", "gut" und "befriedigend" bewerteten Sitze können immer noch empfohlen werden.
Tipps zum Kauf und Einbau
Für einen Praxis-Check vor dem Kauf sollten Eltern sowohl Kind als auch Auto mit zum Fachhändler nehmen.
Der Kindersitz muss sich möglichst stramm und standsicher im Fahrzeug einbauen lassen.
Nicht jede Isofix-Basis passt automatisch zum Kindersitz des gleichen Herstellers. Wer sich für ein Sitzmodell entscheidet, sollte darauf achten, dass der Sitz kompatibel ist.
Gewicht des Kindersitzes nicht unterschätzen – besonders bei häufigen Autowechseln und beim Umbau der Kindersitze.
Zweigeteilte Kindersitze (Sitzschale plus Isofix-Station) sind aufgrund des geringeren Gewichts und der kleineren Abmessungen oft etwas leichter einzubauen als einteilige Modelle.
Praktisch zum leichteren Anschnallen des Kindes sind drehbare Modelle.
Immer mehr Funktionen und hilfreiche Einstellmöglichkeiten können aber auch das Risiko von Fehlbedienungen erhöhen.
Gurte und Rückenlehne regelmäßig entsprechend des Wachstums nachjustieren, nicht zu früh auf nächstgrößeren Sitz wechseln.
Beim Anschnallen Hosenträger- und Fahrzeuggurte straff anziehen, dicke Jacken unter dem Beckengurt hervorziehen und Reißverschluss öffnen. Im Idealfall gilt aber: dicke Jacken während der Autofahrt besser ganz ausziehen.
Bei Sitzerhöhungen mit Rückenlehne darauf achten, dass sich der Gurt selbstständig aufrollt, wenn sich das Kind nach vorne beugt. Wenn nicht: einen Sitz wählen, dessen Schultergurtführung besser zum Fahrzeug passt.
Auf ausreichend Platz zwischen dem Kindersitz auf der Rückbank und dem Vordersitz achten.
Verkaufsverbot älterer Kindersitze
Schon im September 2023 trat in der EU schrittweise ein Verkaufsverbot für Kindersitze mit der älteren UN Reg. 44 Zulassung in Kraft. Seitdem durften entsprechende Produkte nicht mehr hergestellt oder importiert werden, ein Abverkauf von Lagerware war noch bis einschließlich August 2024 möglich. Ein Verwendungsverbot von Kindersitzen mit UN Reg. 44 Zulassung ist allerdings nicht geplant, bereits vorhandene Sitze dürfen also weiterhin ohne Einschränkung genutzt werden.
Die alte Norm UN Reg. 44 teilt Kindersitze noch in fest definierte Gewichtsklassen ein. Die neue i-Size-Zulassungs-Norm UN ECE Reg. 129 orientiert sich an der Größe des Kindes. Da Kindersitze mit einer Isofix-Befestigung in der Regel die beste Sicherheit bieten, sind mittlerweile fast alle neuen Kindersitzmodelle, die nach der neuen Norm UN ECE Reg. 129 zugelassen sind, mit Isofix ausgestattet.
Fachliche Beratung: Andreas Ratzek, ADAC Technik Zentrum