Reisen mit der Bahn: Der große Check
Unterwegs mit ICE, IC und EC: Der Club hat die Deutsche Bahn im Fernverkehr getestet. Was gut lief – und wo es die größten Defizite gab.
Fast jede zweite Fahrt "sehr gut" oder "gut"
Jede fünfte Fahrt "mangelhaft" oder "sehr mangelhaft"
Hygieneproblem in Sanitärräumen
Preisvergleich: Flixtrain deutlich günstiger als DB
Die Deutsche Bahn bringt täglich Millionen Menschen an ihr Ziel. Nach der coronabedingten Flaute sollen es künftig sogar noch mehr werden: Allein im Fernverkehr will die Bahn die Anzahl der Reisenden deutlich erhöhen auf mehr als 260 Millionen pro Jahr. Der ADAC hat untersucht, inwieweit sich die Fahrgäste auf pünktliche Züge, Durchsagen, kompetentes Personal oder saubere Toiletten verlassen können.
Das Ergebnis ist durchwachsen: Von 30 getesteten Verbindungen erwies sich immerhin fast jede zweite als "gut" oder "sehr gut". Jede fünfte Fahrt wurde aber auch mit "mangelhaft" oder sogar "sehr mangelhaft" bewertet. Die größten Defizite kamen in den Bereichen Hygiene, Pünktlichkeit sowie WLAN und Handynetz ans Licht.
Weniger als die Hälfte der Züge war pünktlich

Nur zwölf Züge, also 43 Prozent, waren auf die Minute pünktlich. Sieben hatten maximal sechs Minuten Verspätung, weitere sechs blieben unter 16 Minuten. Bei drei Verbindungen gab es größere Verspätungen von bis zu 92 Minuten. Zwei Züge wiederum fielen komplett aus.
Bei der Information der Reisenden konnte die Bahn punkten: Nur in einem Zug gab es keine Durchsagen. Auch Alternativverbindungen wurden rechtzeitig angekündigt, Gleiswechsel oder Verspätungen zuverlässig per E-Mail oder Push-Nachricht kommuniziert.
Hygiene: Gefährliche Keime an Bord
Der gute Eindruck, den das Testteam von den meisten Sanitärräumen hatte, erwies sich vielfach als trügerisch. Die Proben von Toilettenbrillen und Türklinken, die im Labor ausgewertet wurden, zeigten in zwölf Zügen – also bei 43 Prozent – auffällige Keimbelastungen.
Neun Proben erhielten potenziell gesundheitsgefährdende Keime, bei neun weiteren fanden sich sogar definitiv gesundheitsgefährdende Keime. Optisch waren die betroffenen Toiletten jedoch meist sauber, was für eine nicht ausreichend gründliche Reinigung spricht – obwohl die Toiletten in Corona-Zeiten laut Bahn alle zwei Stunden sauber gemacht werden.
Weitere Defizite: In zwei Zügen war die barrierefreie Toilette dauerhaft gesperrt. Je vier Mal fehlten Hygienebeutel und Desinfektionsmittel, sieben Mal roch es unangenehm.
WLAN-Empfang mittelmäßig, Personal top

Besser könnte auch der WLAN-Empfang in den Fernzügen sein: Nur bei knapp jeder zweiten Fahrt war der Empfang gut. Fünf Züge (18 Prozent) hatten überhaupt kein WLAN im Angebot. Die Qualität des Handynetzes erwies sich in rund 40 Prozent der Züge durchweg als gut. Zu berücksichtigen ist aber, dass sich die Bahn zwar stark macht für den weiteren Netzausbau im Fern- und Regionalverkehr, aber abhängig von den Netzbetreibern ist.
Gute Noten erzielte die Bahn beim Sitz- und Reisekomfort. In diese Kategorie fließen Aspekte wie Ausstattung und Sauberkeit des Wagens, Sitzplatzreservierung sowie das gastronomische Angebot mit ein. 19 Züge waren hier "sehr gut", kein einziger "mangelhaft". Bei Reservierungen wurde pandemiebedingt stets der Nachbarplatz freigehalten. Kleiner Dämpfer: In drei Zügen gab es keine Speisen und Getränke; zwei Intercitys hatten kein Bord-Bistro oder Restaurant, zwei weitere Züge keine warmen Speisen. Top-Noten gab es für das Personal: Fast alle Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter machten einen kompetenten Eindruck und waren stets schnell zu finden.
Günstige Alternative: Flixtrain

Auf zehn weiteren Strecken hat der ADAC die Preisunterschiede zwischen der Deutschen Bahn und Flixtrain untersucht. Der private Bahn-Konkurrent ist eine Marke des Flixbus-Betreibers Flixmobility und seit 2018 unter diesem Namen auf der Schiene.
Im ADAC Preisvergleich war Flixtrain ausnahmslos günstiger – die Preisdifferenz betrug zwischen 16 und 79 Prozent. Auf zwei der zehn Strecken waren die grünen Züge sogar schneller, acht Mal war es die Deutsche Bahn. Der große Unterschied liegt in der Anzahl der Verbindungen: Während Flixtrain die meisten Strecken nur ein bis zwei Mal pro Tag fährt, rollt die Bahn häufig im Ein- oder Zwei-Stunden-Takt an.
So hat der ADAC getestet
Die 30 Testrouten ergaben sich aus den meistgefahrenen Strecken im Jahr 2019, den Bahnhöfen mit den höchsten Passagierzahlen sowie den voraussichtlich meistgefahrenen Strecken im Jahr 2030. Dazu kamen beliebte touristische Verbindungen. Das Testteam war zwischen dem 17. Juni und dem 29. Juli 2021 jeweils donnerstags bis sonntags inkognito unterwegs.
Die Testkategorien entsprechen den Qualitätsmerkmalen, die den Fahrgästen auf Bahnreisen am wichtigsten sind: Mit jeweils 25 Prozent wurden Information und Pünktlichkeit sowie Zustand und Hygiene der sanitären Einrichtungen am stärksten gewichtet. Mit 22 Prozent gingen der Sitz- und Reisekomfort in das Ergebnis ein, gefolgt von Personal (15 Prozent) sowie Handynetz und WLAN (13 Prozent). Auf jeder Fahrt wurde in einer Standard-Toilette und einer barrierefreien Toilette zusätzlich ein Hygiene-Check mittels Abdruckprobe vorgenommen.
Der Preisvergleich zwischen der Deutschen Bahn und Flixtrain erfolgte für jeweils eine Fahrt auf zehn ausgewählten Strecken. Für den fiktiven Reisetermin 20. August 2021 wurden dabei die Ticketpreise drei Wochen sowie eine Woche vor der Reise ermittelt.