Neue Lkw-Maut über 3,5 Tonnen seit 1. Juli: Sind auch Wohnmobile betroffen?

Ob die neue Lkw-Maut auch für Wohnmobile Folgen hat, erklärt ADAC Juristin Julia Neumeier im Video ∙ Bild: © ADAC/David Klein/dpa, Video: © ADAC e.V.

Das Gesetz über die neue Lkw-Maut kann Folgen für bestimmte Wohnmobile über 3,5 Tonnen haben. Welche Fahrzeuge das betrifft und was Camper tun können.

  • Mautpflicht über 3,5 Tonnen gilt seit 1. Juli 2024

  • Wohnmobile bleiben mautfrei, nur kleiner Teil der Campingfahrzeuge betroffen

  • Tipps: Zulassung als Wohnmobil statt Lkw, Registrierung bei Toll Collect

Durch die Gesetzesänderung ist die Lkw-Maut jetzt an den CO₂-Ausstoß gekoppelt. Die Mautpflicht wird außerdem seit 1. Juli 2024 ausgeweitet auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Ausgenommen sind Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen.

Reine Wohnmobile über 3,5 Tonnen mautfrei

Etwa 160.000 Wohnmobile über 3,5 und bis 7,5 Tonnen sind in Deutschland zugelassen, unter denen etliche mit der Mautpflicht konfrontiert werden könnten, so ADAC Campingexperte Martin Zöllner. Aber: Die meisten sind für Mautkontrollsysteme von außen eindeutig als Wohnmobile erkennbar und bleiben damit ohne bürokratischen Aufwand weiterhin mautfrei.

Keine Mautpflicht gibt es generell laut Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) für Fahrzeuge, die mit Wohneinrichtung (u.a. Toilette, Dusche, Betten, Kochgelegenheit, Wohnraum) dauerhaft und fest ausgestattet wurden und die ausschließlich der Personenbeförderung und nicht dem Transport von Gütern dienen. Dies gilt auch für Lkw mit Kofferaufbau, die nachträglich dauerhaft zum Wohnmobil umgestaltet wurden.

Probleme bei Lkw- oder Bus-Ausbau

Wie viele Campingfahrzeuge sind also tatsächlich betroffen von der neuen Lkw-Maut? "Das wissen wir nicht genau", sagt ADAC Experte Zöllner, "sicher nur ein kleiner Teil." Es gebe aber etliche Fahrzeuge auf Lkw- oder Omnibus-Chassis, "die auf den ersten Blick von außen nicht eindeutig wie ein Wohnmobil aussehen", auch wenn sie zugelassen sind als M1 SA (Fahrzeug zur Personenbeförderung Sonderaufbau Wohnmobil).

Einige seien auch mit Lkw-Zulassung unterwegs. "Selbstausbauer nutzen zum Beispiel Lkw, Unimogs mit Kastenaufbau oder montieren einen Wohnwagen ohne Räder auf die Pritsche", so Zöllner. Von außen sei auch nicht zu erkennen, ob ein Wohnmobil über 3,5 Tonnen habe, es könne auf- oder abgelastet sein.

Zulassung als Wohnmobil statt Lkw

Was können Besitzer von Campingfahrzeugen tun, die nicht sofort als Wohnmobil erkennbar oder die als Lkw zugelassen sind, wenn sie künftig Mautprobleme vermeiden wollen? Das BALM empfiehlt "aus Praktikabilitätsgründen", unter anderem zur Vorlage von Fahrzeugdokumenten bei Kontrollen, eine Zulassung als 'Sonstiges Kfz Wohnmobil'.

Gerade bei älteren Basisfahrzeugen lohne sich das Rechenexempel zwischen der Zulassung "Lkw" und "M1 SA Wohnmobil", weiß ADAC Verkehrsexperte Jürgen Berlitz – vorausgesetzt, man benutzt häufiger Autobahnen oder Bundesstraßen. Zusammen mit der neuen CO₂-Abgabe könnten relevante Kilometerkosten entstehen.

Aber: Im Grunde kann auch ein Lkw von der Mautpflicht befreit bleiben, wenn er ausschließlich als Wohnmobil genutzt wird. Die aufwendige Beweislast gegenüber der Betreibergesellschaft Toll Collect GmbH liegt allerdings beim Halter.

Neue Grundlage für die Maut

Entscheidend für die Berechnung der Maut ist künftig die technisch zulässige Gesamtmasse (tzGm im Feld F.1 der Zulassungsbescheinigung Teil I, früher Fahrzeugschein) und nicht mehr das eingetragene höchstzulässige Gesamtgewicht (zGG, Feld F.2). Die tzGm wird vom Hersteller angegeben und liegt in bestimmten Fällen über der bisherigen Grenze. Damit sind mehr Fahrzeuge betroffen. Dies gilt auch für Wohnmobil-Fahrende, die ihre Fahrzeuge auf 3,5 Tonnen "abgelastet", also freiwillig das höchstzulässige Gesamtgewicht reduziert hatten.

Wohnmobil: Welche Vorteile bringt das "Ablasten"?

Unter Ablastung versteht man die nachträgliche Verringerung der zulässigen Gesamtmasse von Fahrzeugen gegenüber dem ursprünglichen serienmäßigen Zustand.

Diese Maßnahme kann aus folgenden Gründen sinnvoll sein:

  • Geringere Kraftfahrzeugsteuer bei nach Gewicht versteuerten Fahrzeugklassen.

  • Eine Ablastung kann sich auch lohnen, wenn man sein Fahrzeug sonst aufgrund des Gewichtes nicht fahren dürfte. So können Wohnmobile mit einem Gewicht von über 3,5 Tonnen mit einem normalen Pkw-Führerschein bewegt werden, wenn sie zuvor abgelastet wurden.

  • Weitere Vorteile: kein Tempolimit auf deutschen Autobahnen und weniger Überholverbote.

Durch die neue Maut-Bemessungsgrundlage tzGm sind seit 1. Juli 2024 in Deutschland also auch solche Wohnmobilumbauten auf Lkw-Basis betroffen, die noch eine Lkw-Zulassung haben und auf 3,5 Tonnen abgelastet wurden. Auch diese Halter müssen unter Umständen gegenüber Toll Collect darlegen, dass ihre Fahrzeuge ausschließlich als M1 SA Wohnmobil und nicht für den gewerblichen Gütertransport genutzt werden.

In Österreich brauchen durch die dort ebenfalls geltende neue Bemessungsgrundlage tzGm künftig mehr Wohnmobile die GO-Box für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen.

Wohnmobil vorab freiwillig registrieren

Wenn künftig bei der Mautüberwachung Zweifel entstehen, ob es sich bei einem Fahrzeug wirklich um ein Wohnmobil handelt, soll dem Halter ein Anhörungsbogen zugeschickt werden, mit dem er den Status beweisen kann.

Der Halter kann sein Fahrzeug auch auf freiwilliger Basis vorab als Wohnmobil registrieren lassen bei Toll Collect. So lassen sich laut BALM "unnötige Ausleitungen, Kontrollen und Nacherhebungsbescheide weitestgehend vermeiden".

Infos und Formulare zur Registrierung von Wohnmobilen mit mehr als 3,5 Tonnen gibt es im Serviceportal von Toll Collect. Dem Registrierungsantrag muss man eine Fahrzeugscheinkopie, Fotos und Aufbauskizzen des Wohnmobils mit Angaben der Größenverhältnisse von Wohn- und Ladebereich sowie Informationen zur Nutzung des Wohnmobils beifügen. Die Registrierung gilt maximal zwei Jahre und kann anschließend verlängert werden.

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Wohnmobile mit Ladebereich & Anhänger

Bei Wohnmobilen über 3,5 Tonnen mit eigenem Ladebereich (z.B. Pferdeabteil, Heckgarage) oder mit angekuppeltem Transportanhänger muss der Wohnbereich mindestens 50 Prozent der Nutzfläche betragen, um mautfrei zu bleiben, und sie dürfen ausschließlich für private Fahrten verwendet werden.

Wenn zum Beispiel bei einer Kombination aus Wohnmobil und Bootsanhänger die Ladefläche größer als die Wohnfläche ist, besteht laut BALM Mautpflicht auch dann, wenn der Transport des Boots zu privaten Zwecken erfolgt und der Bootsanhänger anschließend leer zurückgebracht wird.

Statt eine eigene On-Board-Unit für die automatische Maut-Buchung zu beschaffen, können Wohnmobilbesitzer mit Anhänger sich auch alternativ manuell einbuchen per Toll-Collect-App oder online auf der Internetseite der Toll Collect.