Quarantäne ist kein Reisemangel

Junge Frau sitzt am Fenster mit einem Becher in der Hand am Fenster und schaut nach Draussen
Wer zahlt bei Quarantäne im Urlaub?© Shutterstock/Bunditinay

Die Behörden im Urlaubsland schicken einen Touristen wegen Kontakts zu einer mit Covid-19 infizierten Person in Quarantäne. Bekommt er deswegen den Reisepreis rückerstattet? Das hatte das Amtsgericht München zu entscheiden.

Der Fall: Ein Urlauber hatte im Januar 2020 für sich und seine Frau vom 8. bis 22. März 2020 eine Pauschalreise nach Zypern gebucht. Zwei Tage nach Ankunft auf der Insel ordneten die örtlichen Behörden für alle Reisenden und die Reiseleitung eine Quarantäne vom 10. bis 24. März 2020 an. Der Grund: Eine Mitreisende war coronapositiv. Der Reiseveranstalter verpflegte die Urlauber während der Quarantäne kostenlos. Über den gebuchten Zeitraum hinaus bezahlte er außerdem für weitere zwei Tage, die durch die Quarantäne notwendig waren, Essen und Unterkunft.

Quarantäne wegen mit Covid-19 infizierten Mitreisenden

Die Urlauber, die nahezu ihren gesamten Urlaub in Quarantäne verbringen mussten, waren der Ansicht, dass ein Reisemangel vorliege. Sie verlangten die Minderung und Rückerstattung des Reisepreises und den Ersatz weiterer Kosten wie zum Beispiel für ein schon vor der Reise gebuchtes Abendessen. Der Reiseveranstalter lehnte dies ab. Die Sache ging vor Gericht.

Urlauber verlangt Erstattung des Reisepreises und Schadenersatz

Das Amtsgericht München gab dem Reiseveranstalter Recht und wies die Klage ab. Es sah in der Anordnung der Quarantäne durch die örtlichen Behörden keinen Reisemangel, der für den Urlauber zur Minderung des Reisepreises führen würde. Das Gericht führte aus, dass ein Reiseveranstalter zwar (unabhängig von eigenem Verschulden) für das Gelingen einer Reise hafte. Bei Umständen, die allein in der persönlichen Sphäre eines Reisenden liegen, und bei Risiken, die ein Reisender auch im täglichen Leben tragen müsste, läge aber die Grenze für die Haftung eines Reiseveranstalters.

Quarantäne gehört zum allgemeinen Lebensrisiko

Die Anordnung einer Quarantäne stelle im Rahmen der weltweiten Corona-Pandemie eine Ausprägung des allgemeinen Lebensrisikos dar, so das Gericht. Das Risiko der Anordnung einer Quarantäne nach dem Kontakt mit einer mit Covid-19 infizierten Person hätte für den Urlauber auch ohne die Reise bestanden und gehöre damit zum allgemeinen Lebensrisiko. Es handele sich um kein reisespezifisches Risiko. Nachdem die Reiseleistungen mangelfrei erbracht werden konnten und der Urlauber wegen der angeordneten Quarantäne nicht daran teilnehmen konnte, lag nach Auffassung des Gerichts kein Reisemangel vor.

Keine Reisewarnung vor Beginn der Reise

Zu Beginn der Reise habe auch keine Reisewarnung vorgelegen, so das Gericht. Denn zu diesem Zeitpunkt habe die Pandemie in Europa noch ganz am Anfang gestanden. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass der Reiseveranstalter vor Reisebeginn Informationen über einen Ausbruch der Pandemie am Reiseziel hatte, wegen denen er die Reise hätte absagen müssen. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass er schon vor Reisebeginn Kenntnis von den zukünftigen Maßnahmen hatte und den Urlauber hätte warnen können oder müssen. Es komme hinzu, dass die Quarantäne wegen einer konkreten Erkrankung einer Mitreisenden und nicht aufgrund allgemeiner Anordnungen unabhängig vom Kontakt mit einer infizierten Person angeordnet wurde.

AG München, Urteil vom 16.12.2021, Az.: 172 C 23599/20