Urteil: Abfahrt trotz Katze unter dem Zug?

Ein Zug der französischen Bahngesellschaft SNCF fuhr los, obwohl eine Katze unter den Waggons vermutet wurde. Das Tier wurde später tot auf den Gleisen gefunden. Das Gericht sieht fahrlässige Tötung.
Das war passiert: Am Pariser Bahnhof Montparnasse wollten eine Mutter und ihre Tochter in einen Zug einsteigen. Sie hatten ihren Kater "Neko" in einem Transportkorb dabei. Das Tier entwischte vermutlich auf die Gleise unter dem wartenden Zug. Mutter und Tochter wandten sich an das Personal und flehten es an, vor der Abfahrt unter dem Zug nach dem Kater zu suchen. Man könne wegen einer Katze keine Verspätung in Kauf nehmen, hieß es. Der Zug fuhr los, der Kater wurde später tot auf dem Gleis gefunden.
Tierschützer klagen
Tierschutzorganisationen brachten die Sache vor Gericht: Die SNCF wurde wegen "schwerer Misshandlung und Grausamkeit, die zum Tod eines Tieres geführt haben" verklagt. Für ein vergessenes Gepäckstück werde ein Zug aufgehalten, für ein Tier nicht, trugen die klagenden Organisationen vor. Der Fall schlug in Frankreich hohe Wellen. Politikerinnen und Politiker bezeichneten das Verhalten der Bahn als vorsätzlich und grausam. Die Katzenbesitzerinnen warfen der SNCF empathieloses Verhalten vor, weil alle ihre Beschwerdebriefe unbeantwortet blieben.
Bahnkonzern muss Entschädigung zahlen
Die Klage war für die Tierschutzorganisation und die beiden Katzenbesitzerinnen ein voller Erfolg. Denn das Pariser Gericht folgte der Argumentation des Bahnkonzerns SNCF nicht. Dieser hatte vorgebracht, vor Abfahrt des Zuges sei völlig unklar gewesen, ob sich der entlaufene Kater unter dem Zug auf den Gleisen befindet. Außerdem hätte eine Suchaktion eine erhebliche Verzögerung der Abfahrt des Zuges bedeutet.
Das Gericht befand die Bahngesellschaft der fahrlässigen Tötung des Katers "Neko" für schuldig. Sie wurde zur Zahlung einer Entschädigung von je 1000 Euro an Mutter und Tochter verurteilt. Die SNCF habe nicht die notwendigen menschlichen Mittel zur Bergung der unter dem Zug vermuteten Katze eingesetzt, begründete das Gericht seine Entscheidung.
Gedenktafel für toten Kater
Die Bahngesellschaft SNCF hat den Vorfall öffentlich bedauert. In Zukunft wolle man dem Tierschutz mehr Beachtung schenken. Auf dem Pariser Bahnhof Montparnasse ist inzwischen eine kleine Gedenktafel mit der Aufschrift "Rest in peace, Neko" angebracht.