Irrtum oder Vorsatz: Autofahrer vor dem Ende einer Gefahrenstelle geblitzt

Eine irrtümliches Schild an eine Straße
Geschwindigkeitsbeschränkung mit Gefahrzeichen (Symbolbild)© Shutterstock/wewi-creative [M]

Ein Autofahrer ignorierte eine Geschwindigkeitsbeschränkung, die wegen einer Gefahrenstelle angeordnet war, und wurde geblitzt. Hat er vorsätzlich gehandelt? So urteilte das OLG Brandenburg.

Der Fall: Ein Autofahrer war auf der Autobahn zu schnell unterwegs. Die Geschwindigkeit war zuvor durch einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter auf 100 km/h reduziert worden. Die Beschilderung war beidseitig angebracht. Es war eine Kombination aus dem Gefahrzeichen 112 (unebene Fahrbahn) und Zeichen 274 (Geschwindigkeitsbeschränkung). Wie weit diese Einschränkung galt, war nicht ausgeschildert.

Massiv zu schnell gefahren

Der Autofahrer fuhr mindestens 35 km/h zu schnell. Weil er keine Schäden an der Fahrbahn mehr feststellen konnte und auch andere Verkehrsteilnehmer wieder schneller fuhren, hatte er vor der Messstelle bewusst von 100 auf 135 km/h beschleunigt. Der Autofahrer ging davon aus, die Geschwindigkeitsbeschränkung gelte nicht mehr, die Gefahr von Fahrbahnaufwölbungen bestand aber an der Stelle nach wie vor.

Vorsätzlich Tempolimit überschritten?

Das Amtsgericht Cottbus wertete das Verhalten des Betroffenen als Vorsatz. Es verhängte wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 240 Euro. Der Autofahrer legte Rechtsmittel ein.

Irrtum: Wo ist das Tempolimit zu Ende?

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg kippte die Entscheidung des Amtsgerichts. Es setzte gegen den Autofahrer wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 120 Euro fest. Begründung: Der Autofahrer habe sich zwar bewusst dazu entschieden, auf 135 km/h zu beschleunigen. Er habe sich dabei aber nicht über die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung an sich geirrt, sondern darüber, dass die Gefahrenstelle vorbei sei.

An der Stelle, an der er geblitzt wurde, habe die Gefahr aber noch bestanden. Das Gericht führte aus, der Autofahrer habe die Örtlichkeit falsch eingeschätzt. Er habe fahrlässig und nicht vorsätzlich gehandelt. Der Autofahrer hatte geltend gemacht, dass an der Stelle, an der er geblitzt worden sei, keine Unebenheiten mehr festzustellen gewesen seien.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.11.2022, Az.: 2 OLG 53 Ss-OWi 388/22

Hinweis der ADAC Juristinnen und Juristen: Ein Streckenverbot (wie zum Beispiel eine Geschwindigkeitsbeschränkung), das zusammen mit einem Gefahrenzeichen angeordnet ist, entfällt auch ohne Aufhebungszeichen, wenn zweifelsfrei klar ist, ab welcher Stelle die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht.

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