Urteil: Erpressung in der Warteschlange am Flughafen?

Ein Fluggast fürchtet, wegen der langen Wartezeit am Sicherheitsbereich seinen Flug zu versäumen. Für Geld würde ein Airport-Mitarbeiter ihn an der Warteschlange vorbeiführen. Ist das Erpressung?
Der Fall: Ein Fluggast stand in der Schlange vor dem Sicherheitsbereich. Weil er Angst hatte, wegen der extrem langen Wartezeit seinen Flug zu verpassen, sprach er einen für die Warteschlangen zuständigen Mitarbeiter (Line-Manager) an und fragte, ob ein "Fast-Check-in" möglich sei. Dieser verlangte "einen Fuffi", wenn er den Passagier an der Warteschlange vorbei nach vorne bringe. Wenn er die 50 Euro nicht zahle, müsse er weiter warten und auf den guten Willen anderer hoffen.
Anklage wegen versuchter Erpressung
Der Passagier – von Beruf Polizist – ging darauf nicht ein und erwischte seinen Flug trotzdem noch. Der Line-Manager aber bekam Post von der Staatsanwaltschaft: Er wurde wegen versuchter Erpressung angeklagt.
Freispruch vor dem Amtsgericht
Vor dem Amtsgericht Köln wurde der Line-Manager vom Vorwurf der versuchten Erpressung freigesprochen. Für eine strafbare Erpressung hätte dieser dem Fluggast mit einem sogenannten empfindlichen Übel drohen müssen. Im Verhalten des Line-Managers konnte das Gericht dies aber nicht erkennen. Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel ein.
Oberlandesgericht bestätigt Entscheidung
Das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Dabei komme es nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, ob der Line-Manager wirklich mit einem Übel gedroht habe. Denn es habe für den Fluggast kein sogenanntes empfindliches Übel gegeben, gegen das er sich hätte nicht wehren können.
Von dem Passagier habe in seiner Lage erwartet werden können, dass er der Drohung "in besonnener Selbstbehauptung" standhalte, so das Gericht. Der Fluggast habe zudem andere Flughafen-Mitarbeiter oder andere Fluggäste um Hilfe bitten können und seinen Flug auch durch Warten in der Schlange erreichen können.
Eine Strafbarkeit wegen versuchter Erpressung scheide daher aus, führte das Gericht aus. Dass der Line-Manager Schwierigkeiten (in Form der regulären Wartezeit) angekündigt habe, sei keine Drohung mit einem empfindlichen Übel.
OLG Köln, Urteil vom 11.6.2024, Az.: 1 ORs 52/24
Hinweis der ADAC Juristinnen und Juristen: Der Vorfall hatte für den Line-Manager zwar strafrechtlich keine Konsequenzen, arbeitsrechtlich aber schon – die Firma kündigte ihm, nachdem der Vorfall bekannt wurde.