Unfall: Fahrverbot für schwer verletzten Unfallverursacher?

Krankenwagen fährt auf einer Straße
Fahrverbot: Braucht der schwer verletzte Unfallverursacher noch einen Denkzettel?© iStock.com/deepblue4you

Eigentlich soll ein Fahrverbot eine Art Denkzettel für Verkehrssünder sein. Gibt es auch ein Fahrverbot für einen Unfallverursacher, der selbst schwer verletzt wurde? Ein Urteil des Kammer­gerichts Berlin.

Der Fall: Ein Motorradfahrer stieß mit einem Rettungswagen zusammen, der langsam mit Blaulicht und Sirene in eine Kreuzung eingefahren war. Der Biker erlitt bei dem Unfall einen Kreuzband- und Seiten­bandabriss am Knie und musste im Krankenhaus stationär behandelt werden. Aufgrund der schweren Verletzungen war er längere Zeit arbeits­unfähig.

Unfallverursacher selbst schwer verletzt

Der Fall landete vor Gericht. Der Motorradfahrer hatte dem Einsatzfahrzeug nicht sofort freie Bahn gemacht, obwohl es mit Sirene und Blaulicht unterwegs war. Das ist ein Verkehrsverstoß, der mit einer Regelbuße von 320 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat geahndet werden kann.

Das Amtsgericht Berlin Tiergarten verurteilte den Motorradfahrer zu 200 Euro Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot. Das Bußgeld reduzierte das Gericht wegen der schweren Verletzungen des Unfallverursachers. Das Fahrverbot hielt es ohne genauere Begründung aufrecht. Der Motorradfahrer legte Rechtsbeschwerde ein.

Denkzettel durch Fahrverbot noch nötig?

Das Kammer­gericht gab dem Motorradfahrer Recht. Das Amtsgericht hätte bei der Begründung des Fahrverbots darauf eingehen müssen, ob die erheblichen Verletzungen, die der Motorradfahrer bei der Ordnungswidrigkeit erlitten hatte, schon ein ausreichender Denkzettel waren. Das hatte das Amtsgericht bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt. Es habe sich aber nicht damit auseinandergesetzt, ob man ausnahmsweise auf das Fahrverbot hätte verzichten können, weil der Motorradfahrer durch die schweren Folgen des Unfalls schon ausreichend beeindruckt war.

Fahrverbot nicht begründet

Die Amtsrichterin hatte im Zusammenhang mit der Denkzettel-Funktion des Fahrverbots ausgeführt, der Fall weise "keine wesentlichen Besonderheiten" auf. Das reiche aber nicht, so das Kammergericht. Das Fahrverbot hätte vor dem Hintergrund der erheblichen Verletzungen des Motorrad­fahrers begründet werden müssen, so das Gericht.

KG Gericht, Beschluss vom 29.7.2021, Az.: 3 Ws (B) 182/21 - 122 Ss 82/21