Urteil: Trotz Alkohol am Steuer kein Fahrverbot für Fahrrad, Mofa & Co.

Polizist hält Alkoholtester mit Promille-Anzeige 0,93 in die Kamera
Bislang hieß es: Wer den Führerschein wegen Alkohols am Steuer verliert, darf auch nicht mehr mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen. Der BayVGH kippt diese Regelung© adobe.stock.com/benjaminnolte

Wer betrunken oder unter Drogeneinfluss am Steuer eines Kfz erwischt wird, dem darf die Fahrerlaubnisbehörde das Fahren mit Fahrrad, Mofa oder E-Scooter nicht untersagen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden.

  • Fahrrad, E-Scooter und Mofa sind anders als das Auto zu behandeln

  • Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge haben anderes Gefahrenpotenzial als Autos

  • Fehlende Regeln führen zu unverhältnismäßigen Verboten

Weil er der Polizei mehrfach bei Alkoholfahrten aufgefallen war, wollte das zuständige Amt einem Mann die Nutzung von Fahrzeugen wie Mofa oder E-Scooter untersagen, für die man keinen Führerschein braucht. Doch der BayVGH urteilte nun anders.

Fahrverbot für Fahrrad ist nicht rechtens

Die Richter des BayVGH kritisierten in dem Urteil die Regelung der bundesweiten Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) als zu unbestimmt. Der entsprechende §3 der FeV – wonach die Fahrerlaubnisbehörde u.a. jemandem, der sich als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen hat, das Führen untersagen kann – lasse nicht erkennen, wann eine Person zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ungeeignet sei und wie man dies feststellen müsse, heißt es in der Urteilsbegründung.

Die für Kraftfahrzeuge geltenden Maßstäbe könnten außerdem wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials nicht auf Fahrräder oder E-Scooter übertragen werden. Das Fehlen rechtlicher Maßstäbe könne zu unverhältnismäßigen Verboten führen.

Wenn es verboten wird, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge (z.B. Fahrrad oder E-Scooter) zu fahren, wird die private Lebensgestaltung stark eingeschränkt. Das ist ein schwerer Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützte allgemeine Handlungsfreiheit, heißt es in der Urteilsbegründung.

Alkohol am Steuer: Kein Grund für Radfahrverbot

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der 2015 nach einer Alkoholfahrt mit einem Kraftfahrzeug seinen Führerschein verloren hatte. Im Jahr 2021 fiel der Mann der Polizei bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle erneut auf, als er alkoholisiert mit einem dreirädrigen Mofa unterwegs war. Nachdem er der Aufforderung, die medizinisch-psychologische Untersuchung beizubringen, nicht nachgekommen war, schloss das zuständige Landratsamt Ostallgäu daraufhin auf die Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen und untersagte dem Mann generell, motorisierte, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu fahren. Dagegen wehrte sich der Mann mit einer Klage.

Der BayVGH hob letztlich ein vorheriges Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg aus dem Februar 2022 auf. Die BayVGH-Entscheidung vom 17. April (Az.: 11 BV 22.1234) ist noch nicht rechtskräftig.

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Im konkreten Fall geht es um die Untersagung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen durch die Fahrerlaubnisbehörde. Laut dem Gericht ist das nicht mehr so einfach möglich.

Aber Achtung: Wer beispielsweise mit 0,5 Promille auf einem Mofa oder E-Scooter erwischt wird, der bekommt weiterhin im Regelfall ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot. Und dieses Fahrverbot gilt dann auch für fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge. Das heißt, während der Zeit des Fahrverbots darf man weiterhin nicht E-Scooter oder Mofa fahren.

Der Hintergrund ist folgender: Man muss hier zwischen der Verhängung eines Fahrverbotes wegen einer Trunkenheitsfahrt in Bußgeld- oder Strafsachen einerseits und dem verwaltungsrechtlichen, also behördlichen Verfahren vor einer Fahrerlaubnisbehörde andererseits unterscheiden. Die Entscheidung des BayVGH bezieht sich nur auf das Letztere.

Die Fahrerlaubnisbehörde kommt in der Regel ins Spiel, wenn jemand stark alkoholisiert oder auch mehrfach im Straßenverkehr negativ aufgefallen ist und dieses Verhalten Bedenken auslöst, ob derjenige zum Führen von Fahrzeugen überhaupt geeignet ist. Die Fahrerlaubnisbehörde kann, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweist, z. B. wenn die betroffene Person eine angeordnete MPU verweigert, das Führen von Fahrzeugen untersagen. Laut dem vorliegenden Gerichtsurteil darf sich dies aber nicht auf Fahrzeuge erstrecken, die keine Fahrerlaubnis erfordern, also z.B. E-Scooter und Mofas. Fahrverbote, die auf Grundlage des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts (i.d.R. durch Gerichte) verhängt werden, sind davon unberührt.

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Mit Material von dpa.