Fahrerflucht auf Privatgelände

Frau telefoniert neben einem Auto, bei dem der Spiegel abgebrochen ist.
Wer nach einem Unfall im Straßenverkehr einfach weiterfährt, begeht Unfallflucht© Shutterstock/vimpro

Jemand beschädigt auf einem Privatgelände ein anderes Auto und fährt dann einfach davon. Ist das ein klarer Fall von Unfallflucht? Das hatte das Amtsgericht Nürtingen zu entscheiden.

Der Fall: Dem Fahrer eines Sattelzugs wurde vorgeworfen, auf einem Firmengelände einen anderen Lastwagen gestreift und dadurch einen Schaden von mehr als 3800 Euro verursacht zu haben. Er habe Unfallflucht begangen, weil er sich von der Unfallstelle entfernt habe, bevor der Schaden protokolliert werden konnte. Der Fall ging vor Gericht.

Lkw-Fahrer baut Unfall auf Privatgelände

Das Amtsgericht Nürtingen sprach den Lkw-Fahrer vom Vorwurf der Unfallflucht frei. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es sich bei dem Firmengelände nicht um öffentlichen Verkehrsraum handele. Den Straftatbestand einer Unfallflucht könne man aber nur auf öffentlichen Verkehrsflächen begehen, so das Gericht.

Strafbare Unfallflucht nur in öffentlichem Verkehrsraum

Das Gelände sei durch ein massives Eisengitter gesichert und die Zufahrten durch Schranken abgesperrt. Nur ein sehr eng begrenzter Personenkreis von etwa 40 Fahrern der Lieferanten hätten jederzeit Zugang zum Gelände. Dieses hätte einen Zugangscode, mit dem das Eisengitter geöffnet werden kann. Nachts schließe ein Wach- und Schließdienst das Tor, falls es unabsichtlich offen geblieben ist.

Privatgelände mit Gittern abgesperrt

Das massive Eisengitter, mit dem das Gelände abgesperrt ist, stehe zwar tagsüber auch längere Zeit offen, damit die Lkw-Fahrer das Firmengelände ungehindert erreichen können. Das ändere aber nach Ansicht des Gerichts nichts daran, dass es für Außenstehende erkennbar ist, dass das Firmengelände nicht zur Benutzung durch die Allgemeinheit zur Verfügung stehe.

AG Nürtingen, Urteil vom 29.10.2018, Az.: 11 Cs 71 Js 20096/18

Hinweis der ADAC Juristinnen und Juristen:

Ein öffentlicher Verkehrsraum ist dann gegeben, wenn dieser allen Personen oder einem allgemein bestimmten Personenkreis (wie zum Beispiel den Kunden eines Supermarkts) dauernd oder vorübergehend zur Benutzung offen steht. Dazu zählen auch öffentliche Parkplätze und Supermarktparkplätze. Ob der Parkplatz kostenpflichtig ist, spielt keine Rolle. Wer nach einem Unfall auf einer solchen öffentlichen Verkehrsfläche einfach weiterfährt, kann sich also der Unfallflucht schuldig und damit strafbar machen. Das hat auch Auswirkungen auf die Regulierung durch die Kfz-Haftpflichtversicherung und den Führerschein.