Urteil: Bergrettung beim Wandern – das kann teuer werden

Ein Helikopter der Bergrettung fliegt am Himmel
Bergrettung mit dem Helikopter: Müssen Wanderer zahlen?© Shutterstock/Nadezda Murmakova

Nur mit einem Helikopter kamen ein Alpinist und seine unerfahrene Begleiterin bei einer Wanderung wieder vom Berg herunter: Aus Angst wollte die Frau nicht weitergehen. Wer muss für die kostspielige Bergrettung zahlen? So entschied das Landgericht München.

Der Fall: Zwei Wanderer – ein Mann, alpin erfahren, aber ohne qualifizierte Ausbildung und eine Frau, am Berg eher unerfahren – unternahmen eine Bergtour auf die anspruchsvolle Rappenklammspitze im Karwendel.

Bergrettung alarmiert

Unterhalb des Gipfels wollte die Frau nicht weitergehen, der Weg war ihr wegen Fels und Eis zu schwierig. Die beiden Wanderer beschlossen daraufhin eine Rundtour zu machen, anstatt auf den Gipfel zu gehen, und dann über einen anderen Weg ins Tal abzusteigen. Nachdem sie keine Landkarte dabei hatten, lotste der Mann sie mit dem Smartphone weiter. Dabei wurde es immer schwieriger, den Weg zu finden.

Die Frau bekam Bedenken, weil sie immer auf derselben Höhe weitergingen und es bald dunkel werden würde. Sie drängte aber nicht zur Umkehr. Als die Wanderer schließlich an einer Felswand angelangt waren, die die Frau nicht hinuntersteigen wollte, blieb ihnen angesichts der zunehmenden Dunkelheit nur ein Ausweg: Sie mussten die Bergrettung alarmieren. Kosten für die Flugrettung: knapp 8500 Euro, die die Frau zunächst allein bezahlte.

Bergnot: Helikopter muss helfen

Die Frau klagte und verlangte von ihrem erfahreneren Berggefährten die Kosten ersetzt. Sie argumentierte, der Mann habe die Route vorgeschlagen, die Navigation mit dem Smartphone übernommen und die Wanderung angeführt. Er habe als faktischer Bergführer dafür sorgen müssen, dass sie nicht unterkühle.

Eigenverantwortung gefragt

Das Landgericht München wies die Klage ab. Bei einer rein privaten Freizeitveranstaltung wie einer gemeinsamen Bergtour stehe der soziale Kontakt im Vordergrund und nicht der Wille der Beteiligten, sich rechtlich zu binden. Dass der Mann die Tourenplanung und die Navigation übernommen habe, sei als eine Gefälligkeit des täglichen Lebens anzusehen, so das Gericht. Denn es handelte sich nicht um eine kommerziell geführte Tour, sondern um einen privaten Ausflug.

Das Gericht betonte, wie sonst im Leben gelte im Gebirge das Prinzip der Eigenverantwortung des Einzelnen. Im Regelfall habe jeder Alpinist zunächst für sich selbst zu sorgen.

Wanderbegleiter ja, Bergführer nein

Dem Wanderer sei die Führungsrolle auf der Tour wegen seiner Erfahrung und Leistungsfähigkeit zugefallen. Er habe dadurch aber nicht die gleiche Rolle wie ein kommerzieller Wanderführer, der eine geführte Tour anbietet und gegen den vertragliche Ansprüche möglich seien.

Dass der Mann sich zuvor in einem Online-Chat flirtenderweise als "Ihr persönlicher Bergführer" angepriesen hatte, ändere daran nichts, so das Gericht. Es führte aus, eine private Wanderung sei eine Gefahrengemeinschaft, eine Haftung des Mannes sei daher ausgeschlossen.

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Wanderin muss Einsatz bezahlen

Die beiden Wanderer hätten die Entscheidungen am Berg gemeinsam getroffen, so das Gericht weiter. Die Frau entschied unterhalb des Gipfels, dass sie wegen der Verhältnisse dort nicht weitergehen wollte. Das zeige, dass sie in der Lage war, ihre eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, dies gegenüber ihrem Wandergefährten zu artikulieren und eine gemeinsame Entscheidung zum weiteren Verlauf der Tour herbeizuführen.

Auch hätten die beiden gemeinsam entschieden, die Bergrettung zu rufen. Der Wanderer habe nicht die Gesamtverantwortung für "die Gruppe" übernommen.

Das Gericht entschied, die Wanderin sei für den Rettungseinsatz verantwortlich und habe deshalb die Kosten dafür allein zu tragen. Der selbsternannte "Bergführer" kam also glimpflich davon. Aus dem Flirt unter Bergfreunden dürfte aber wohl nicht mehr geworden sein.

LG München I, Urteil vom 24.10.2023, Az.: 27 O 3674/23