EU-Führerschein-Reform: Müssen Senioren bald zum Fahrtauglichkeits-Check?

Senior sitzt hinter Steuer im Auto
EU plant Führerscheine von Senioren zu befristen und damit Fahrtauglichkeits-Check zu erleichtern© iStock.com/FlamingoImages

Die EU plant eine Führerschein-Reform, um die Zahl der Verkehrstoten zu senken. Sie sieht auch vor, dass Rentnerinnen und Rentner alle fünf Jahre zum Fahrtauglichkeits-Check sollen. Verkehrsminister Volker Wissing ist skeptisch.

  • Pflicht zur Verlängerung des Führerscheins alle fünf Jahre geplant

  • Pkw- und Motorrad-Fahrerlaubnis aktuell in Deutschland unbefristet gültig

  • ADAC und Verkehrsminister sehen den EU-Entwurf kritisch

Im Jahr 2022 starben in EU-Ländern 20.600 Menschen im Straßenverkehr. Die Europäische Union will die Verkehrssicherheit auf europäischen Straßen erhöhen und plant deshalb unter anderem eine Führerscheinreform. Im Blick hat sie dabei auch ältere Autofahrerinnen und Autofahrer.

Künftig sollen Seniorinnen und Senioren über 70 möglicherweise alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen. In einigen EU-Ländern ist das bereits Praxis. Nach dem Entwurf der Richtlinie müssen alle Mitgliedstaaten Führerscheine von Personen, die 70 Jahre alt sind, auf maximal 5 Jahre befristen. So können Verkehrstauglichkeitsüberprüfungen oder Auffrischungskurse in allen Mitgliedstaaten leichter eingeführt werden. Ob das auch in Deutschland umgesetzt wird und wie ein derartiger Check aussehen könnte, ist offen.

Rentner am Steuer: Führerschein hat kein Verfallsdatum

In Deutschland hat die Pkw- und Motorrad-Fahrerlaubnis kein Verfallsdatum. Einmal bestanden, gilt sie ein Leben lang. Davon ausgenommen ist nur ein Teil der früheren Führerscheinklasse 3. Fahrberechtigungen für Gespanne über 12 Tonnen sind bereits jetzt befristet.

Bei Pkw- und Motorrad-Fahrerlaubnissen kann die Führerscheinbehörde nur in begründeten Fällen eine Überprüfung anordnen. Das bestehende – so genannte anlassbezogene – System für Testverfahren hält der ADAC für ausreichend und betont, dass der Anlass nicht allein das Alter sein kann.

ADAC: Senioren keine schlechteren Autofahrer

Zwar kann es mit zunehmendem Alter zu Leistungseinbußen kommen, dennoch ist das Unfallrisiko älterer Kraftfahrer nicht außergewöhnlich hoch. Daher lehnt der ADAC die geplanten Maßnahmen, die sich auf ein bestimmtes Alter beziehen, ab.

Erkrankungen und Medikamente können die Verkehrssicherheit negativ beeinflussen. Falls gesundheitliche Probleme festgestellt werden, sollte daher das Gespräch mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin gesucht werden, um eine Einschätzung der eigenen Fahreignung zu erhalten sowie ggf. weitere Maßnahmen einzuleiten – dies gilt für alle Altersgruppen.

ADAC: EU-Pläne sind nicht verhältnismäßig

Eine gesetzliche Verpflichtung von Eignungsuntersuchungen von Seniorinnen und Senioren erachtet der ADAC als nicht verhältnismäßig. Denn gerade ältere Verkehrsteilnehmende zeichnen sich in der Regel durch einen situationsangepassten Fahrstil sowie vorausschauendes Fahren aus. Riskante Manöver meiden sie.

Portrait von Gerhard Hillebrand

Der EU-Vorschlag zu Fahreignungstests ab dem 70. Lebensjahr geht an der Realität vorbei und kann so nicht bleiben.

ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand©ADAC/Peter Neusser

Bisher entwickelte Testverfahren zur Überprüfung der Fahreignung zielen darauf nicht ausreichend ab. Das kann dazu führen, dass geeignete Fahrende irrtümlich als ungeeignet eingestuft werden. Hinzu kommt, dass ein positives Testergebnis dazu verleiten kann, eigene Fähigkeiten weit über den Testzeitpunkt hinaus zu überschätzen.

Alle Personen, die am Straßenverkehr teilnehmen, sollten ihre Fahrfähigkeiten regelmäßig und vor allem selbstkritisch hinterfragen. Freiwillige unterstützende Elemente, wie ein FahrFitnessCheck, können einen positiven Beitrag zum Erhalt der eigenen Fahrfähigkeiten und zur Verkehrssicherheit leisten.

Verkehrsminister Wissing sieht EU-Pläne kritisch

Dass es bald verpflichtende Tests für Senioren in Deutschland geben wird, ist unwahrscheinlich: Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich bereits dagegen ausgesprochen und bekräftigte diese nun erneut anlässlich eines Treffens mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen der anderen EU-Staaten am 1. Juni in Luxemburg: "Die Frage ist doch: Gibt es überhaupt einen Grund, dass man hier zusätzliche Anforderungen stellt", sagte der FDP-Politiker.

Von älteren Autofahrerinnen und Autofahrern gingen keine signifikant höheren Unfallzahlen aus, so der Minister. Im Einzelnen müsse man sich das Thema noch mal genau anschauen. "Aber ich bin sehr skeptisch", betonte Wissing. Laut Angaben der EU-Kommission sollen Menschen über 70 alle fünf Jahre entweder eine Selbsteinschätzung zur Fahrtauglichkeit ausfüllen oder eine ärztliche Untersuchung durchführen lassen. "Die Entscheidung, ob Selbsteinschätzung oder Check beim Arzt, liegt bei den Mitgliedstaaten", schreibt die Kommission. Bezüglich verpflichtender Gesundheitstest betonte Wissing seine klar ablehnende Position.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat lehnt eine mögliche verpflichtende Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Senioren ebenfalls ab.