Autokauf: Ford storniert bestellte Dieselfahrzeuge

Produktion bei Ford: Künftig werden weniger Dieselfahrzeuge gebaut
Produktion bei Ford: Künftig werden weniger Dieselfahrzeuge gebaut© Ford

Bestellt, aber nicht geliefert: Verärgerte Ford-Kunden berichten von Stornierungen ihrer S-Max-, Galaxy- und Mondeo-Diesel. Was der Hersteller dazu sagt, und wie die Rechtslage ist.

  • Umfrage: Kraftfahrzeuggewerbe meldet branchenweit über 400.000 Stornos

  • Schadenersatz nur unter bestimmten Bedingungen möglich

  • Ford kündigt eine Lösung für Händler und Kunden an

Viele Neuwagen werden wegen der Halbleiterkrise mehrere Monate später als geplant produziert. Oder sogar storniert: Enttäuschte Ford-Kunden berichten der ADAC Redaktion, dass ihre bereits im Sommer 2021 bestellten Dieselfahrzeuge nicht mehr hergestellt werden. Betroffen sind in diesen Fällen die Baureihen S-Max, Galaxy und Mondeo.

Diesel im Sommer bestellt, im Winter storniert

Friedrich S. bestellte Anfang September 2021 einen S-Max ST-Line 190 PS Diesel mit Vollausstattung. Mitte Januar erhielt er über seinen Händler eine Stornierungsnachricht. "Wir haben also 4 Monate umsonst gewartet", sagt S., "der Gebrauchtwagenmarkt ist leergefegt und an eine neue Bestellung ist nicht zu denken." Aber die Familie, die vor Kurzem das dritte Kind bekommen hat, muss handeln. "Nun werden wir in den sauren Apfel beißen müssen und ein aktuell völlig überteuertes Gebrauchtfahrzeug kaufen", so Friedricht S. , "ich kann es nicht fassen, dass Ford so mit seinen Kunden umgeht."

Sebastian B. unterschrieb im August 2021 den Vertrag für einen S-Max Vignale mit Vollausstattung. Liefertermin: Juli 2022. Anfang Januar teilte ihm sein Händler mit, Ford habe seinen Diesel storniert. Als Alternative bot er ihm die Hybrid-Variante des S-Max an, sogar zu etwas besseren Konditionen als den Diesel – ein Angebot, das B. interessant findet. "Der Händler ist fair, aber das Verhalten von Ford finde ich nicht gut", sagt er. "Wenn man etwas verkauft, sollte man es auch liefern."

Ein Ford S-Max fährt auf einer Strasse
Nicht mehr mit 2-Liter-Diesel-Motor zu haben: Ford S-Max© Ford

Das findet auch Uwe B., der seit neun Monaten auf seinen Ford S-Max ST-Line wartet. Im November liest er in einem Internetforum Gerüchte, dass Ford die Produktion von Dieselfahrzeugen der Modelle S-Max und Galaxy für einige Monate aussetze oder sogar Ende Februar 2022 ganz einstelle. Kurz vor Weihnachten gibt es erste Meldungen von Stornos im Forum. Am 6. Januar meldet sich auch der Händler von Uwe B. mit "unglaublich schlechten Nachrichten". Ford werde das bestellte Fahrzeug nicht mehr liefern.

B. fährt einen S-Max-Hybrid Probe, der aber für ihn "keine echte Alternative ist". Dann meldet sich Ende Januar der Händler erneut. Einige Diesel würden doch noch produziert, habe er gehört, allerdings mit Abstrichen bei der Ausstattung. B. fragt bei Ford nach, wird an seinen Händler verwiesen. Trotz dieser Hängepartie möchte er unbedingt seinen Diesel-S-Max, hält vorerst an seiner Bestellung fest. Aber von Ford ist er enttäuscht. "Das Schlimmste ist die Informationspolitik von Ford", sagt er, "und dass Händler und Kunden so im Regen stehen gelassen werden."

Wie andere Betroffene hören Sebastian und Uwe B. von ihren Händlern, dass sich Ford für die verärgerten Diesel-Kunden noch etwas einfallen lassen wolle. Was genau, erfahren sie nicht.

Umfrage: Mehr als 400.000 Stornierungen in drei Monaten

Dass bestellte Autos nicht geliefert werden können, ist ein Problem, das die ganze Branche betrifft: In einer Umfrage des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe meldeten die bundesweit 884 teilnehmenden Händler Mitte Januar rund 430.000 Stornierungen durch Hersteller und Importeure in den vergangenen drei Monaten.

ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn hat den Eindruck, dass die Hersteller ihre Probleme abwälzen auf Händler und Kunden, die durch lange Lieferzeiten schon genug gebeutelt seien. Peckruhn: "Wenn ich als Hersteller einen Auftrag annehme, dann muss ich auch dafür sorgen, dass das Fahrzeug gebaut und geliefert wird, Halbleiterkrise hin oder her."

Ein Ford Autohaus in der Ukraine
Bei Ford-Händlern werden immer mehr E-Modelle und kaum noch Diesel angeboten© Shutterstock/Solarisys

Ford spricht von wenigen Fällen

Was sich Ford einfallen lassen will, teilt die Pressestelle der Ford-Werke in Köln auf ADAC Anfrage nicht mit. Der Sprecher bestätigt nur, dass etwas geplant ist. "Wir arbeiten an einer einvernehmlichen Lösung für Kunden und Händler", schreibt er. Auf die Frage, warum bereits bestellte Dieselfahrzeuge nicht mehr produziert werden, antwortet Ford nicht. Nur so viel: "Es handelt sich um eine geringe Anzahl von Kundenbestellungen, die nicht mehr abgebaut werden konnten oder können."

Immer mehr Kunden würden sich für E-Autos entscheiden, teilt der Pressesprecher mit, das sei die Zukunft von Ford. Daher habe man 2021 beschlossen, für den Focus, den S-Max, den Mondeo und den Galaxy den 2-Liter-EcoBlue-Dieselmotor nicht mehr anzubieten. Auch für den Kuga werde das Angebot an Dieselmotoren eingeschränkt. Aber man sei zuversichtlich, den Kunden moderne Alternativen zum Diesel bieten zu können. So gebe es etwa für den S-Max und Galaxy den 2,5 Liter-Benziner Full-Hybrid.

ADAC Juristin: Hohe Hürden für Schadenersatz

Autokäuferinnen und -käufer, die nicht mehr darauf warten wollen, ob ihr Neuwagen doch noch geliefert wird, können aus dem Vertrag aussteigen. Sechs Wochen nach Verstreichen des vereinbarten Liefertermins können sie dem Händler eine Frist setzen, in der Regel zwei Wochen. Und gleichzeitig ankündigen, dass sie vom Vertrag zurücktreten, wenn das Fahrzeug bis dahin nicht geliefert wird.

Wer Schadenersatz für die lange Wartezeit oder die Stornierung seines bestellten Autos geltend machen möchte, steht vor hohen Hürden. Erstens muss der Schaden durch die entgangene Mobilität konkret beziffert werden, seien es die Kosten für einen Mietwagen, weil das alte Auto schon verkauft ist. Oder der Aufpreis für den Kauf eines vergleichbaren Fahrzeugs.

Dann kommt die höchste Hürde: "Ansprüche hat der Verbraucher nicht gegen den Hersteller, sondern nur gegen den Händler, weil er mit ihm den Kaufvertrag geschlossen hat", sagt Silvia Schattenkirchner, Leiterin Verbraucherrecht beim ADAC. "Aber der Händler ist ja für die Produktionsumstellung des Herstellers nicht verantwortlich." Schadenersatz müsste der Händler nur dann zahlen, wenn bei ihm ein Verschulden vorliegt. Also zum Beispiel, wenn er das Auto noch verkauft hat, obwohl er wusste, dass es nicht mehr produziert wird. Schattenkirchner: "Das ist schwer nachzuweisen, daher gehen Verbraucher hier oft leer aus."