Auto-Desinfektion nach der Reparatur: Wer zahlt die Kosten?

Viele Werkstätten desinfizieren seit der Corona-Pandemie die Fahrzeuge, um Mitarbeiter und Kunden zu schützen. Wer muss die Kosten dafür tragen? Und was gilt bei einem Haftpflichtschaden?
Kosten für Desinfektion schon bei Auftragserteilung klären
Unverschuldeter Unfall: Gerichte bei Desinfektionskosten uneinig
Bundesgerichtshof hat nicht abschließend entschieden
Die Corona-Pandemie hat auch Auswirkungen auf Werkstattaufträge und die Begutachtung von Fahrzeugen: Wer muss die Kosten für eine Desinfektion des Autos nach Abschluss der Arbeiten bezahlen? ADAC Clubjuristinnen erklären die Rechtslage.
Desinfektion: Was die Werkstatt verlangen darf
Wichtig zu wissen: Arbeiten, die nicht Teil des Reparaturauftrags sind und damit nicht zum Vertrag gehören, darf die Werkstatt nicht in Rechnung stellen. Will sie dafür Geld, muss die Werkstatt Sie vorab über die anstehenden Arbeiten informieren und sich Ihr Einverständnis dafür einholen.
Nur bei einem sehr allgemein formulierten Vertrag (zum Beispiel bei Inspektion oder Sommerservice) müssen Sie möglicherweise für Leistungen zahlen, die Sie nicht ausdrücklich beauftragt haben. Aber nur, wenn die Arbeiten üblicherweise zum Gesamtauftrag gehören. Ob dazu auch Desinfektionskosten zählen, ist umstritten.
Tipp: Klären Sie mit der Werkstatt oder dem Gutachter die Desinfektion des Autos samt anfallenden Kosten am besten vor Erteilung des Auftrags.
Desinfektion nach unverschuldetem Unfall
Ihr Auto muss nach einem unverschuldeten Unfall zur Reparatur oder Begutachtung in die Werkstatt. Hier ist streitig, ob und in welchem Umfang die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Desinfektionskosten zahlen muss. Die Gerichte nehmen aktuell überwiegend eine Erstattungspflicht an. Die ADAC Clubjuristinnen stellen aktuelle Urteile vor.
BGH: Sachverständiger darf nach eigenem Hygienekonzept arbeiten
Der Kläger wurde unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt und ließ sein Auto von einem Sachverständigen begutachten. Es wurde vor und nach Besichtigung desinfiziert. Der Sachverständige stellte dafür 17,85 Euro in Rechnung. Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers wollte nicht zahlen. Die Sache ging vor Gericht.
Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 23.9.2021, Az.: 5 S 42/21) sprach dem Geschädigten in der Vorinstanz nur die Hälfte der Desinfektionskosten zu. Der Grund: Eine Desinfektion vor und nach der Begutachtung sei objektiv nicht erforderlich.
Der Bundesgerichtshof (BGH) sah das anders. Ob und wann eine Desinfektion aus objektiver Sicht notwendig sei, spiele für die Erstattungspflicht der Versicherung keine Rolle. Der Sachverständige könne ein individuelles Hygienekonzept für seine Arbeit erstellen, so die Richter. Bei der Kostenberechnung dürfe er in der Regel selbst entscheiden, ob er die Desinfektionskosten extra ausweist oder in das Grundhonorar einfließen lässt.
Der BGH hat den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 13.12.2022, Az.: VI ZR 324/21). Eine abschließende Klärung der Frage, wie eine Kostenvereinbarung zwischen Sachverständigem und Geschädigtem getroffen werden muss und was bei einer fehlenden Vereinbarung zu beachten ist, steht noch aus.
Landgericht Stuttgart: Desinfektionskosten als Pauschale erstattungsfähig
Nach einem fremdverschuldeten Unfall musste die Klägerin ihr Fahrzeug in der Werkstatt für 6.446,78 Euro reparieren lassen. Auf der Rechnung standen auch 57,30 Euro für die Auto-Desinfektion nach Reparatur. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers wollte diese Kosten allerdings nicht erstatten.
Das LG Stuttgart ist der Ansicht, dass der Unfallgeschädigte in Zeiten der Corona-Pandemie eine Desinfektion der wesentlichen Kontaktflächen vor Abholung des Fahrzeugs erwarten dürfe. Allerdings schätzt es die hierfür anfallenden Kosten auf pauschal 25 Euro, die Haftpflichtversicherung musste nur diese Pauschale bezahlen (Urteil vom 21.7.2021, Az.: 13 S 25/21).
Landgericht Aachen spricht konkrete Kosten für Desinfektion zu
Das Landgericht Aachen verurteilte den Haftpflichtversicherer eines Unfallverursachers zur Zahlung von Desinfektionskosten in Höhe von 44,19 Euro brutto (Urteil vom 21.10.2021, Az.: 4 O 63/21).