Allergie gegen Meeresfrüchte: Das müssen Sie wissen
Einigen wird der Genuss von Meeresfrüchten durch eine Allergie verleidet. Aber wie erkennt man eine Überempfindlichkeit, woher kommt sie und was lässt sich dagegen tun?
Symptome einer Meeresfrüchteallergie ähneln anderen Nahrungsmittelallergien
Starke allergische Reaktionen können lebensbedrohlich sein
Ursachenbehandlung ist noch nicht möglich
Viele Menschen freuen sich darauf, im Urlaub am Meer frischen Fisch oder Meeresfrüchte zu genießen. Ein Restaurantbesuch führt bei einigen jedoch zu unerwünschten Folgen. Allergien gegen Meeresfrüchte sind relativ selten, nur eine von etwa 1000 Personen zeigt Symptome einer solchen Überempfindlichkeit. Häufig sind Menschen betroffen, die regelmäßig in Kontakt mit Meeresfrüchten kommen, beispielsweise bei der Arbeit in der Küche oder der Fischerei.
Meeresfrüchteallergie: Die Symptome
Typische Symptome einer Meeresfrüchteallergie treten meist einige Minuten bis wenige Stunden nach dem Verzehr von Garnelen oder Schalentieren wie Muscheln und Tintenfischen auf. Die Schleimhaut von Mund- und Rachenraum beginnt dann häufig zu kribbeln und anzuschwellen (orales Allergiesyndrom). Weitere leichte Symptome einer Meeresfrüchteallergie sind:
Bauchschmerzen, Durchfall und/oder Erbrechen
Juckende und gerötete Haut, zum Teil mit entzündlichem Ausschlag
Beschwerden der Atemwege wie laufende Nase oder anfallsartig auftretende hochgradige Atemnot (Asthma)
Atemwegsbeschwerden bei der Meeresfrüchteallergie können auch ohne den Verzehr entstehen. Schon der Kontakt mit allergenhaltiger Luft löst dann Symptome aus. Zum Beispiel, wenn in Aerosol oder Dampf winzige Eiweißteile von Meeresfrüchten enthalten sind.
Eine Meeresfrüchteallergie kann in seltenen Fällen auch zu schwerwiegenden Symptomen wie einem anaphylaktischen Schock führen. Dabei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen medizinischen Notfall. Er geht mit Kreislauf- und Atembeschwerden einher und erfordert deshalb eine sofortige notärztliche Versorgung.
Wann ist ärztlicher Rat notwendig?
Wenn Sie unsicher sind, ob es sich um eine Meeresfrüchteallergie handelt oder wenn sich schwere Symptome wie eine Atemnot entwickeln, ist es ratsam, umgehend eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen. Da die Meeresfrüchteallergie unter Umständen zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock führen kann, ist es im Zweifel besser, frühzeitig medizinischen Rat einzuholen.
Die Symptome der Meeresfrüchteallergie ähneln in vielen Fällen denen einer Fischvergiftung. Eine Unterscheidung ist deshalb oft schwierig.
Woher kommt die Überempfindlichkeit?
Wenn Stoffe in den Körper gelangen, prüft das Immunsystem, ob sie eventuell gefährlich sind und unschädlich gemacht werden müssen. So erfolgt beispielsweise gegen schädliche Bakterien oder von ihnen abgesonderte Giftstoffe (Toxine) eine Immunreaktion. Bei eigentlich ungefährlichen Verbindungen wie etwa Nahrungsbestandteilen, bleibt diese aus.
Bei Menschen mit einer Allergie stuft der Körper allerdings bestimmte, an sich harmlose Eiweiße (Proteine) als gefährlich ein und bekämpft sie. Diese allergieauslösenden Proteine werden als Allergene bezeichnet. Zu ihnen gehören neben Pflanzenpollen, die Heuschnupfen auslösen, auch Nahrungseiweiße, zum Beispiel Tropomyosin, das in Meeresfrüchten, Schalen- und Krustentieren enthalten ist. Aber auch andere Muskeleiweiße oder Enzyme können eine Rolle spielen.
Um die Allergene unschädlich zu machen, bildet der Körper Antikörper. Bei Allergien sind das häufig sogenannte Immunglobuline vom Typ E (IgE), die Mastzellen aktivieren. Dabei handelt es sich um Immunzellen, die daraufhin den Signalstoff Histamin freisetzen. Die Reaktion auf dieses Signal führt am Ende zu den typischen Allergie-Symptomen.
Bei diesen sogenannten Überempfindlichkeitsreaktionen vom Typ I werden erst nach einem ersten Kontakt Antikörper gebildet. Allergische Reaktionen treten daher frühestens beim zweiten Aufeinandertreffen mit dem allergieauslösenden (oder einem sehr ähnlichen) Eiweiß auf. Bei der Diagnose von Allergien wird das Blut oft auf bestimmte IgE-Antikörper untersucht.
Warum genau es zu überschießenden Immunreaktionen wie bei der Meeresfrüchteallergie kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Man geht aber von einer genetischen Veranlagung im Zusammenspiel mit zusätzlichen Faktoren aus.
Unverträglichkeit oder Allergie?
Nahrungsmittelunverträglichkeit ist ein allgemeiner Überbegriff für wiederholt auftretende Symptome nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel. Diese können mit oder ohne Beteiligung des Immunsystems auftreten.
Eine Nahrungsmittelallergie ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die durch eine Immunreaktion ausgelöst wird und nicht auf Toxinen in der Nahrung basiert (auch diese können das Immunsystem alarmieren, dann handelt es sich aber nicht um eine Allergie).
Daneben können Nahrungsmittelunverträglichkeiten auch auf Intoleranzen oder Störungen bei der Aufnahme bestimmter Nährstoffe (Malabsorption) beruhen, hierbei ist das Immunsystem nicht beteiligt. Allergien richten sich häufig gegen Nahrungsmittel wie Äpfel, Nüsse, Meeresfrüchte oder Fisch. Intoleranz oder Malabsorption kommen zum Beispiel bei Zuckern wie Milchzucker (Laktose) oder Fruchtzucker vor.
Das sind die Symptome
Die Symptome bei einer Nahrungsmittelallergie sind meist Übelkeit und Erbrechen, daneben aber auch typische Allergieanzeichen wie Juckreiz oder eine laufende Nase. Sie können bis hin zu einem lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock reichen, der mit Bewusstseinsstörungen, Herz-Kreislauf-Problemen und Atemnot einhergeht. Bei Intoleranz beziehungsweise Malabsorption stehen dagegen Symptome des Verdauungstrakts im Vordergrund, zum Beispiel Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall.
Wann treten die Symptome auf?
Bei Allergien zeigen sich die Symptome meist innerhalb weniger Minuten oder Stunden. Bei Intoleranz und Malabsorption treten sie dagegen eher im Laufe des Verdauungsvorgangs auf, also erst nach einigen Stunden. Sie klingen in der Regel schneller ab und sind weniger schwerwiegend als bei den Überempfindlichkeitsreaktionen.
Welche Meeresfrüchte lösen Allergien aus?
Der Begriff Meeresfrüchte umfasst alle essbaren Tiere, die im Meer leben und die nicht zu den Wirbeltieren gehören. Zu diesen zählen Weichtiere (Schalentiere) und Krebstiere (Krustentiere):
Muscheln, zum Beispiel Austern oder Miesmuscheln
Schnecken, beispielsweise Seeohren (Abalonen)
Tintenfische wie Calamari oder Oktopus
Garnelen (Shrimps), Krabben, Hummer und Langusten
Die Tiere, die als Meeresfrüchte zusammengefasst werden, sind nicht sehr nah verwandt, weshalb sich ihre allergieauslösenden Eiweiße teilweise stark unterscheiden.
Wer gegen Schalentiere allergisch ist, muss deshalb nicht zwangsläufig auch auf Krustentiere reagieren oder umgekehrt. Es kommt jedoch häufig zu sogenannten Kreuzallergien. So kann eine Person, die eigentlich auf eine bestimmte Muschelart überempfindlich reagiert, auch auf die Proteine von anderen Schalentieren wie Tintenfischen oder Schnecken eine Reaktion zeigen.
Manche Menschen mit einer Allergie gegen Hausstaubmilben reagieren auch auf die Eiweiße von Krebstieren. Dies liegt daran, dass Spinnentiere, zu denen die Milben gehören, entwicklungsgeschichtlich mit den Krebstieren verwandt sind und deshalb einige gleiche oder ähnliche Proteine beziehungsweise Allergene besitzen.
Bei einer Fischallergie ist man häufig nur gegen bestimmte, in der Regel eng verwandte Fischarten allergisch. Kreuzallergien zwischen Fischen und Meeresfrüchten gibt es nicht, trotzdem kann es vorkommen, dass Personen auf beide Nahrungsmittel überempfindlich reagieren.
Meeresfrüchteallergie – was tun?
Wenn eine Überempfindlichkeit gegen Meeresfrüchte bekannt ist, ist es wichtig, sie nach Möglichkeit zu meiden. Dies gilt gleichermaßen für die Dämpfe, die bei ihrer Zubereitung oder Verarbeitung entstehen. Auch in Surimi, Fischsoßen oder Ähnlichem können entsprechende Allergene von Meeresfrüchten enthalten sein.
Für Menschen, die sehr stark auf Meeresfrüchteallergene reagieren, ist eine genaue ärztliche Abklärung ratsam. Sie erhalten dann in der Regel ein Set mit Notfallmedikamenten, welches sie immer bei sich tragen sollten. Dieses enthält idealerweise einen Adrenalinautoinjektor und ein Antihistaminikum oder Kortikosteroid, um im Notfall die Symptome schnell mindern zu können. Wie das Notfallset anzuwenden ist, wird meist in der Arztpraxis oder einer Schulung vorgeführt.
Ist eine Meeresfrüchteallergie heilbar?
Bisher sind Allergien gegen Meeresfrüchte nicht heilbar. Ein Allergologe oder eine Allergologin kann unter Umständen mit weiterführender Diagnostik bestimmen, ob einzelne Arten unbedenklich sind und gegessen werden dürfen. Molekularbiologische Methoden für eine immer präzisere Diagnose, auf welche Meeresfrüchtearten Betroffene reagieren, sind Gegenstand der aktuellen Forschung.
Außerdem wird derzeit versucht, Tiere zur Nahrungsmittelherstellung zu züchten, deren Proteine deutlich weniger allergen wirken. Zusätzlich forschen Wissenschaftler an der Entwicklung von Hypoallergenen. Sie ähneln den natürlichen Eiweißen und reduzieren die Immunantwort auf allergieauslösende Stoffe, wodurch auch die Symptome gelindert werden. Sie sollen als eine Art "Impfung" eingesetzt werden können, um allergische Reaktionen gegen die Eiweiße von Meeresfrüchten abzumildern oder ganz zu unterbinden. Bis zur Marktreife dürfte es aber noch einige Jahre dauern.
Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.
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