Fitness-Tracker: Werte verstehen und richtig einordnen

Fitness-Tracker und Smartwatches sind beliebt bei Freizeitsportlern. Neben Schritten und Herzfrequenz können manche Modelle auch den Blutsauerstoff oder ein einfaches EKG aufzeichnen – doch nicht alle Messwerte sind zuverlässig.
Schritte und Pulsfrequenz können beim Sport animieren
Aussagekraft bestimmter Werte ist mit Vorsicht zu genießen
Geräte warnen nicht vor Herzinfarkt
Vom Büroangestellten bis zur Rentnerin nutzen immer mehr Menschen sogenannte Wearables. Einige Funktionen dieser Smartwatches lassen sich medizinisch sinnvoll interpretieren – mit gewissen Einschränkungen.
Was zeigt eine Fitness-Uhr an?
Je nach Hersteller und Modell bieten Smartwatches und Fitness-Armbänder unterschiedliche Funktionen:
Zurückgelegte Schritte zählen
Herzfrequenz in Ruhe und beim Training aufzeichnen
Streckendaten erfassen, etwa beim Wandern oder Radfahren
Fitnessdaten wie den VO2max-Wert und den Kalorienverbrauch abschätzen
Einen Notruf absetzen
Viele Smartwatches registrieren darüber hinaus anhand der Puls- und Bewegungsdaten Schlafphasen und Schlafqualität. Manche können ein vereinfachtes Elektrokardiogramm (EKG) aufzeichnen und somit Hinweise auf mögliche Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern liefern.
Fast alle Modelle lassen sich mit dem Smartphone koppeln. Passende Apps fassen die Messwerte nicht nur zusammen, sondern treffen auch Empfehlungen und Prognosen – zum Beispiel über den Trainingsfortschritt, die Schlafqualität oder den weiblichen Zyklus.
Fitness-Tracker oder Smartwatch?
Während sich bei einem Fitness-Tracker die Funktionen zumeist auf gesundheitsbezogene Daten wie Herzfrequenz und Schritte beschränken, können Smartwatches noch einiges mehr. Als Nutzerin oder Nutzer können Sie eine eigene SIM-Karte einstecken, um mit der Uhr zu telefonieren und Nachrichten zu verschicken. Daneben können Sie beispielsweise einen mit anderen Geräten synchronisierten Kalender führen, Wetterdaten abrufen, bargeldlos bezahlen oder Musik streamen. Smartwatches haben in der Regel einen größeren Bildschirm und sind auch teurer als reine Fitness-Tracker.
Fitness-Tracker – Werte im Überblick
Messwert | Abkürzung | Erklärung/Einheit | Parameter für |
---|---|---|---|
Herzfrequenz | HF HR (heart rate) | Schläge pro Minute, bmp (beats per minute) | Gesundheits- und Trainingszustand in Ruhe und bei Belastung |
Herzfrequenz-Variabilität | HFV HRV (heart rate variability) | Abweichungen der Zeit zwischen aufeinanderfolgenden Herzschlägen in Millisekunden (ms) | Grad der Erholung oder Stressbelastung |
Atemfrequenz | AF | Atemzüge pro Minute, brpm (breathing rate per minute) | Gesundheits- und Trainingszustand, Schlaftiefe und -qualität |
Maximale Sauerstoff-Aufnahme | VO₂max | Sauerstoffmenge, die der Körper bei höchster Belastung aufnehmen kann | Ausdauerleistung des Herz-Kreislauf-Systems |
Grundumsatz | BMR (basal metbolic rate) | Kilokalorien pro Tag (kcal/d) | Energieverbrauch des Körpers in Ruhe |
Aktivitätsenergie | Aktivitäts-Kalorien | Verbrauchte Kilokalorien (kcal) pro Bewegungseinheit | Energieverbrauch des Körpers bei Aktivität |
Blutsauerstoff | sO₂ | Sauerstoffsättigung des arteriellen Bluts | Atemfunktion und Versorgung der Körperzellen |
Wie genau sind Werte auf der Smartwatch?
Die angezeigten Daten sind Mess- oder Schätzwerte. Sie können eine Orientierung bieten und bestimmte Trends anzeigen. Eine ärztliche oder sportmedizinische Untersuchung ersetzen sie jedoch nicht. Wie genau die Werte sind, hängt sowohl vom jeweiligen Modell als auch vom einzelnen Messwert ab:
Studien zufolge ermitteln die gängigen Smartwatches die Herzfrequenz recht genau, sowohl in Ruhe als auch in Aktivität. Dazu nutzen sie Lichtimpulse und Infrarot-Sensoren an der Unterseite, welche die vorbeiströmende Blutmenge am Handgelenk messen. Lediglich bei anspruchsvollen Aktivitäten liefert ein Brustgurt präzisere Werte.
Einige Geräte können ein 1-Kanal-EKG mit Herzstromkurve aufzeichnen, indem Sie sie am Handgelenk tragen und einen Finger der anderen Hand für 30 Sekunden auf einen vorgesehenen Sensor legen. Damit kann die Smartwatch zum Beispiel ein mögliches Vorhofflimmern erkennen. Die Messung ist störanfällig und weniger differenziert als ein ärztlich durchgeführtes EKG, richtig durchgeführt kann sie aber recht zuverlässig Herzrhythmusstörungen anzeigen.
Als wenig verlässlich gilt der Blutsauerstoff-Wert per Infrarot-Technik. Der Wert leitet sich daraus ab, dass sauerstoffarmes und sauerstoffreiches Blut unterschiedlich viel Licht absorbiert. Faktoren wie Haare, Hautfarbe, Blutdruck und Tätowierungen können die Messung jedoch leicht verfälschen. Auch die Blutdruckmessung per Smartwatch steckt noch in den Kinderschuhen. Für annähernd zuverlässige Werte müssen Sie die Fitnessuhr monatlich mit einem Blutdruck-Messgerät kalibrieren.
Der Kalorienverbrauch in Ruhe und Bewegung ist ein Schätzwert, den die Smartwatch anhand von Größe, Gewicht, Geschlecht und Aktivitätsdaten ermittelt. Hier gibt es jedoch viele Fehlerquellen und in Studien weichen die angezeigten Werte zum Teil weit vom realen Kalorienverbrauch ab. Zu Ihrem individuellen Energiebedarf befragen Sie besser eine Fachperson aus dem Bereich Sportmedizin oder Ernährungsberatung.
Die zurückgelegten Schritte schätzen Fitnessuhren überwiegend anhand von Beschleunigungssensoren. Ganz genau sind die Werte jedoch nicht. Zwischen den verschiedenen Modellen gibt es teilweise erhebliche Schwankungen. Da die genaue Anzahl der täglichen Schritte aber keine medizinische Kennzahl ist, können Sie den Wert einfach als Anhaltspunkt und Motivation für mehr Alltagsbewegung wahrnehmen.
Viele Fitness-Tracker bieten eine Schlafanalyse an: Anhand von Herzfrequenz und Bewegungsdaten schätzt das Gerät am Handgelenk nicht nur ab, ob Sie schlafen, sondern ordnet die Daten auch in einzelne Schlafphasen wie Leicht- und Tiefschlaf ein. Dabei kommen die einzelnen Geräte jedoch teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Bei anhaltenden Schlafstörungen oder Verdacht auf Schlafapnoe ersetzt eine Smartwatch keine professionelle schlafmedizinische Untersuchung.
Wie sinnvoll ist eine Fitness-Uhr?
Aus gesundheitlicher Sicht bieten Smartwatches und Fitnessuhren einige sinnvolle Funktionen. Sie geben zum Beispiel regelmäßige Bewegungsimpulse, können an Medikamenteneinnahmen erinnern, auf Atemaussetzer im Schlaf hinweisen oder beim Sport den Trainingsfortschritt erfassen. Ein allzeit aktiver Schrittzähler motiviert viele Menschen dazu, öfter die Treppe zu nehmen oder kürzere Strecken zu Fuß zurückzulegen. Auch in Studien zeigt sich, dass Fitness-Tracker dabei helfen können, körperlich aktiver und gesünder zu leben.
Wer zu Herzrasen und Herzstolpern (Palpitationen) neigt, hat jederzeit ein kleines Gerät am Handgelenk, das Herzrhythmusstörungen erkennen oder Entwarnung geben kann. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie bewertet Wearables als potenziell sinnvoll, um eine diagnostische Lücke in der Früherkennung von Herzrhythmusstörungen zu schließen. Die Diagnose stellt aber letztlich immer die Ärztin oder der Arzt mithilfe eines Langzeit-EKGs und weiterführenden Untersuchungen.
Keine Herzinfarkt-Erkennung
Bei Herzerkrankungen haben Smartwatches und Fitness-Tracker ihre Grenzen: Sie sind nicht in der Lage, Durchblutungsstörungen des Herzens oder einen Herzinfarkt zu erkennen. Bei Symptomen wie Atemnot, Schmerzen und Engegefühl in der Brust wählen Sie sofort die Notrufnummer 112.
Akute oder chronische Erkrankungen können Fitness-Tracker und Smartwatches nicht erkennen. Im Zweifel sowie bei konkreten Symptomen und Schmerzen sollten Sie immer ärztlichen Rat einholen.
ADAC Notfallpass: Hilfe im Ernstfall
Generelle Informationen zu Ihrem Gesundheitszustand helfen den Rettungskräften bei einem Notfall. Im ADAC Notfallpass können alle relevanten Notfalldaten hinterlegt und zentral in der Wallet-App des Smartphones oder der Smartwatch gespeichert werden:
Vorerkrankungen
Medikamenten-Allergien
Medikationen
Blutgruppe
Kontaktpersonen (Angehörige, Notfallkontakte, Haus- und Fachärzte)
Informationen zu einer Schwangerschaft
Informationen zu Implantaten (z. B. Herzschrittmacher)
Informationen zu Organspendeausweis, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht
Im ADAC Notfallpass liegen diese Daten sicher verschlüsselt, damit sie bei einem Verlust von Smartphone oder Smartwatch nicht in falsche Hände gelangen. Der Notfallpass kann in die Rettungskette integriert werden. Im Notfall kann er von den Rettungskräften gescannt und ausgelesen werden. Im Zuge einer Weiterbehandlung im Krankenhaus können die Daten der entsprechenden Klinik zur Verfügung gestellt werden.
Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.
Deutsche Herzstiftung: Nutzt eine Smartwatch Herzpatienten wirklich?, unter: https://herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/leben-mit-der-krankheit/smartwatch-fuer-herzpatienten (Abruf: 04.06.2024)
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