Dauerthema Parken: Kommunen müssen mehr Verantwortung übernehmen!

Wer autofreie Innenstädte haben will, muss zunächst mit dem Parken anfangen. Denn immer noch entsteht durch die Suche nach einem Parkplatz viel zu viel Verkehr. Lösungsansätze und gute Ideen gibt es zahlreich – doch Kommunen brauchen endlich ein stimmiges Gesamtkonzept.
Kaum mit dem Auto am Ziel angekommen, geht der Stress erst richtig los: Die Suche nach einem freien Parkplatz kostet gerade in Großstädten oft Nerven und Zeit. Der Parksuchverkehr macht allein 30 bis 40 Prozent des innenstädtischen Gesamtverkehrs aus. Dabei braucht ein Autofahrer durchschnittlich zehn Minuten für die Parkplatzsuche und legt dabei 4,5 Kilometer zurück – eine vermeidbare Belastung für Mensch und Umwelt.
Denn für rund 65 Mio. Fahrzeuge (Pkw, Lkw, Anhänger) gibt es in Deutschland 160 Millionen Stellplätze. Davon befinden sich etwa 70 Prozent am Straßenrand und 76 Prozent der Autos, die über Nacht abgestellt werden, parken auf Privatflächen. Schätzungen zufolge ist selbst in Spitzenzeiten der Parkraum durchschnittlich nur zu 70 Prozent ausgelastet. Der vorhandene Parkraum muss also dringend effizienter genutzt werden.
Quartiersgaragen als zentraler Baustein für Mobilität in der Stadt
Besonders in hochverdichteten Wohnquartieren sollten parkende Autos aus dem öffentlichen Straßenraum in sogenannte Quartiersgaragen verlagert werden. Sie bieten die Chance, den ruhenden Verkehr – bei gleichzeitig geringem Flächenverbrauch – effizienter abzuwickeln. Allein in Düsseldorf gibt es beispielsweise über 60 Quartiersgaragen. Die elegante Lösung dabei ist, die Autos unterirdisch zu parken, während andere Mobilitätsangebote wie Bike- und Car-Sharing gut sichtbar auf oder in der Quartiersgarage platziert sind.

So werden Quartiersgaragen zum wichtigen Bestandteil von sogenannten Mobilitätsstationen. Sie verknüpfen die verschiedenen Verkehrsmittel durch eine gute Anbindung an ÖPNV und Fahrradinfrastruktur sowie Bike- und Car-Sharing. Insbesondere das stationsbasierte Car-Sharing ist für einen nachhaltigen Stadtverkehrs sinnvoll: Mehr Menschen können so auf den eigenen Pkw verzichten, was wiederum die Parkraumsituation entlastet. Das „Free-Floating“ Car-Sharing hingegen erhöht sogar den innerstädtischen Parkdruck, da die Fahrzeuge nicht an einem bestimmten Punkt geparkt werden müssen.
Kosten für Anwohnerparken nicht willkürlich festsetzen!
Die wertvollste Ressource urbaner Räume ist der Platz. Für Parkplätze in der Stadt gibt es jedoch unterschiedliche Preise. Stellplätze oder Garagen werden oft parallel zur Wohnung monatlich für 50 Euro und teils auch deutlich mehr vermietet. Wer keinen Stellplatz zur Verfügung hat, ist auf das sogenannte „Laternenparken“ auf der Straße angewiesen. Sinnvoll sind Modellprojekte, wie z.B. ParkPilot in Köln, die die Parkplatzsuche optimieren sollen. Das Projekt SFpark aus San Francisco (siehe Box) hat gezeigt, dass bis zu 50 Prozent des Parksuchverkehrs vermeidbar sind.
SF Park - verfügbare Parkplätze in Echtzeit
Die Idee des Parkleitsystems SFpark ist so einfach wie genial: Sensoren sammeln Informationen über freie Parkplätze im Stadtgebiet und übermitteln diese an die Nutzer. Das Motto: „Weniger suchen, mehr leben”.
Und so funktioniert es: Drahtlose Sensoren ermitteln die Stellplatz-Kapazitäten im Testgebiet und übermitteln diese in Echtzeit an den SFpark-Server. In Parkhäusern geschieht dies beim Ein- und Ausfahren, bei Stellplätzen im Straßenraum durch insgesamt 8.200 in die Fahrbahn eingebettete Sensoren. Die Summe der ermittelten Daten bildet ab, wo momentan Parkplätze verfügbar bzw. schwer zu finden sind.
Die Preise der Parkautomaten und Parkhäuser werden dabei regelmäßig nach oben oder unten korrigiert: Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis und umgekehrt.
Bisher nutzen Kommunen häufig Anwohner-Parkausweise, um Anwohnern die Parkplatzsuche zu erleichtern und Fremdparker fernzuhalten. Hierfür werden Gebühren zwischen 10,20 Euro und 30,70 Euro pro Jahr verlangt. Das sind maximal 2,56 Euro pro Monat. Hier spiegelt der Preis nicht die Knappheit der Ressource „öffentlicher Raum“ wider! Im Mai hat der Bundestag daher einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Länder und Kommunen ermächtigt, in Vierteln mit Parkplatzmangel den Preis für Anwohner-Parkausweise eigenständig festzusetzen.
Die Idee ist im Grundsatz richtig. Auf eine Obergrenze sollte jedoch nicht verzichtet werden, denn Mobilität muss bezahlbar bleiben! Die Gebührenanpassung darf immer nur bedarfsweise und abhängig vom Parkdruck erfolgen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Preise willkürlich festgelegt werden oder zusätzlichen Einnahmen für die kommunalen Kassen generiert werden.
Park-Apps mit smarten Ansätzen
Ein weiterer Hoffnungsträger bei der Parkplatzsuche sind neue Technologien wie das Handyparken über Apps, die abhängig von Auslastung, Zeit und Raum der Parkfläche einen gerechten Preis finden. Außerdem versuchen verschiedene Unternehmen die in den Städten schlummernden Parkplatzpotenziale zu wecken.
So unter anderem mit dem Sharing-Prinzip, das auch bei Stellplätzen angewendet werden kann. Ziel der Parkplatz-Sharing-Betreiber ist es, das Angebot auch auf die Stellflächen auszuweiten, die normalerweise für die Öffentlichkeit gesperrt sind – etwa durch Tore oder Schranken versperrte Mitarbeiter- und Kundenparkplätze von Firmen oder Hotels. Ein Beispiel ist die App Ampido.
Steckbrief Prof. Dr. Roman Suthold
Prof. Dr. Roman Suthold (48) ist seit 2004 beim ADAC und seit 2006 Leiter des Fachbereichs „Verkehr und Umwelt“ beim ADAC Nordrhein. Der gebürtige Kölner lehrt zudem als Honorarprofessor an der Hochschule Fresenius (Köln) zum Thema „Mobilitätsmanagement“ und ist als Lehrbeauftragter an der Hochschule Bochum („Verkehrssysteme und -konzepte“) tätig. Seine Spezialgebiete sind Mobilität in Ballungsräumen, kommunale Verkehrsplanung und Digitalisierung im Mobilitätsbereich.
Aber auch das Parken in Parkhäusern soll in Zukunft durch Apps einfacher, schneller und bequemer werden. Parkhaussuche per App, kontakt- und ticketlose Ein- und Ausfahrt im Parkhaus und automatische Abrechnung am Monatsende ist nicht neu. Mehrere Automobilhersteller, Parkhausbetreiber und Start-ups arbeiten an Lösungen, die mehr bieten sollen als nur kontaktloses Bezahlen. Ein Pionier in diesem Bereich ist das Start-up Evopark.
Die Nachbarn zeigen, wie es gehen kann
Kommunen dürfen sich beim Thema Parken nicht nur um Gebühren kümmern. Vielmehr brauchen sie ein Gesamtkonzept mit einem schlüssigen Parkraum-Management. Und: Sie müssen Anwohnern Alternativen aufzeigen! Außerdem braucht es Push- und Pull-Maßnahmen – zum Beispiel kostenpflichtige Parkscheine, die aber gleichzeitig als Fahrkarte im ÖPNV genutzt werden können. Ansonsten wird sich das Mobilitätsverhalten nicht ändern.
Die Niederländer machen mit der sogenannten ABC-Planung vor, wie es funktionieren kann: In Utrecht hat man die Stadt in verschiedene Zonen eingeteilt. Je zentraler man mit dem Auto parken will, desto teurer wird es. Gleichzeitig werden dem Verkehrsteilnehmer im Umland zahlreiche Umsteigemöglichkeiten auf andere Verkehrsmittel angeboten, um die Multimodalität zu fördern. Zuverlässige und auf Echtzeitdaten beruhende Fahrgastinformationen erhöhen den Anreiz, multimodale Angebote zu nutzen. Eine intelligente Vernetzung der einzelnen Verkehrsträger ist der Schlüssel zum Erfolg.
Forderungen des ADAC Nordrhein
Eine Radikalisierung der Forderungen (z.B. „Autofreie Städte“), wie sie derzeit von einigen Aktivisten zu hören ist, greift zu kurz und ist nicht nachhaltig. Wenn die Anwohner nicht gehört werden, wird es immer wieder vorkommen, dass Bezirksvertretungen zunächst Parkplätze entfernen, um sie nach großem Protest der Anwohner wiederherzustellen – schließlich will man auch wiedergewählt werden.
Das würde Kommunen bei der Optimierung des Parkproblems helfen:
Zeitnahe Evaluation der Modellprojekte zum „Laternenparken“
Anwendung vielversprechender digitaler Geschäftsmodelle zum Parken auf abgesperrten Parkplätzen
Transparenz bei der Umsetzung
Gerechtere Preise durch Anwendung neuer Technologien und Einführung einer Kostenobergrenze