Umfrage: Mehrheit der Bevölkerung gegen Tempo 30 innerorts

Ein Tempolimit 30 Schild steht am Straßenrand
Tempo 30 möchte die Mehrheit der Bevölkerung weiter als Ausnahme, nicht als Regelgeschwindigkeit innerorts© iStock.com/Teka77

50 Stundenkilometer sollen innerorts die Regel, Tempo 30 die Ausnahme bleiben – das wünscht sich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung.

  • Zwei Drittel sind für die Beibehaltung von 50 km/h

  • Mehrheit akzeptiert ein niedrigeres Tempolimit vor Schulen

  • Auch die meisten Radfahrer wollen bei 50 km/h innerorts bleiben

Welches Tempolimit soll in deutschen Städten die Regel sein: 50 km/h wie zurzeit oder 30 km/h? Darüber wird seit Jahren diskutiert. Eine repräsentative bundesweite Umfrage des ADAC zum Verkehrswandel unter 2000 Personen ab 17 Jahren aus dem Herbst 2022 zeigt: Die Mehrheit der Bevölkerung möchte die bisherige Regelung zum Tempolimit innerorts beibehalten.

Keine Mehrheit für Tempo 30 als Regel

Die Meinungsforscher wollten wissen, welche Regelung zum generellen Tempolimit innerhalb von geschlossenen Ortschaften bevorzugt wird. Zwei Drittel aller Befragten möchten beim Tempolimit von 50 km/h innerorts bleiben. In Ausnahmefällen, zum Beispiel in Wohngebieten, vor Schulen oder Altenheimen, solle ein niedrigeres Tempolimit möglich sein. Weniger als ein Drittel bevorzugte 30 km/h als generelles innerörtliches Tempolimit. Auf Hauptverkehrsstraßen zum Beispiel würden sie ein höheres Tempolimit akzeptieren. Fünf Prozent waren unentschieden oder machten keine Angabe.

Je nachdem, welches Verkehrsmittel die Befragten hauptsächlich benutzten, fielen die Antworten jedoch unterschiedlich aus. Für Tempo 50 als Regel sprachen sich 77 Prozent der Autofahrenden, aber nur 56 Prozent der Radfahrerinnen und -fahrer aus. Für Tempo 30 plädierten 41 Prozent der Radfahrenden, aber nur 19 Prozent der Autofahrerinnen und -fahrer.

Die Einstellung der ADAC Mitglieder

Von den 2000 Befragten waren 714 ADAC Mitglieder ab 18 Jahren. Unter diesen ist die Zustimmung zur bisherigen Tempo-50-Regelung mit 73 Prozent größer als in der Allgemeinbevölkerung. In den zwei Untergruppen der Mitglieder, die hauptsächlich Pkw und öffentliche Verkehrsmittel nutzen, war die Zustimmung zu Tempo 50 als Regel innerorts mit jeweils 76 Prozent noch höher. Die stärkste Zustimmung für Tempo 30 als Regel innerorts gab es mit 36 Prozent bei den radfahrenden ADAC Mitgliedern.

So hat sich die Einstellung der ADAC Mitglieder verändert

Zum selben Thema hatte der ADAC auch im Januar 2021 online 1005 seiner Mitglieder ab 18 Jahren befragt. Damals sprachen sich sogar 80 Prozent der Befragten dafür aus, dass in geschlossenen Ortschaften generell Tempo 50 das Limit sein soll. 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen wünschten sie sich nur als Ausnahme, zum Beispiel vor Schulen oder Altenheimen.

Geltende Regeln haben sich bewährt

Das Meinungsbild der ADAC Mitglieder zu diesem Thema hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Auch 2018, als die Mitglieder schon einmal dazu befragt wurden, war die große Mehrheit gegen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit.

Dazu erklärt ADAC Verkehrsexperte Ronald Winkler: "Für die Akzeptanz von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen ist es wichtig, dass das Tempolimit nachvollziehbar ist. Das Aufstellen eines Verkehrsschildes reicht nicht aus – entscheidend ist, dass die Autofahrer verstehen, warum sie langsamer fahren sollen." Tempo 30 im unmittelbaren Umfeld einer Schule sei nachvollziehbar, nicht aber, wenn diese Regelung auch nachts oder in den Ferien gelte.

Außerdem geht Winkler davon aus, dass die Akzeptanz von Tempo 30 auf Straßen mit breiten oder gar mehrspurigen Fahrbahnen eher gering ist, vor allem wenn diese mit separaten Radwegen ausgestattet sind. Hier müsste der Straßenraum mit größerem Aufwand umgestaltet werden, damit Autofahrende ihre Geschwindigkeit reduzieren.

Tempo 30 führt zu Ausweichverkehr

Vor allem in Großstädten sind heute schon weite Teile des Straßennetzes auf 30 km/h limitiert, in München etwa mehr als 80 Prozent. Ein generelles oder weitgehendes Tempolimit von 30 km/h auf Hauptverkehrsstraßen hätte nach Ansicht von ADAC Verkehrsexperte Ronald Winkler einen nicht gewollten Effekt: "Schleichwege durch Wohngebiete werden dadurch auch außerhalb der Rushhour attraktiv, weil sie kürzere Reisezeiten versprechen."

Eine ADAC Untersuchung habe ergeben, dass die Fahrleistung auf Hauptverkehrsstraßen bei Tempo 30 sinke – zu Lasten der Nebenstraßen, in denen sie in den Modellrechnungen zunimmt. Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen, so Winkler, würde auch das zügige Vorankommen von Linienbussen beeinträchtigen.

Natürlich ist der Anhalteweg bei Tempo 30 kürzer als bei 50 km/h. Bei einem Unfall ist das Risiko, dass etwas passiert, damit geringer. Die Verkehrssicherheit ließe sich laut Winkler mit Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen allerdings nicht signifikant verbessern: "Einer der Gründe ist, dass die Unfallschwerpunkte innerorts meistens an Kreuzungen liegen, wo die Geschwindigkeit beim Abbiegen eher niedrig ist und für den Unfallhergang nur eine nachgeordnete Rolle spielt. Mehr Verkehrssicherheit lässt sich dort vor allem über bessere Sichtverhältnisse und konfliktarme Ampelphasen erzielen", erklärt er.

ADAC für Tempo 50 als Regel

Tempo 50 trägt laut Winkler dazu bei, dass die Bündelungsfunktion von Hauptverkehrsstraßen erhalten bleibt. Tempo 30 sollte dort aus Akzeptanzgründen nur dann angeordnet werden, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Die Tempo-30-Regelung sollte nachvollziehbar sowie räumlich und zeitlich an die Gefahrenlage gekoppelt sein, um die Aufmerksamkeit des Autofahrenden auf die wirklich sensiblen Bereiche zu fokussieren.

Hier finden Sie die vollständige Position des ADAC:

Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit (ADAC Standpunkt)
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Broschüre Verkehrsberuhigung

Wie Verkehrsberuhigung in Städten und Gemeinden gelingen kann, erfahren Interessierte in dieser Broschüre des ADAC Ressorts Verkehr:

Broschüre Verkehrsberuhigung in Städten und Gemeinden
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